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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Recluce erkannt hatte.
    Außer hoffen konnte ich nicht viel tun, nur weiterhin als Schreiner arbeiten und lernen … und mich bemühen zu denken, ehe ich handelte. Und bei allem aufpassen, dass mich meine Langeweile nicht zu voreiligen Schritten verleitete.
    Die Wolken über mir blieben grau, aber ein leiser Windhauch berührte meine Wange.

 
XLV
     
    P ERLOTS K UNSTHANDWERK stand auf dem kunstvoll geschnitzten Schild. Die Buchstaben der alten Tempelschrift waren schwarz lackiert, die Tafel jedoch mit hellem Firnis überzogen, so dass man die Roteiche darunter sah.
    Der Morgennebel perlte auf meinem Umhang, als ich Gairloch am Pfosten vor dem Geschäft festband.
    Der Winter hatte sich länger als sonst hingezogen, und als das Frühjahr gekommen war, hatten sich Regen und Kälte vermischt wie in dem Regenguss, der den Stall unter Wasser setzte, weil ich es versäumt hatte, den Wasserabfluß vor Gairlochs Box sauberzumachen. Schlamm, Heu und Eisklumpen wegzuputzen, während der Regen auf Nacken und Rücken prasselt – da war Freude aufgekommen, und das Bad in der Wanne hinterher hatte diesen Spaß nur schwer übertreffen können …
    »Du magst wohl kalte Duschen …«, hatte Bostric mit unbewegtem Gesicht und in seinem typischen oh-so-respektvollen Ton bemerkt.
    »Das nächste Mal kannst du gleich mitmachen«, hatte ich erwidert, doch diese Bemerkung hatte die Neckerei nur so lange unterbrochen, bis ich in trockener Kleidung zurück zur Arbeit kam.
    In Gedanken noch bei Bostrics Hänseleien und glücklich darüber, dass der Frühling endlich gekommen war, betrachtete ich die Stühle im Fenster, besonders den Wohnzimmerstuhl rechts. Noch nie hatte ich ein solches Modell gesehen, nicht einmal in Onkel Sardits Skizzenbüchern. Die Beine waren nur schwach geschwungen, dennoch wirkte der Stuhl zierlicher, als er tatsächlich war.
    »He, du!« rief eine raue Stimme.
    Ich blickte auf: ein dünner Mann, nicht viel älter als ich; auf der Stirn klebte ihm Sägemehl. Er trug unter dem Lederschurz ein schäbiges graues Hemd. Misstrauisch musterte er mich.
    Ich erwiderte den Blick. »Ja?«
    »Bist du …?«
    »Bitte ihn herein, Grizzard!« rief eine heisere Stimme aus der Werkstatt.
    Grizzard war verblüfft. Ich trat an ihm vorbei in den Raum. Gleich hinter der Tür standen drei elegante Stühle im Stil Hamors; nur die Beine wirkten eine Spur zu schwer. Zwischen ihnen sah ich einen niedrigen Tisch. Nie hatte ich begriffen, wozu diese Tische dienten, es sei denn, um Ramsch abzustellen.
    Sämtliche Stücke waren gut, aber offenbar hochklassiger Ausschuss, zu teuer für einen Kaufmann, nicht kostbar genug für den Adel. Wahrscheinlich Grizzards und nicht Perlots Arbeiten. Perlot hätte ein schlechtes Werkstück niemals so zur Schau gestellt.
    Im Kamin in der Ecke glimmten Kohlen. Die Wärme spürte ich an der Tür. Perlot verließ die Werkbank und kam mir entgegen.
    Ich nickte.
    »So trifft man sich wieder, Lerris, oder sollte ich sagen: Schreinermeister Lerris?«
    Ich verbeugte mich vor dem Meister. Mir war es ernst damit. Seine Arbeiten waren gut, vielleicht technisch nicht so vollendet wie die Onkel Sardits, dafür aber mit mehr Inspiration. »Ich habe den Stuhl im Fenster bewundert. Das ist wohl der schönste, den ich je gesehen habe.«
    Perlots schmales, faltiges Gesicht verzog sich nachdenklich. Dann wischte er sich die Hände am Schurz ab. »Das meinst du ehrlich, nicht wahr?«
    Wieder nickte ich.
    »Grizzard, steh nicht herum wie ein Schwachkopf. Du bist immer noch nicht mit der Truhe fertig.«
    »Jawohl, Meister.« Grizzard machte sich eilends an die Arbeit.
    »Möchtest du dich setzen?«
    »Nur einen Augenblick, Meister.« Ich setzte mich, Perlot nahm gegenüber Platz.
    »Ich möchte einige Punkte klären, junger Mann …«
    »Es gibt nichts zu klären, Meister. Ihr kanntet mich nicht und hattet meine Arbeiten noch nie gesehen. Ich hätte ein Gauner aus Freistadt oder Spidlar sein können …«
    Perlot winkte ab.
    »Bist du nicht. Ich habe deine Arbeiten gesehen. Sie sind besser als die eines jeden Gesellen hier in Fenard. Einige Stücke sind wirklich meisterhaft – wie der Stuhl für Wessel.«
    Ich hob die Brauen.
    Perlot lächelte. »Er bat mich um meine Meinung. Ich erklärte, er habe Destrin den Stuhl geradezu gestohlen, und dass es das beste Stück im ganzen Haus sei, eingeschlossen das Esszimmer, das ich letztes Jahr für ihn gemacht habe.«
    »Ihr schmeichelt uns.«
    »Nein. Ich schmeichle nicht. Aber es ist

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