Magische Insel
Bescheidenheit.«
»Bescheidenheit?«
Krystal überging meinen Einwand. »Bleibst du hier?«
»Nein, nicht lang, wenn ich helfen soll, ehe es zu spät ist. Ich muss rückgängig machen, was ich vielleicht angerichtet habe.« In diesem Augenblick wollte ich bleiben, um ihr melodisches Lachen zu hören, sie zu sehen. Doch die Ordnung in mir wehrte sich dagegen, sie oder mich zu belügen. »Noch bin ich nicht der Ordnungs-Meister, wie du mich genannt hast. Vielleicht werde ich es nie sein. Ich habe meine Aufgabe noch nicht zu Ende geführt.«
Krystal schüttelte den Kopf. In ihrem schwarzen Haar tauchten Silberfäden auf. Sie hatte es auch nicht mehr mit silbernen oder goldenen Schnüren zurückgebunden. Es war kurz geschnitten, kaum länger als meins. »Ich möchte, dass du zum Abendessen bleibst.«
Das war keine Bitte, sondern ein klarer Befehl.
Ich überlegte. Noch heute wegzureiten würde nichts ändern. Antonin wusste nicht, wer oder wo ich war – noch nicht! In Kürze würde sich das ändern. Aber irgendwo musste ich schlafen. Eine Nacht im Schutz der Wachen des Autarchen war mit Sicherheit besser, als in irgendeinem Gebüsch zu nächtigen.
»Lass uns einen Augenblick auf der Veranda sitzen. Ich muss bald zu einer Besprechung mit dem Autarchen. Danach können wir uns richtig unterhalten.« Wir setzten uns auf den Balkon, wo ein kleiner Tisch und mehrere Stühle standen. »Ich würde dir etwas anbieten, doch muss ich gehen, ehe es kommt. Ich will lieber hören, wie es dir ergangen ist und warum du mit dem Autarchen sprechen willst.«
»Ich bin hier, um dich zu warnen. Der Präfekt hat sich mit Antonin verbündet. Ich habe den Fehler begangen, einen seiner Verbündeten zu töten, den Weißen Magier.«
»Antonin?« fragte Krystal erstaunt.
»Der mächtigste aller Chaos-Magier. Er hat Tamra irgendetwas angetan und scheint den Meistern von Recluce trotzen zu können – zumindest jetzt.«
»Hast du Tamra gesehen?«
Wieder drehte sich mir der Magen um. »Ihr Gesicht habe ich nicht gesehen, aber Spuren von ihr. Ich bin sicher, sie ist mit Antonin verbündet. Meiner Meinung nach jedoch gegen ihren Willen.«
»Gegen ihren Willen? Das kann ich nicht glauben. Bist du sicher?«
Was konnte ich sagen? Beklemmendes Schweigen breitete sich aus. Schließlich fuhr ich fort.
»Chaos ist … anders. Selbst für die besten Ziele darf man Chaos nicht einsetzen, weil man immer riskiert, davon eingefangen zu werden. Das habe ich gehört, und es stimmt, wie ich selbst herausfand. Ich hatte das Glück, einen freundlichen Magier zu treffen, ehe ich zu großen Ärger bekam.« Ich zwang mich zu lachen. »Aber da haben bereits die Soldaten zweier Fürstentümer Jagd auf meinen Kopf gemacht.«
»Wie bist du aus Freistadt entkommen?«
»Ich habe ein Pferd gekauft und bin weggeritten!«
Krystal lachte. »So leicht war es nicht. Ich kenne dich doch.«
»Stimmt. Wie war’s bei dir? Ich habe gehört, die Herberge, in der wir abgestiegen waren, ist abgebrannt.«
»Ich habe behauptet, aus dem Norden zu stammen, und habe mich beim alten Herzog als Söldnerin verdingt. Dann habe ich gewartet, bis der neue Herzog an die Macht kam, und habe mir einen Vertrag besorgt, mit dem ich mit den ersten Kaufleuten wieder nach Recluce fuhr. Als der Herzog Jellico erreichte, hatten wir genügend Geld, um Gäule für den Ritt über die südlichen Pässe nach Kyphrien zu kaufen. Ich habe dann mit einem Waffenmeister gearbeitet, der Leibwächter für Kaufleute ausbildete, und habe dabei selbst viel gelernt. Der Mann schlug mir vor, in die Dienste des Autarchen zu treten, da sie gern Frauen in ihrer Truppe hatte. Kasee mochte mich. Zuerst arbeitete ich als Straßenpatrouille im Westen. Es gab viele Tote, als Deserteure des Herzogs von Freistadt sich dort Land aneignen wollten.«
Ich blickte sie forschend an. »Über dich habe ich im vergangenen halben Jahr viel gehört. Du hast die Schleusen geöffnet und den Nachschub vernichtet.«
Krystal errötete. Ich wollte mich nach Wrynn erkundigen, ließ es jedoch.
»Was ist mit diesem Antonin?« fragte sie mich.
»Er hat die Soldaten des Präfekten in Irre verwandelt, vom Chaos verseucht. Deshalb ergeben sie sich nie, sondern kämpfen bis zum Tod.«
»So etwas haben wir geahnt. In Candar gibt es keine Ordnungs-Meister. Und jetzt kann ich nicht länger bleiben. Macht es dir etwas aus, hier auf mich zu warten? Du kannst dich waschen, und dort drüben steht Obst.«
Und wieder war es keine Bitte, eher ein
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