Magische Insel
der besten Männer des Herzogs, blitzschnell getötet.
Kein Wunder, dass die Soldaten so rasch die Pier verlassen wollten.
Ich schaute zur Eidolon. Nur ein einfacher Matrose stand Wache. Er grinste mich an. Doch als der Kapitän auftauchte, wurde seine Miene ausdruckslos.
Isolde blickte zum Kapitän hinauf.
»Glückwunsch, Magistra. Tadellose Leistung.«
Isolde nickte. Er nickte zurück und ging wieder zur Brücke.
»So, gehen wir.« Isolde wirkte völlig ruhig, als sie losmarschierte. Verblüfft folgten wir ihr.
Als wir die Straße am Ende der Pier erreichten, waren Offizier, Wagen und Soldaten in dem Nebelschleier verschwunden, der die Häuser Freistadts einhüllte.
Auf den drei langen Piers gab es viele Poller, doch außer der Eidolon hatte nur noch ein kleines Fischerboot festgemacht. Ansonsten wirkte Freistadt verlassen. Keine Handelsschiffe, nirgends Ladung.
Ich holte Isolde ein. Sie ging schnell und würdigte mich keines Blickes. »Wird Euer Erfolg dem Herzog eine Lektion erteilen, oder geht dieses … Embargo … oder was es sonst ist … weiter?«
»Wer weiß.« Zum ersten Mal klang sie müde.
»Ihr habt das nicht tun wollen, oder?«
»Lerris …« Die Verärgerung in ihrer Stimme war besser als jede Erklärung.
»Oh …«
»Stimmt. Jetzt müssen wir die Herberge erreichen, ehe der Herzog noch weitere seltsame Einfälle hat. Bei der nächsten Straße – falls man den Weg so nennen will – biegen wir rechts ab.«
Im dichten Nebel sahen die Häuser beinahe gespenstisch aus. Ab und zu durchdrang eine Öllampe den grauen Schleier. Wir trafen nur wenige Menschen. Alle huschten eilends weiter.
Tamra ging jetzt neben mir. Wir hatten das Hafengebiet verlassen. Unsere Schritte hallten laut. Niemand sagte etwas. Schweigend marschierten wir dahin.
XVIII
D er Nebel wurde dünner, nachdem wir ziemlich lange eine Straße bergauf gegangen waren. Auf einer Kreuzung blieb ich stehen und erspähte die Mastspitzen der Eidolon.
»Hoppla!« Sammel war mit gesenktem Kopf gegen meine Schulter gelaufen.
»Meine Schuld!« Ich ging schneller, um Tamra und Isolde einzuholen.
Die Wolken über uns waren dunkelgrau. Eine kühle und feuchte Brise streifte meine Wangen. Immer noch hing ein leichter Nebelschleier über den Häusern, an denen wir vorbeigingen. Viele waren verlassen oder zumindest dunkel. Nur aus wenigen Fenstern drang der goldene Schein der Lampen. Der beißende Geruch von Holzrauch vermischte sich mit dem feuchten Nebel.
»Die reinste Geisterstadt«, murmelte Myrten hinter mir.
»Und wir sind die Geister«, erklärte Isolde, doch so leise, dass ich bezweifelte, ob Myrten sie gehört hatte.
Meiner Meinung nach waren wir allein auf den Straßen, weil wir Fremde waren, während die Bewohner von Freistadt sich um die Lampen und Feuer scharten, die Schutz gegen die Kälte des ungewöhnlich frühen Herbstes boten.
»Wir sind da«, erklärte Isolde.
Das verwitterte graue Holzhaus wirkte im Nebelschleier düster. Doch aus jedem Fenster im Erdgeschoß drang heller Lichtschein. Die blauen Fensterläden waren zurückgeschlagen, um das Licht hinauszulassen. Es war wie ein Erklärung, dass das Haus sich nicht in die Macht des Chaos hineinziehen ließe.
Wanderers Ruh verkündete das Schild, das über den Doppeltüren hing. Die Messinggriffe der Tür glänzten im Schein der beiden Öllampen, die beiderseits an der Wand hingen, als wollten sie der Dunkelheit verwehren, in das Haus einzudringen.
Ich holte tief Luft. Als ich Isolde in den Eingang folgte, spürte ich, wie sich die Anspannung in meinem Innern ein wenig löste.
Mit leichter Hand öffnete sie die nächste Tür, die ebenfalls aus Roteiche gefertigt, aber viel dünner als die Außentür war.
Gleich darauf standen wir alle in einer Halle mit poliertem Holzboden. Auf der einen Seite war eine Theke, auf der anderen befand sich eine Art Wohnzimmer. Die Theke war wie die Türen aus Roteiche gefertigt. Abgesehen von den geschwungenen Kuppen an den Ecken war sie schmucklos. Der goldene Schein der Wandlampen spiegelte sich in der lackierten Oberfläche. Direkt vor uns führte eine Treppe nach oben. Ein brauner Läufer bedeckte beinahe alle Stufen.
Nach links gab ein Türbogen den Blick auf Tische frei, die mit rotkarierten Tüchern bedeckt waren. An jedem Tisch standen Stühle.
Hinter der Theke wartete eine grauhaarige Frau, die fröhlich lächelte. Sie schwieg. Isolde musterte uns scharf.
»Jeder bekommt ein Einzelzimmer. Das ist bezahlt.
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