Magisches Erbe
keine Zeit gehabt, die Situation nach all den anderen Aufregungen nachzuarbeiten. Also setzte ich mich mit einem Zauberbuch an den Schreibtisch und aß den Rest der inzwischen weich gewordenen Kokoscremetorte, wobei ich vorsorglich zuerst den Teil abschnitt, von dem der Drache gegessen hatte. Ich wusste nicht, ob Callistanas ansteckende Krankheiten übertrugen, aber ich ging lieber kein Risiko ein.
Eine Stunde später kehrte Jill mit einem rechteckigen Glasaquarium zurück, das aussah wie diejenigen, in denen man Fische oder Rennmäuse hielt.
»Wo hast du das her?«, fragte ich und nahm eine Lampe von meinem Schreibtisch.
»Von meiner Biolehrerin. Unser Meerschweinchen ist vor zwei Wochen gestorben, und sie war zu traurig, um es zu ersetzen.«
»Hat sie nicht gefragt, wofür du es brauchst?« Ich untersuchte den Behälter und fand ihn makellos, also war er nach dem bedauerlichen Dahinscheiden des Meerschweinchens offenbar gereinigt worden. »Wir dürfen keine Haustiere halten.«
»Ich habe ihr erzählt, ich baue ein Diorama. Sie hat keine Fragen gestellt.« Jill trug das Aquarium eifrig zum Schreibtisch hinüber. »Wir können es zurückgeben, wenn du dein eigenes bekommst.«
Ich legte den Quarzkristall hinein und schloss den Deckel, wobei ich mich davon überzeugte, dass er sicher befestigt war. Nach weiteren flehentlichen Bitten von Jill sprach ich die Beschwörungsworte. Ein wenig Rauch erschien, und der Quarz verwandelte sich erneut in den Drachen. Glücklicherweise kreischte er nicht wieder, daher nahm ich an, dass er noch satt war. Stattdessen huschte er durch den Behälter und untersuchte sein neues Zuhause. Einmal versuchte er, an der Seite hinaufzuklettern, aber seine winzigen Klauen fanden an dem Glas keinen Halt.
»Na, das ist eine Erleichterung«, sagte ich.
Jill betrachtete ihn voller Staunen. »Er wird sich da drin sicher langweilen. Du solltest ihm ein paar Spielsachen besorgen.«
»Spielzeug für einen Dämon? Reicht es nicht, dass ich ihm Kuchen gebe?«
»Er will doch dich«, beharrte sie.
Und tatsächlich, als ich zu dem Behälter zurückschaute, sah ich, dass der Callistana mich bewundernd ansah. Er wedelte sogar mit dem Schwanz.
»Nein«, sagte ich streng. »Das hier ist kein Disneyfilm, in dem ich einen süßen Kumpel habe. Du kommst da nicht raus.«
Ich schnitt ein Stück von dem Blaubeerkuchen ab und legte es ins Aquarium, falls er einen Mitternachtssnack brauchte. Einen Weckruf am späten Abend wollte ich auf keinen Fall riskieren. Nach kurzem Nachdenken fügte ich noch einen Stressball und einen Schal hinzu.
»So«, sagte ich zu Jill. »Essen, ein Spielzeug und ein Bett. Jetzt glücklich?«
Der Callistana war es anscheinend. Er warf den Ball ein paar Mal herum und rollte sich dann auf dem Nest zusammen, das ich aus dem Schal gemacht hatte. Abgesehen von der Tatsache, dass er mich weiter beobachtete, wirkte er mehr oder weniger zufrieden.
»Oooh«, sagte sie. »Sieh nur, wie süß er ist. Wie soll er denn heißen?«
Als ob ich nicht schon genug Sorgen hätte. »Sein ›Vater‹ kann ihm ja einen Namen geben. Ich habe mich bereits für den Mustang verpflichtet.«
Nach einigen weiteren Verzückungsrufen zog sich Jill endlich für die Nacht zurück. Ich machte mich selbst bettfertig und hielt dabei immer ein Auge auf den Drachen. Er tat jedoch nichts Bedrohliches, und ich schaffte es sogar einzuschlafen. Mein Schlaf war unruhig. Immer wieder bildete ich mir ein, dass er hinausklettern und zu mir ins Bett kommen würde. Und natürlich hatte ich meine üblichen Ängste, Veronica könnte hinter mir her sein.
Einige Zeit schlief ich dann doch fest, und Adrian zog mich in einen Geisttraum hinein. Nach unserem Streit hatte ich ehrlich nicht erwartet, ihn heute Nacht zu sehen, und war bei dem Gedanken ganz traurig geworden. Der Saal mit dem Hochzeitsempfang materialisierte sich um uns herum, aber das Bild schwankte und verblasste immer wieder.
»Ich hatte nicht gedacht, dass du kommen würdest«, eröffnete ich ihm.
Keine Hochzeitskleidung heute Nacht. Er trug, was er tagsüber getragen hatte, Jeans und das AYE -Shirt, obwohl beides etwas zerknitterter aussah. Er war genauso gekleidet wie in Wirklichkeit.
»Du denkst, ich würde dich Veronica überlassen?«
»Nein«, gab ich zu. »Was ist mit dem Raum los?«
Er wirkte ein wenig verlegen. »Meine Kontrolle könnte heute Nacht besser sein.«
Ich verstand erst nicht. »Du bist betrunken.«
»Ich habe getrunken«, korrigierte er
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