Magnolia Haven 03 - Abendrot
ohne auf eine Antwort zu warten.
Sie schloss die Tür hinter sich und ging dann mit festen Schritten auf Samuel zu, der sie mehr als erstaunt anschaute.
»Miss Shepherd«, entfuhr es ihm entgeistert, »Sie sind die Letzte, die ich hier erwartet hätte.«
»Hallo Mr. Prescott«, begrüßte sie ihn, »ja, wie Sie sehen, habe ich mich in die Höhle des Löwen getraut. Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen.«
»Es tut mir leid, aber das ist kein guter Zeitpunkt. Ich nehme an, dass Jake Ihnen erzählt hat, was passiert ist.«
Joanna nahm auf einem der Stühle vor dem Schreibtisch Platz. »Ja, ich bin im Bilde, und deswegen bin ich auch hier. Ich möchte Ihnen ein Angebot machen.«
»Ein Angebot? Wie darf ich das verstehen?«
»Ich bin bereit, Ihnen aus Ihrer Misere zu helfen, allerdings knüpfe ich daran einige Bedingungen.«
Ein abschätziges Lächeln glitt über Samuels Gesicht. »Ich wüsste nicht, wie ausgerechnet Sie dazu in der Lage sein sollten.«
Joanna stand auf und deutete auf den PC, der auf einem kleinen Seitentisch stand. »Darf ich kurz?«
Ohne Samuels Antwort abzuwarten, nahm sie die Maus in die Hand und öffnete den Browser. Sie gab die URL ihrer Bank ein, und nachdem die Seite geladen war, loggte sie sich in ihr Konto ein und rief ihren Kontostand auf. Mit dem Finger tippte sie auf das Guthaben.
»Ich nehme an, das dürfte reichen«, sagte sie ruhig.
Samuel starrte ungläubig auf den Bildschirm, dann wandte er sich wieder Joanna zu, blass und sichtlich erschüttert.
»Was haben Sie vor?«, murmelte er tonlos. »Wollen Sie sich die Firma und Magnolia Haven unter den Nagel reißen?«
Joanna schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nicht meine Absicht.«
»Was wollen Sie dann?«, ächzte er verständnislos.
»Ich werde Ihnen das Geld zur Verfügung stellen, damit Sie den außergerichtlichen Vergleich mit Cranfield Industries abwickeln können. Ich werde Jake als neuen Eigentümer des gesamten Besitzes eintragen lassen, sobald wir verheiratet sind. Im Gegenzug dafür verlange ich, dass Sie Olivia dazu bewegen, in die Aufhebung der Ehe einzuwilligen. Und vor allem«, sie machte eine kurze Pause und schaute Samuel fest in die Augen, »möchte ich, dass Sie meine Beziehung zu Jake akzeptieren und nicht mehr versuchen, uns auseinander zu bringen. Ich habe Jake bisher nichts von Ihren ‚Interventionen‘ erzählt, und dabei werde ich es auch belassen. Er muss nicht erfahren, dass sein eigener Vater seine Existenz in Texas sabotiert hat.«
Samuel wurde noch eine Spur weißer. »Woher wissen Sie …?«
»Mr. Prescott, ich komme vielleicht aus schlechten Verhältnissen, doch ich bin nicht dumm. Als Jake nach Ihrem Telefonat mit mir plötzlich Probleme hatte, seine Baumwolle zu verkaufen, obwohl sie von erstklassiger Qualität war, war mir klar, dass Sie dahinter stecken. Wie gesagt, ich werde ihm nichts davon sagen, und auch nicht erwähnen, dass Sie mich mehr oder weniger erpresst haben, damit ich ihn verlasse. Dafür erwarte ich, dass sie uns künftig in Frieden lassen. Ich verlange nicht, dass Sie mir um den Hals fallen, aber Sie sollten Jake, Benjamin und mir eine Chance geben.« Sie schwieg einen Moment und fügte dann leise hinzu: »Ich wünsche mir ein erfülltes Familienleben, und ich würde mich freuen, wenn Sie ein Teil davon wären.«
Abrupt drehte Samuel sich herum und starrte aus dem Fenster.
Nach einer ganzen Weile räusperte er sich. »Haben Sie das mit Jake abgesprochen?«
»Nein. Er weiß weder, dass ich hier bin, noch von meinem Angebot und ich möchte auch nicht, dass er es erfährt. Er würde das Geld nicht annehmen, wenn er wüsste, dass es von mir ist. Ich will seinen Stolz nicht verletzen, sagen Sie ihm einfach, dass einer Ihrer Freunde Ihnen ein zinsloses Darlehen bewilligt hat.«
»Und wenn ich ablehne?«
»Mit dem Betrag, der mir zur Verfügung steht, können Jake, Benjamin und ich jederzeit irgendwo neu anfangen – es liegt also bei Ihnen.« Joanna nahm die Vertragsunterlagen aus der Tasche, die Phillip vorbereitet hatte. »Aufgrund unserer bisherigen Gespräche werden Sie sicher verstehen, dass ich eine schriftliche Vereinbarung treffen möchte, falls Sie sich entscheiden, auf meinen Vorschlag einzugehen. Hier sind alle Konditionen festgehalten, lesen Sie es sich bitte noch einmal durch. Wenn Sie bereit sind, zu unterschreiben, werde ich das Geld direkt im Anschluss auf Ihr Privatkonto überweisen, von dort aus können Sie es dann weiter transferieren.«
Schweigend
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