Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
weiterzustudieren.«
»Ähmm.« Der Kloß in Magnolias Kehle wollte nicht rutschen. »Und was ist, wenn ich durchfalle?«
»Das wollen wir nicht hoffen«, erwiderte Tante Linette. »In diesem Fall wirst du mit Schimpf und Schande ausgestoßen. Dein gesamtes magisches Wissen wird dir wieder abgehext und du musst den Rest deines Lebens im Dorf der Gescheiterten fristen.«
»Das Dorf der Gescheiterten?« Magnolia machte kugelrunde Augen. »Du hast mir noch gar nicht davon erzählt.«
Linette winkte ab: »Es ist deprimierend. Ein Dorf tief in den Nebelsümpfen. Das ganze Jahr über herrscht dort nasskaltes Klima, einzig und allein abhängig von den Launen der Sumpflinge. Die meisten sterben in den ersten drei Jahren.« Betrübt schüttelte Linette den Kopf. »Ein Leben, das ich wahrlich niemandem wünsche.«
»Ähmm, ich überlege mir die Sache mit der Hexenausbildung noch einmal. Ich meine, vielleicht schaffe ich es doch nicht … Schule und Hexerei.«
»Zu spät«, sagte Tante Linette. »Mit dem Betreten des roten Zimmers hat um vier Uhr deine Ausbildung begonnen.«
Der Kloß in Magnolias Hals war auf Tennisballgröße angeschwollen. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Kalter Ärger brandete in ihr auf.
»Oh nein, Tante Linette!«, rief sie erbost. »So nicht! Nicht mit mir! Du hast mir nichts vom Dorf der Gescheiterten erzählt. Ich hatte keine Chance, mich objektiv zu entscheiden. Wie konntest du mich nur so reinlegen.«
»Reinlegen!? Du schaffst es, wenn du dich ein bisschen anstrengst. Seit Jahrhunderten gibt es in deiner Familie Hexen, ich verstehe überhaupt nicht, weshalb du dich so aufregst. Zum Aussteigen ist es jetzt sowieso zu spät. Basta!«
»Na, dann ist ja alles klar. Danke für den rechtzeitigen Hinweis.« Magnolia war sauer.
Tante Linette hatte wieder angefangen in ihren Regalen zu stöbern und zog schließlich eine kostbare mit bunten Steinen verzierte Schatulle hervor. Energisch wischte sie den Staub der letzten Jahrzehnte mit dem Ärmel ab und stellte sie neben das Buch vor Magnolia auf den Tisch. Obwohl sie es sich nicht anmerken ließ, war Magnolias Interesse geweckt. Was mochte da drin sein?
Mit einem winzigen goldenen Schlüssel öffnete Tante Linette das Kästchen. Magnolia reckte den Hals.
Auf jadegrünem Satin lagen alte Kostbarkeiten. Eine mit kleinen Edelsteinen besetzte Brosche, eine Bernsteinkette, mehrere Silberringe und ein rotgoldenes Medaillon. Linette grub sich mit spitzem Zeigefinger durch all die Schmuckstücke, bis sie auf dem Schatullenboden endlich das Gesuchte fand.
Ein kunstvoll geschmiedetes Amulett in Form einer kleinen Eidechse baumelte an einer flachgliedrigen Kette zwischen ihren Fingern.
»Dieses Amulett gehörte deiner Großmutter«, sagte Tante Linette, »nun soll es dir gehören. Es unterstützt deine magischen Fähigkeiten und warnt dich bei Gefahr. Achte es hoch, es ist ein Ratgeber, auf den du dich immer verlassen kannst.«
Feierlich hängte sie Magnolia das Amulett um den Hals. Es reichte ihr bis zum Bauchnabel, und obwohl sie es über der Kleidung trug, spürte sie seine angenehme Wärme bis auf die Haut.
Andächtig betastete Magnolia das Schmuckstück. Es war ein Kunstwerk. Zarte smaragdgrüne Schuppen bedeckten den gesamten Körper der Eidechse und in ihren Augen aus dunkelrotem Granat schimmerte ein geheimnisvolles Feuer.
Dieses Amulett hatte also ihrer Großmutter gehört. Ob sie es bei ihrem Tod getragen hatte? Das Amulett erwärmte sich in ihren Händen und auf einmal wusste Magnolia, dass sie alles tun wollte, um eine würdige Trägerin zu sein. Ja, sie wollte sich alle Mühe geben, eine gute Hexe zu werden.
Tante Linette hatte sie schweigend beobachtet und Magnolia war sicher, dass sie ahnte, was in ihr vorging. »Muss ich es immer tragen?«, fragte sie.
Linette schüttelte den Kopf. »Nein, aber du solltest es immer dann tragen, wenn du Angst hast oder fürchtest, in Gefahr zu geraten.«
»Ich habe eine angenehme Wärme gefühlt, als ich es in den Händen hielt«, sagte Magnolia.
»Ein Zeichen, dass dich das Amulett als seine Trägerin akzeptiert«, antwortete Tante Linette. »Es ist also an der Zeit mit der ersten Lektion zu beginnen. Du musst eine Sehende werden.«
»Eine Sehende? – Ääääh … danke, ich sehe ausgezeichnet.« Im Geiste sah Magnolia sich mit dicken Lupengläsern vor den Augen hilflos nach dem Weg tasten. Ein paar kleine Haken musste die Sache schließlich haben.
»Unsinn«, wischte Linette diesen Einwand
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