Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
Kellergewölben der Abtei eingenistet.
Lautlos landete sie in den verfallenen Mauern, zückte einen Taschenspiegel und brachte ihn mittels Zauberspruch auf brauchbare Größe. Jetzt galt es nur noch, den Basilisken zu finden, bevor er sie fand.
Ebenso lautlos, wie sie gelandet war, stieg sie in das finstere Kellergewölbe hinab.
Linette brauchte kein Licht. Ihr war egal, ob Tag oder Nacht war, denn ihre geübten Hexenaugen konnten sich auch in völliger Dunkelheit sicher orientieren. Schritt für Schritt tastete sie sich voran. Jedes noch so kleine Geräusch konnte ihr Verderben bedeuten. Ihre Sinne waren aufs Äußerste gespannt.
Ein moderiger Geruch hing in der Luft und überall lagen Gewölle aus Fell und Knochen oder war es Haar?
Immer wieder blieb Linette stehen und hielt witternd ihre Nase in die Luft, zwang sich Leben aufzuspüren.
Endlich wurde sie fündig. Deutlich roch Linette etwas großes Lebendiges hinter den dicken Mauern, sie nahm kaltes Blut wahr und hörte regelmäßige Atemzüge. Das musste er sein. Und was am allerbesten war, der Basilisk schlief.
Linette ließ den Spiegel noch einmal um das Dreifache wachsen. Jetzt konnte sie sich bequem dahinter verstecken und das Duell konnte beginnen.
»Hallo, jemand zu Hause?«, rief sie.
Im selben Augenblick stockten die regelmäßigen Atemzüge. Der Basilisk war erwacht.
Ein leises Kratzen, so als würde etwas über den Boden geschleift, verriet Linette, dass er sein Nest verließ. Sie ging in Deckung. Nervös kauerte sie hinter dem Spiegel und wartete. Jeden Moment musste er um die Ecke kommen und sich selber im Spiegel erblicken. Für wenige kostbare Minuten würde sein eigenes Spiegelbild ihm die Sinne rauben. Er würde ohnmächtig werden und genau diese kurze Zeit würde Linette zu nutzen wissen.
Doch nichts geschah. Das schleifende Geräusch war nicht mehr zu hören.
Der Basilisk zögerte.
Linette wurde immer nervöser. Ahnte er etwas? Unmöglich. Basilisken standen nicht gerade in dem Ruf, besonders klug zu sein. Die Zeit verstrich. Kostbare Zeit!
Der Basilisk hatte keine Eile.
Ob Linette es wagen konnte, hinter dem Spiegel hervorzuschauen?
Besser nicht, wenn auf ihrem Grabstein nicht stehen sollte: »Hier ruht eine, die es hätte besser wissen müssen!« Sie musste sich gedulden.
Vielleicht konnte sie ihn in Sicherheit wiegen, indem sie Touristenstimmen imitierte?
Bamm! Splitter! Klirr … Mit diesem plötzlichen Angriff hatte Linette nicht gerechnet. Der Spiegel zerbarst in tausend Teile und Linette wurde durch den heftigen Aufprall Meter weit durch die Luft geschleudert. Wie ein verunglückter Maikäfer blieb sie auf dem Rücken liegen.
Linette war entsetzt. So etwas hätte nicht passieren dürfen. Reglos, die Augen geschlossen und einen Abwehrzauber auf den Lippen, wartete sie auf den nächsten Angriff.
Die kostbaren Minuten verstrichen und Linette wagte nicht, die Augen zu öffnen. Allmählich wurde die Zeit knapp, sollte der Basilisk bewusstlos sein, würde er bald wieder zu sich kommen.
Es blieb ihr nichts anderes übrig, als einen Blick zu riskieren.
Da lag er, ausgestreckt über seine vollen vier Meter Körperlänge, den Schnabel halb geöffnet und schnarchte leise.
Linette schlich heran, dabei hütete sie sich, seinem Atem zu nahe zu kommen. Ein harmloser Schnarcher würde genügen, ihre Kleidung zu versengen. Außerdem stank er entsetzlich.
Mit geübtem Schnitt ritzte sie seine schuppige Schlangenhautund fing das schwarze Blut in einem Glasfläschchen auf. Schon fing der Basilisk an, sich zu rühren. In wenigen Sekunden würde er wieder erwachen.
Linette hastete davon, ihren kostbaren Schatz sicher verstaut. Im Hof der Abtei pfiff sie ihrem Besen, flüsterte ihren Zauberspruch und stieg in die Luft.
Keinen Moment zu früh. Wütendes Röhren ließ die Luft zittern und die Steine beben. Der Basilisk machte keinen Hehl aus seiner überschäumenden Wut.
Linette trieb ihren Besen zur Eile, denn glühende Gesteinsbrocken wurden aus dem Innern der Abtei in den Himmel geschleudert. Es war besser außer Reichweite zu sein.
Die wenigen Menschen auf dem Festland, die in dieser Nacht Zeugen des feurigen Spektakels wurden, erzählten am nächsten Morgen, sie hätten mit eigenen Augen gesehen, wie der Teufel in der Abtei einen Sabbat gefeiert habe.
Ein Silberstreifen am östlichen Horizont kündigte den neuen Tag an und Linette war froh, bald zu Hause zu sein. Von ihrem Sturz auf den harten Boden der Abtei taten ihr alle
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