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Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel

Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel

Titel: Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Städing
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Schauer über den Pelz. Sie war sicher, dass es die Stimme des Grafen war. Vorsichtig lugte sie aus ihrem Versteck. Sie hatte recht.
    Der Graf kauerte in einen roten Mantel gehüllt auf einem hölzernen Thron. Seine farblosen Augen glitten rastlos von einem Krieger zum nächsten. Dort wo sein Blick verweilte, machte sich Unbehagen breit, und jeder versuchte zu vermeiden, die Aufmerksamkeit des Grafen auf sich zu lenken.
    Er war in der Tat eine äußerst unangenehme Erscheinung. Pergamentartige Haut spannte sich faltenlos über den kahlen Schädel. Undseine Hände, mit denen er die Armlehnen des Thronsessels umklammerte, erinnerten an die Klauen eines Raubvogels.
    Auf Linette machte er keinen besonders agilen Eindruck, was vielleicht die Anwesenheit der Schattenkrieger hinter seinem Thron erklärte. Paarweise wachten sie rechts und links hinter ihrem Herrn.
    »… wie ihr wisst, war ich für ein paar Jahrzehnte gezwungen, mich aus der weltlichen Ebene zurückzuziehen. Ich war gesundheitlich angeschlagen und gewissermaßen nur noch ein Schatten meiner selbst. Das ist nun, Luzifer sei Dank, vorbei …« Der Graf gönnte seinen Schergen ein kaltes Lächeln, wobei er zwei nadelspitze Eckzähne entblößte.
    »Meine Macht ist größer als je zuvor und ich werde sie nicht wegen ein paar mottenzerfressener Nager aufs Spiel setzen, also strengt euch gefälligst an. Verlange ich denn wirklich zu viel? Etwas mehr Eifer, Ergebenheit bis in den Tod …«
    Sein Blick wanderte ziellos durch die Reihen und fraß sich an einem jungen Norgen fest, der augenblicklich anfing zu zittern. »Ich muss mich auf meine Schergen verlassen können«, verlangte der Graf.
    »Also seht zu, dass ihr mich zufriedenstellt. Bringt mir reines Blut und gesunde Herzen. Heute eine Frau, morgen ein Kind, was soll ich damit anfangen?« Scharf sah er in die Runde und die Norgen duckten sich unter seinem Blick.
    »Bringt mir magische Wesen. Hexen, Zwerge, Elfen, meinetwegen auch Kobolde. Und bringt mir vor allem den Balg der Banshee, bringt mir diese Magnolia!« Seine Finger gruben sich so tief in die Armlehnen, dass seine Nägel splitterten.
    Linette unterdrückte einen Aufschrei. Sie hatte so etwas Furchtbares geahnt. Nun war es Gewissheit.
    »Und lasst mich nicht zu lange warten«, endete der Graf drohend. »Es wäre schade, wenn mein Hunger so groß würde, dass ich ihn in den eigenen Reihen stillen müsste.«
    Entsetztes Gemurmel setzte ein. Ein Kämpfer verlor angesichts dieser Drohung die Nerven und drängte aus der zweiten Reihe zurück. Dabei achtete er nicht auf die gekreuzten Klingen, die sich seine Kameraden zum Zeichen ihrer Ergebenheit vor die Brust hielten, und verletzte sich am Arm. Blut lief in einem dünnen Rinnsal aus der Wunde und tropfte zu Boden. Der Krieger drängte furchtsam durch den überfüllten Saal. Er wusste, was man sich vom Grafen erzählte.
    Es war unmöglich, diesen Vorfall zu verbergen. Linette sah das gierige Glitzern in den Augen des Grafen und wie er sich schnell die blutleeren Lippen leckte. Dann hob er die Hand und machte den Schattenkriegern ein Zeichen.
    Linette hatte die Schattenkrieger schon immer gehasst. Sie waren wie Maschinen, zu keiner menschlichen Regung fähig. Blind orientierten sie sich ausschließlich an Geruch und Körperwärme ihrer Opfer. Sofort setzte sich einer der Krieger in Bewegung.
    Die übrigen Norgen standen stumpf und teilnahmslos dabei und machten keine Anstalten, ihren Kameraden zu schützen. Fast hatte er den rettenden Ausgang erreicht, als der Schattenkrieger von einer außergewöhnlichen Fähigkeit Gebrauch machte. Er teleportierte. Sekunden später zappelte der Norge in seinem eisernen Griff und wurde wortlos am Kragenwulst seines Lederwamses vor den Grafen geschleift.
    Der machte keine Umstände. Mit einer Leichtigkeit, die Linette zutiefst entsetzte, schwang er sich vom Thron und fiel über sein zitterndes Opfer her. Gnädig verdeckte sein Mantel das schreckliche Geschehen. Doch die scheußlich schlürfenden Geräusche waren unüberhörbar. Linette drehte sich beinahe der Magen um.
    Nach einer Ewigkeit hatte der Graf seine Mahlzeit beendet. Der Norgenkrieger glich einem vertrockneten Insekt. Ausgesaugt lag er vor dem Thron, auf den sich der Tyrann nun mit blutroten Lippen setzte.
    »Bah«, spuckte er. »Es war ekelhaft und meiner ganz sicher nichtwürdig. Ihr wisst, wie sehr ich Rattenblut verabscheue, aber in der Not frisst der Teufel nun einmal Fliegen.«
    Der Graf grinste böse.

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