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Magnolienschlaf - Roman

Magnolienschlaf - Roman

Titel: Magnolienschlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Baronsky
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desto schriller, gelegentlich fällt ein Stuhl um, Glas klirrt. Schummrig dringt Licht durch das Teppichmauerloch.
     Morgen wird Elsemarie wieder ihren Lohn mit Wilhelmine teilen oder das, was davon übrig ist. Heringe und Schwarzbrot und was
     sie ihr sonst alles gebracht haben. Anfangs war Elsemarie noch sparsam gewesen mit ihren Zuteilungen, jeder ist sich selbst
     der Nächste, bis sie kapiert hat, dass Wilhelmine ihr nichts wegisst. Mittlerweile wird die Unruhe spürbar, die Elsemarie
     mitbringt, gestern hat sie Wilhelmine sogar einen Klecks Butter mit dem blanken Daumen in den Mund gedrückt, da gehört schon
     was dazu. »Hat er extra für dir mitjebracht, damit du wieder auf de Beene kommst, dit wär ja nich zum Ansehen mit dir, hat
     er jesacht.« Wilhelmine hat würgen müssen, und jetzt stinkt das ganze Kopfkissen ranzig.
    Vor ihr liegen noch immer Toastecken mit Mortadella, was soll sie damit? Wilhelmine riecht die Essiggurke, wenigstens sind
     keine Eier dabei. Dann hört sie Schritte auf der Treppe, dieses Mal klingen sie lauter, energischer. Wilhelmine hält die Augen
     geschlossen, nimmt nur durch die Lider wahr, dass das Licht eingeschaltet wird.
    »Oh, was will das werden hier, Hungernstreik?«
    Verschwinde, denkt Wilhelmine und hört die Russin seufzen.
    »Willst du verhungern, also? Bitte schön, aber nicht, wenn ich hier bin. Wird gegessen jetzt!«
    Wilhelmine spürt mehr, als dass sie sieht, wie dieandere mit dem Teller näher rückt, ihr eine Toastecke an den Mund hält, und ohne nachzudenken, schlägt sie mit dem Arm zur
     Seite, trifft den Teller und weicht, erschrocken vor sich selbst, zurück. Ein Laut entfährt ihr, ein gestöhnter Schrei.
    »Hey! Was machst du?! Was habe ich dir gemacht, he? Redest du endlich mit mir jetzt.«
    Etwas in Wilhelmines Brust ballt sich zusammen, sie presst die Faust gegen den Mund, weil ihre Lippen zittern. »Ihr seid schuld.«
     Die Worte schwappen aus ihr heraus. »Drecksrussen!«
    »Was ist los? Ich bin schuld, wenn du nicht isst? So eine Blödsinn!«
    Wilhelmines Herz rast, als wolle es sie schütteln. Mit einem Ruck wirft sie sich herum, obwohl der Schmerz in ihren Rücken
     fährt, und spuckt, spuckt in ihre Richtung, spuckt die Russin fort.
    Der Brotteller plumpst auf die Bettdecke, die Toastecken rutschen über den Tellerrand. Endlich springt die Russin auf. Als
     Wilhelmine die Tränen in deren Augen sieht, lässt sie sich zurücksinken.
    »Prokljataja fignja.« Die Russin stampft mit dem Fuß auf und rennt zur Tür. »Patschemu wsjegda ja?« Sie schreit die Worte
     heraus. »Ach, bljad! Wy she wsje odinakowyje, k tschortu was wsjech!« Wie mit Fußtritten werden Wilhelmine die Worte entgegengeschleudert;
     dass sie keines versteht, lässt sie noch härter auftreffen, allein am Ton erkennt sie, dass es Flüche sind. Der Zorn kocht
     in ihr hoch. Sie packt den Toast mitsamt der Gurke und schmettert ihn der Russin hinterdrein.
    Erst als sich die Tür geschlossen hat, sackt sie zusammenund starrt ihr nach, bis das Zittern in ihrem Kiefer nachlässt. Ihre Hand hält noch immer das letzte Toastviertel umkrampft.
     Wilhelmine betrachtet es eine Zeitlang und stopft es sich schließlich in den Mund.
     
    Am nächsten Morgen sind die Brotreste vom Boden verschwunden, und die Bettwäsche ist gewechselt worden. Beklommen sieht Wilhelmine
     auf die Seitenwand des Kleiderschranks, Mahagoni dunkel, die sich für Momente aufhellt, wenn die Sonne durch die Wolken bricht.
     Gegen Mittag hört sie das Telefon unten klingeln, hört, wie das Mädchen spricht. Wieder will sie schreien, es ist ihr Telefon,
     doch das hat kein Gewicht. Sie lauscht auf die Stimme des Mädchens, aber die singenden, kullernden Laute jener verhassten
     Sprache bleiben aus. Die Russin spricht Deutsch, eine ganze Weile, und jäh schöpft Wilhelmine Hoffnung, dass es Karin sein
     könnte, die angerufen hat. Längst sind ihr die Tage entglitten, sie vermag sie nicht zu zählen, nicht zu unterscheiden, nur
     ihr Gefühl sagt ihr, dass Karin wieder zurück sein müsste. Und als wiche ein Krampf, lässt sie sich tiefer sinken, und der
     Atem geht weit. Alles wird gut, Karin wird kommen und Dieter, und sie werden das Mädchen fortschicken, dorthin, woher sie
     gekommen ist.
    Nach einer Weile steigt sie die Treppe herauf und reicht Wilhelmine wortlos das Telefon, geht jedoch nicht fort, sondern bleibt
     mit verschränkten Armen am Bett stehen.
    Wilhelmine hebt den Apparat an ihr Ohr, starrt die Russin

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