Magnus Jonson 01 - Fluch
Hofes in Stöng.«
Und so beschloss Gandalf, den Ring nie wieder zu tragen, sondern ihn für Ísildur aufzubewahren. Er trug ihm auf, den Ring zur Hekla nach Island zu bringen und dort in den Vulkan zu werfen.
In jener Nacht hatte Ísildur einen Traum, in dem er einen ruhmreichen Kriegszug durch England anführte und einen großen Goldschatz erbeutete. Es erwachte, noch bevor es hell war, und streifte den Ring über. Auf der Stelle fühlte er sich größer, stärker, unbesiegbar. Und er war entschlossen, jenseits des Meeres noch größere Reichtümer zu erwerben.
Er ging zu Gandalf und verlangte von seinem Großonkel ein Schiff und die Erlaubnis, einen Raubzug nach England anzuführen. Gandalf entdeckte, dass er den Ring trug, und befahl Ísildur, ihn abzulegen. Der junge Mann spürte Wut in sich aufsteigen. Er griff zu einer Axt und wollte gerade Gandalfs Schädel spalten, als Erlendur ihn von hinten daran hinderte.
Sie kämpften, und Erlendur rief: »Hör auf, Ísildur! Du weißt janicht, was du tust! Es ist der Ring! Ich werde dich töten müssen, genau wie ich deinen Vater tötete!«
Ísildur spürte eine gewaltige Kraft durch seine Adern rauschen und schleuderte Erlendur von sich. Er holte mit der Streitaxt aus. Doch als er auf seinen schutzlosen Cousin und Freund hinabsah, mit dem er in jenem Sommer so viele Abenteuer bestanden hatte, hielt er inne. Er warf die Axt beiseite und zog den Ring von seinem Finger, legte ihn in sein Kästchen zurück und brach auf der Stelle nach Island auf.
Mit dem Ring und seinen Schätzen traf er in Island ein. In der Zwischenzeit hatte Gauk den Hof in Stöng übernommen und sich mit einer Frau namens Ingileif verlobt. Als Ásgrím von Ísildurs Rückkehr erfuhr, reiste er nach Stöng, um seinen Stiefbruder wiederzusehen. Ísildur erzählte seinem Bruder und seinem Stiefbruder von seinen Abenteuern in Norwegen und auf dem Baltikum. Dann berichtete er ihnen von Andwaris Ring und dem Auftrag ihres Großonkels Gandalf, ihn in den Vulkan Hekla zu werfen. Er beschrieb das gewaltige Machtgefühl, das er empfunden hatte, als er den Ring überstreifte, und die immerwährende Versuchung, es wieder zu tun. Er sagte, er wolle den Ring schon am nächsten Tag auf den Berg bringen, und bat Gauk und Ásgrím, ihn dabei zu begleiten, um sicherzustellen, dass er seinen Auftrag auch erfüllte.
Hekla hatte einen furchterregenden Ruf; noch nie hatte jemand den Gipfel erklommen. Doch die drei Männer waren mutig und unerschrocken, und so brachen sie früh am nächsten Morgen zum Vulkan auf. Am zweiten Tag hatten sie den Großteil des Weges zurückgelegt, als Ásgrím in eine Felsspalte fiel und sich ein Bein brach. Er konnte nicht weitergehen und erklärte sich einverstanden, auf die Brüder zu warten, bis sie vom Gipfel zurück seien.
Er wartete, bis er kurz vor Mitternacht jemanden den Berg her untersteigen hörte. Doch es kam nur ein Mann zurück, Gauk. Er erzählte Ásgrím, was geschehen war. Mit seinem Bruder hätte er oben auf dem Berg am Kraterrand gestanden. Ísildur habe den Ring aus dem Kästchen geholt und in den Krater werfen wollen,schien dazu aber nicht in der Lage zu sein. Er sagte, der Ring sei zu schwer. Gauk drängte ihn, den Ring hineinzuwerfen, aber Ísildur wurde wütend und steckte ihn sich an den Finger. Dann drehte er sich um und sprang in den Krater, bevor Gauk ihn aufhalten konnte.
»So ist wenigstens der Ring zerstört«, sagte Ásgrím. »Wenn auch zu einem hohen Preis.«
In den folgenden Jahren veränderte sich Gauk. Er wurde eitel und streitsüchtig, verschlagen und habgierig. Im Kampf hingegen wurde er noch stärker und mutiger und furchteinflößender denn je. Trotz allem hielt sein Stiefbruder Ásgrím unverrückbar zu ihm. Er unterstützte Gauk sogar bei den vielen Streitigkeiten, die er bei der jährlichen Versammlung des Althing in Þingvellir anzettelte.
Gauk heiratete Ingileif. Sie war eine schöne, weise Frau mit einem energischen Gemüt, aber meistens besonnen. Ihr fiel Gauks Veränderung auf, und sie machte sich Sorgen. Auch merkte sie, dass Gauk viel Zeit auf dem Hof von seinem Nachbarn, Ketil dem Blassen, verbrachte.
Ketil der Blasse war ein kluger Bauer – weise, friedfertig und ein begnadeter Dichter. Er war bei allen beliebt, nur bei seiner Frau nicht so recht. Sie hieß Helga. Helga hatte blondes Haar und lange Gliedmaßen und verachtete ihren Ehemann. Aber sie bewunderte Gauk.
Zwischen den beiden Höfen befand sich ein Sumpf auf dem Grund
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