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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Spiel.
    Gerade hatte er die Eyrbyggja beendet. Darin hatte er gelesen, dass es einen Stammesführer namens Björn von Breiðavík auf der anderen Seite der Halbinsel Snæfells gegeben hatte, hinter den Bergen von Hraun und Bjarnarhöfn, der weit übers Meer in ein Land gesegelt war, in dem Benedikt Amerika vermutete. Dort war Björn ein Häuptling unter den Eingeborenen geworden. Wie wäre es, wenn Hallgrím und Benedikt nun Amerika entdeckten?
    Hallgrím dagegen wollte wieder, dass die Berserker loslegten. Sie könnten doch gegen die Skrælinge kämpfen, wie die Wikinger die amerikanischen Ureinwohner nannten. Benedikt sagte, das wäre in Ordnung.
    Aber dafür würden sie eine lange Forschungsreise antreten müssen. Hallgrím schlug vor, dass sie zum Schweinesee marschierten, einem von erstarrter Lava gebildeten Gewässer mehrere Kilometer südlich. Benedikts Mutter freute sich immer, wenn ihr Sohn längere Zeit draußen unterwegs war, Hallgríms Mutter war hingegen strenger. Deshalb wartete er, bis sein Vater nach Stykkishólmur aufgebrochen war, in die nächste Stadt, und seine Mutter die Bäuerin auf dem Nachbarhof besuchte.
    Es ging nur sehr langsam voran über das Lavafeld, zumal die Jungen sich bemühten, nicht gesehen zu werden. Die Sonne schien zwar, aber es war kalt, und eine steife Brise wehte aus Nordosten. In der vergangenen Woche war Schnee auf die Berge im Süden
gefallen, und auch Bjarnahöfn Fell war mit Schnee überzogen. Die beiden Jungen blieben stehen, um einem Wagen in der Ferne nachzusehen, der vom Kerlingin-Pass auf die Gebirgsstraße von Borgarnes nach Stykkishólmur fuhr.
    »Ein Buick«, sagte Benedikt. Er kannte sich mit Autos aus, behauptete es wenigstens, auch wenn Hallgrím so seine Zweifel hatte. Jeder Wagen schien ein Buick zu sein.
    Zwei Eiderenten flogen tief über sie hinweg, auf dem Weg zurück zu den Zwergweiden am Flüsschen in Bjarnarhöfn.
    Die Jungen marschierten voran. Benedikt wurde langsam müde, Hallgrím ebenfalls. Vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen. Andererseits mussten die Wikinger, die Amerika entdeckt hatten, noch viel schlimmere Bedingungen ertragen als sie. Und Hallgrím war ein Berserker. Er würde auf gar keinen Fall aufgeben.
    »Komm, Halli, wir gehen zurück!«
    »Jammer nicht, Benni.«
    »Aber ich bin müde!«
    Hallgrím seufzte. »Na gut. Wir machen ein paar Minuten Pause. Aber dann gehen wir weiter nach Amerika!«
    Sie fanden eine gemütliche Senke und ließen sich nieder. Die Lava schützte sie vorm Wind, und die Sonne erwärmte ihre Wangen. Hallgrím schaute hinauf zum wilden Profil des Kerligin-Passes mit seinen absonderlichen Formen entlang des Kammes. Von dieser Stelle aus konnte er so gerade die Silhouette der Kerlingin erkennen, einer riesigen alten Frau aus Stein, die einen Sack über der Schulter trug. In dem Sack befanden sich die ungezogenen Kinder von Stykkishólmur. Die aufgehende Sonne war auf das alte Trollweib gefallen, kurz bevor es in seine Höhle zurückkehren konnte, und hatte es für alle Zeiten dort oben auf dem Pass erstarren lassen.
    Ob die Berserker in einem fairen Kampf wohl gegen die Alte gewinnen würden, fragte sich Hallgrím. Es dürfte knapp ausgehen. Mit vereinten Kräften würde es ihnen vielleicht gelingen.

    Er wollte gerade Benedikt nach seiner Meinung fragen, als er Stimmen hörte, zornige Stimmen.
    »Meinst du nicht, dass man ihn finden wird?« Das war Hallgríms Mutter, sie schluchzte.
    »Nie im Leben.« Sein Vater. Sie kamen näher. »Er liegt auf dem Grunde des Sees, und da bleibt er auch. Die Fische werden ihn fressen. Und das hat er auch verdient.«
    »Du bist ein furchtbarer, widerwärtiger Mann! Ich gehe nicht mit dir zurück!«
    »Willst du dich vielleicht zu ihm gesellen, du Hure? Willst du das?«
    Hallgrím hörte seine Mutter weinen.
    »Habe ich mir gedacht. Das Pferd steht an der Straße. Los, komm jetzt!«
    Die beiden kamen immer näher. Hallgrím und Benedikt durften nicht riskieren, entdeckt zu werden; Hallgrím mochte sich nicht ausmalen, wie böse seine Eltern werden würden, wenn sie ihn dort fanden. Die Jungen legten sich flach auf den Boden, drückten die Gesichter ins Moos. Erst als Hallgrím überzeugt war, dass seine Eltern weit weg waren, hob er den Kopf.
    »Benni? Worüber haben sie gesprochen? Was ist eine Hure?«
    Sein Freund antwortete nicht. Er schaute über das Lavafeld zum Schweinesee, und Tränen liefen ihm übers Gesicht.

    Donnerstag, 17. September 2009

    Es war noch

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