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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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lenken.
    Magnus hatte Ausschnitte der Demonstrationen in den Nachrichten gesehen, aber immer nur wenige Sekunden am Stück. Auf Austurvöllur, dem Platz vor dem Parlament, brodelte es nur so vor Menschen, jungen wie alten, Männern wie Frauen, die Parolen riefen und Krach schlugen. Die Töpfe und Pfannen waren deutlich zu erkennen, ebenfalls Holzlöffel, Tamburine, Flaggen und Plakate. Die Kamera schwenkte von einem Gesicht zum nächsten, alle gerötet vor Wut, Aufregung und Kälte. Einige versteckten sich hinter Schals und Sturmhauben.
    »Siehst du, da ist Harpa«, sagte Vigdís. Magnus erkannte deutlich, wie sie begeistert auf ihren Kochtopf schlug. »Und das ist Björn.«
    Der Fischer war nur wenige Meter von Harpa entfernt, reckte die Faust und schrie sich die Seele aus dem Leib. Eine Sekunde ruhte die Kamera auf seinem Gesicht. Der Mann hatte auf Magnus einen beherrschten Eindruck gemacht, doch in dem aufgezeichneten Moment war sein Gesicht von Wut verzerrt.
    »Du siehst, sie gehen in einem Meter Abstand aneinander vorbei, erkennen sich aber nicht«, erklärte Vigdís.
    Das stimmte. Harpa blieb vor Björn stehen, schlug auf ihren Topf und ging dann weiter.
    »Die beiden haben sich also wirklich erst dort kennengelernt?«
    »Warte, ich zeig’s dir.« Vigdís spulte vor. Mit ruckartigen Bewegungen
drängte die Menschenmasse voran, Joghurtbecher wurden auf die Polizei geworfen, Dosen mit Pfefferspray gereckt.
    »Bist du das, Árni?«, fragte Magnus.
    »Ja.« Vigdís stellte auf Stopp, und sie bewunderten Árni in seiner schwarzen Uniform, der mit entschlossenem Gesichtsausdruck seinen mit Joghurt bespritzten Schild hob.
    »Das sieht nicht so aus, als wäre es lustig gewesen«, bemerkte Magnus.
    »War es auch nicht. Schon gar nicht, da ich den Jungen kannte, der mit dem Skyr nach mir geworfen hat«, sagte Árni. »Der jüngere Bruder einer ehemaligen Freundin. Ich bin mir sicher, dass er mich erkannt hat.«
    »So, da setzen wir gerade das Pfefferspray ein«, erklärte Vigdís die Bilder. »Harpa stolpert, und jetzt! Björn hilft ihr auf. Von da an bleiben die beiden zusammen.«
    Selbst bei der schlechten Bildqualität sah man an der Art und Weise, wie Harpa Björn anschaute, dass er großen Eindruck auf sie machte.
    »So, dies hier ist ungefähr eine Viertelstunde später. Siehst du? Da sind die beiden.«
    »Wer ist der Typ da bei ihnen?«, fragte Magnus. Harpa und Björn liefen mit einem großgewachsenen Mann durchs Bild, unter dessen breiter Hutkrempe ein grauer Pferdeschwanz hervorschaute. Er redete mit jedem, lachte, skandierte Sprüche. Irgendwie kam er Magnus bekannt vor.
    »Das ist Sindri Pálsson.«
    »Ah, von dem habe ich doch schon mal gehört, oder?«
    »Er ist berühmt hier in Island«, meinte Vigdís.
    »In Island ist man schnell berühmt.«
    »Anfang der Achtziger war er Sänger der Punkband Devastation. Dann wurde er ein umtriebiger Krawallbruder. Berufsdemonstrant. Anarchist. Schrieb ein Buch über die Übel des Kapitalismus. War an vorderster Front bei den Protesten gegen den Kárahnjúkar-Damm. Weißt du, da wurde eine Talsperre gebaut,
um ein Aluminiumwerk mit Strom aus Wasserkraft zu versorgen.«
    »Ich weiß«, sagte Magnus, obwohl das nicht stimmte. Er hatte von dem umstrittenen Projekt gehört, wusste aber nichts Genaueres. Wieder einmal spürte er, wie wenig er sich in seiner Heimat auskannte.
    »Er hat die ganze Zeit versucht, die Demonstranten zu radikalisieren, aber die Organisatoren machten nicht mit. Sie warfen ihn raus.«
    »Ist er vorbestraft?«
    »Nur Drogendelikte.«
    »Aber es gibt eine Akte über ihn?«
    »O ja. Er gehört unserer Meinung nach zu den Personen, die versuchen könnten, die Proteste zu einer Revolution auszuweiten. Einer gewalttätigen.«
    »Und hier freundet er sich mit Harpa und Björn an«, bemerkte Magnus.
    Vigdís zeigte ihnen auch den Rest der Aufnahmen. Je dunkler es wurde, desto schlechter wurde die Bildqualität. Dennoch bestand kein Zweifel, dass die drei zusammenblieben.
    Dann kam der Tränengaseinsatz. »Dies ist das letzte Bild von ihnen, das wir haben«, erklärte Vigdís. Björn, Harpa und Sindri standen neben der Statue von Ingólf Arnarson. Dann machten sie sich auf in Richtung Hverfisgata. Man konnte nur ihre Silhouetten erkennen, aber die waren ganz gut zu unterscheiden.
    »Moment mal«, sagte Magnus. »Wer ist das denn?« Ein jüngerer Mann schien den dreien in einem gewissen Abstand zu folgen.
    »Keine Ahnung«, sagte Vigdís. »Das Gesicht ist

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