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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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suchte den Blick ihres Mannes.
    »Wir haben viel zu gewinnen und wenig zu verlieren«, sagte sie. »Wie könnten wir all die vielen Pforten je schließen, ohne die ganze Stadt abzubrennen? Ein paar Stunden. Ein paar Tage. Vielleicht können wir mehr als diesen einen Tag aushandeln. Wenn er uns verspricht, zwei Tage zu warten, oder drei … Wenn er den Schattenkönig so lange zurückhalten kann …«
    »Ich glaube, er ist dazu imstande«, vermutete Mirita. »Immerhin ist der furchtbare Jäger seinetwegen in die Stadt gekommen und hat sich seinetwegen so in Gefahr begeben. Dann wird er auch auf Mattim hören.«
    Die Königin erteilte ihr keine Rüge, weil ihr der Name herausgerutscht war. »Es ist nicht viel.« Elira sah aus dem Fenster auf die Stadt hinaus. Die erleuchtete Burg warf einen warmen Schein über die Dächer. »Nicht viel, was wir retten können, aber es ist genau das, was zählt. Genau das, wofür wir all die Jahre gekämpft haben. – Ich will zu ihm gehen. Ich will es hören, wenn er schwört. Ich will dabei sein und wissen, ob es mein Sohn ist, der uns diesen letzten Ausweg gibt. Ich muss wissen, ob er uns und diese Stadt immer noch liebt.«
    »Du bist verrückt«, sagte Farank trocken. »Nie im Leben lasse ich dich hinaus zu den Schatten. Selbst wenn er dich verschont, werden da noch genug andere sein, die ihre Zähne gerne in den hübschen Hals der Königin schlagen würden.«
    »Ich muss«, widersprach sie. »Ich muss seine Stimme hören. Ich muss sein Gesicht sehen. Ich muss fühlen können, ob er es ernst meint.«
    »Was, wenn Ihr Euch zwischen die Soldaten stellt, sodass niemand Euch sehen kann?«, schlug Mirita vor. »Ich rede mit ihm, und Ihr bleibt im Verborgenen und hört zu.«
    Die Königin nickte. »Gut«, sagte sie. »Seien wir vernünftig.«
    Sie ging ein wenig gebückt, als wäre sie an diesem Abend unvermutet älter geworden oder vielleicht auch nur in dieser einen Stunde.
    »Vernünftig?«, schrie eine Stimme aus dem Nebenzimmer, dort, wo die beiden Gefangenen sicher verwahrt waren. Dort, wo Kunun, an die Tür genagelt, jedes Wort gehört hatte. »Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe!«
    Die Königin seufzte. Farank trat durch die Tür und musterte den Gefesselten ohne sichtbare Rührung. »Du bist an die Verträge gebunden, die euer jetziger Anführer aushandelt.«
    Kunun starrte seinen Vater aus funkelnden schwarzen Augen an.
    »Das Licht muss in der Stadt bleiben! Wie soll es die Wunden der Dunkelheit heilen, wenn es fort ist? Wie soll mein Traum in Erfüllung gehen, wenn ihr verschwindet?«
    »Dein Traum?« Der König kräuselte verächtlich die Lippen.
    »Wenn die Wölfe zurückkehren ins Licht, wird endlich heil, was getrennt war«, sagte Kunun. Sein Blick war in die Ferne gerichtet, als wäre dort etwas, was nur er sehen konnte.
    »Das ist Unsinn!«, schnaubte der König.
    »Erschreckt es dich so sehr? Dass wir eure verratene Hälfte sind, eure vergessenen Seelen? Wäre es so schlimm, wenn wir zueinanderfinden würden und das wären, was wir von Anfang an waren?«
    »Und das wäre?«, rief Farank aus. »Menschenwölfe, die durch die Träume geistern? Dafür willst du das Licht auslöschen? Für ein bitteres Zwielicht, in dem Albträume durch den Nebel gleiten? Entstellte Fratzen, bei deren Anblick die Kinder schreien?«
    »Ich werde heilen«, sagte Kunun. »All die Narben, die Wunden, all die Löcher, die ihr in meinen Leib gebohrt habt – sie werden heilen. Schon bald. Alles wird genesen. Akink wird heil werden.«
    »Dein Bruder wird schwören, dass er uns abziehen lässt. Und du auch.«
    »Das werde ich nicht. Lieber sterbe ich, als euch gehen zu lassen! Was soll ich in dieser Stadt im Dunkeln? Mattim darf das nicht tun. Ich werde mich nicht daran halten. Nie. Nie im Leben!«
    »Dann werden wir Mattim schwören lassen, dass er dich erst dann losbindet, wenn die Zeit um ist. So lange wird er noch über die Schatten herrschen. Erst dann kannst du das Kommando geben, wie immer es auch lautet.«
    »Wir holen euch ein!«, rief Kunun. »So weit könnt ihr gar nicht fort sein, dass wir euch nicht einholen könnten!«
    Der König fixierte ihn mit unbewegtem Gesicht und winkte den Soldaten, näher zu kommen. »Tragt ihn die Treppe hinunter. Das ist das Pfand für unser aller Leben.«
    Hinter ihnen begann Réka zu rufen. »Nehmt mich auch mit! Lasst mich hier nicht allein!«
    Niemand beachtete sie.
    »Ich kann nicht.« Mattim versuchte sich aufzurichten, doch seine Beine

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