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Maigret 17

Maigret 17

Titel: Maigret 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simenon
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viele Stufen und über mit Läufern ausgelegte Treppen, dann und wann traf er im Flur ein Paar, das mit abgewandtem Gesicht vorübereilte.
    Wenn er wieder herauskam, sah er auf den Hafen. Einige Segelregattaboote, Standardmodelle von sechs Metern Länge, lagen an Land.
    Matrosen strichen sie sorgfältig an, und Gruppen von Neugierigen standen herum.
    »Möglichst ohne Aufsehen!« hatte man ihm in Paris nahegelegt.
    Wenn das so weiterging, konnte ihnen gedient werden. Es würde nichts Aufsehenerregendes geschehen, aus dem einzigen Grund, weil Maigret gar nichts finden würde!
    Er rauchte eine Pfeife nach der anderen und stopfte schon eine neue, wenn die alte noch warm war. Er hatte immer zwei oder drei in der Tasche.
    Er war wütend auf die ganze Gegend und ärgerte sich, weil eine Frau ihm unbedingt Muscheln verkaufen wollte und ein Bengel mit nackten Füßen ihm zwischen die Beine lief, ihn ansah und in Gelächter ausbrach.
    »Kennen Sie diesen Mann?«
    Zum zwanzigsten Mal zeigte er das Foto von William Brown.
    »Der ist nie hier gewesen.«
    »Und die Frau?«
    »Sylvie? Die ist grade oben.«
    »Allein?«
    Der Mann zuckte die Schultern und rief die Treppe hinauf:
    »Albert! Komm mal runter!«
    Albert war ein schmuddeliger, nachlässig gekleideter Hoteldiener, der den Kommissar böse ansah.
    »Ist Sylvie immer noch oben?«
    »Auf Nummer 7.«
    »Haben sie was zu trinken bestellt?«
    »Nein.«
    »Dann bleiben sie nicht lang«, sagte der Besitzer zu Maigret, »wenn Sie sie sprechen wollen, brauchen Sie nur zu warten.«
    Das Hotel hieß Beauséjour und lag in einer Straße parallel zum Hafen gegenüber einer Bäckerei.
    Wollte Maigret Sylvie überhaupt wiedersehen? Hatte er eine Frage, die er ihr stellen konnte?
    Er wußte es selbst nicht, er war müde. Alles war ihm so zuwider, daß er eine fast drohende Haltung annahm, als sei er kurz davor, den Fall abzuschließen.
    Er würde nicht vor dem Hotel warten, denn die Bäckerin von gegenüber sah ihn durch die Fensterscheibe spöttisch an.
    Hatte Sylvie so viele Verehrer, daß manchmal einer unten warten mußte, bis er an die Reihe kam? Vermutlich war es so. Und Maigret war wütend, daß man ihn für einen ihrer Kunden hielt.
    Er ging zur Straßenecke und beschloß, um sich die Zeit zu vertreiben, eine Runde um den Häuserblock zu machen. Als er den Quai entlangging, bemerkte er ein Taxi, das am Straßenrand hielt und dessen Chauffeur auf dem Gehsteig auf und ab ging.
    Er kam nicht gleich darauf, was ihm daran auffiel. Er mußte sich nach ein paar Schritten noch einmal umdrehen. Es war nicht so sehr das Taxi als der Fahrer, der ihn an irgend etwas erinnerte. Dann fügte sich plötzlich das Bild mit dem Bild der Beerdigung am Morgen zusammen.
    »Sie kommen aus Antibes, nicht wahr?«
    »Aus Juan-les-Pins.«
    »Sind Sie nicht heute morgen einer Beerdigung zum Friedhof nachgefahren?«
    »Ja. Warum?«
    »Ist der Kunde, den Sie hergefahren haben, derselbe wie heute morgen?«
    Der Chauffeur musterte sein Gegenüber von Kopf bis Fuß und wußte nicht, was er antworten sollte.
    »Warum fragen Sie mich das?«
    »Polizei. Also?«
    »Ja, es ist derselbe. Er hat mich gestern mittag für einen Tag angeheuert.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Weiß ich nicht. Er ist da langgegangen.«
    Er zeigte auf eine Straße und fragte dann plötzlich beunruhigt:
    »Sie werden ihn doch nicht verhaften, bevor er mich bezahlt hat?«
    Maigret vergaß, an seiner Pfeife zu ziehen. Er blieb eine Weile stumm stehen und sah auf das altmodische Verdeck des Taxis, dann fiel ihm ein, daß das Paar das Hotel vielleicht schon verlassen hatte, und er rannte zum Hotel Beauséjour.
    Die Bäckerin sah ihn herbeilaufen und rief ihren Mann, der sich im hinteren Teil des Ladens aufhielt und dessen mehlbestäubtes Gesicht nun hinter der Scheibe der Auslage erschien.
    Um so besser. Nun konnte sich Maigret über sie lustig machen.
    Zimmer 7. Er blickte die Fassade hoch und versuchte zu erraten, welches der Fenster mit den geschlossenen Vorhängen das von Zimmer 7 sein konnte. Er wagte noch nicht recht, sich zu freuen.
    Und doch … Nein, das war kein Zufall. Zum ersten Mal in dieser Geschichte fügten sich zwei Details zusammen …
    Sylvie und Harry Brown in einem Stundenhotel am Hafen!
    An die zwanzig Mal durchmaß er die hundert Meter, die zwischen der Straßenecke und dem Quai lagen, und die ganze Zeit über stand das Taxi an derselben Stelle. Der Chauffeur allerdings hatte sich so ans Ende der Straße gestellt, daß er seinen

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