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Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Titel: Maigret - 18 - Maigret in Nöten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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unter die Nase, wobei er mit dem Finger auf einen kleinen Artikel zeigte.
    »Haben Sie das gelesen?«
     
    Wie wir erfahren, hat Kommissar Maigret von der Kriminalpolizei, obwohl er die Altersgrenze noch längst nicht erreicht hat, um Versetzung in den Ruhestand gebeten. Seinem Gesuch ist stattgegeben worden. Er wird seinen Posten nächste Woche verlassen und voraussichtlich durch Kommissar Ledent ersetzt werden.
     
    »Na und?«, fragte Maigret erstaunt.
    »Wie viele Tage bleiben Ihnen da noch? Sechs, nicht wahr?«
    Er setzte sich nicht mehr. Er brauchte Bewegung. Er ging hin und her, einmal zum Fenster, dann wieder zurück, die Finger in die Armelausschnitte seiner Weste gesteckt.
    »Ich hab Sie gestern gefragt, was die Verwaltung für Sie auslegt, erinnern Sie sich? Nun, heute sage ich Ihnen Folgendes: Ich kenne Sie besser, als Sie glauben; und ich biete Ihnen, mit Beginn nächster Woche, hunderttausend Franc im Jahr, wenn Sie für mich arbeiten! Antworten Sie nicht gleich.«
    Mit ungeduldiger Gebärde öffnete er eine Tür und winkte den Kommissar herbei. In einem lichterfüllten Büro saß ein etwa dreißigjähriger, schon leicht kahler Mann vor einem Aktenstoß, eine lange Zigarettenspitze zwischen den Zähnen, während eine Sekretärin auf das Diktat wartete.
    »Der Direktor der Schleppkahnabteilung«, posaunte Ducrau, und der Angestellte erhob sich beflissen.
    Der Reeder fügte hinzu:
    »Lassen Sie sich nicht stören, Monsieur Jaspar!«, wobei er dem ›Monsieur‹ besonderes Gewicht gab. »Übrigens, sagen Sie mir doch nochmals, was Sie jeden Abend zu tun pflegen. Sie sind doch Meister auf irgendeinem Gebiet, wenn ich mich richtig erinnere.«
    »Kreuzworträtsel.«
    »Das ist es! Wunderbar! Haben Sie gehört, Kommissar? Monsieur Jaspar, mit zweiunddreißig Jahren Direktor der Schleppkahnabteilung, ist Kreuzworträtselmeister!«
    Er hatte jede Silbe einzeln betont, und bei der letzten schlug er die Tür kräftig zu, baute sich vor Maigret auf und sah ihm in die Augen.
    »Haben Sie diese Bagage gesehen? Es gibt noch eine ganze Menge davon unten und im zweiten Stock, alle ordentlich gekleidet, hochanständig, was man eben so Angestellte nennt. Sie können sich denken, dass sich eben jetzt Monsieur Jaspar beklommenen Herzens fragt, wie er sich wohl meinen Unwillen zugezogen hat. Die Tippse wird den Vorfall im ganzen Haus herumerzählen, und dann haben sie zehn Tage lang Stoff, an dem sie herumlutschen wie an einem Bonbon. Weil ich ihnen den Titel eines Direktors gebe, stellen sie sich allen Ernstes vor, sie hätten etwas zu dirigieren. Zigarre?«
    Auf dem Kamin lag eine Zigarrenkiste, aber der Kommissar stopfte sich lieber eine Pfeife.
    »Ihnen biete ich keinerlei Titel an. Sie haben nun allmählich eine Vorstellung von meinen Geschäften. Einerseits die Frachtschifffahrt, dann die Bugsierer, die Gruben und alles Übrige. Nun lässt sich dieses Übrige nach Belieben erweitern. Ich schreibe eine Notiz an sämtliche Dienststellen, damit man Sie in Ruhe lässt. Sie kommen und gehen, wie es Ihnen behagt, Sie stecken Ihre Nase in alles, ganz wie Sie wollen.«
    Noch einmal stellte sich Maigret für ein paar Sekunden die langen, alleegesäumten Kanäle vor, die schwatzenden Frauen in ihren schwarzen Strohhüten, die Förderwagen, die aus den Gruben zu den Kähnen rollen. Ducrau hatte auf eine Klingel gedrückt, und unverzüglich erschien eine Sekretärin mit dem Stenoblock in der Hand.
    »Schreiben Sie:
     
    Zwischen den hier Unterzeichneten Émile Ducrau und Maigret … Vorname? … und Maigret (Jules) wird Folgendes vereinbart: Mit Beginn am 18. März tritt Monsieur Jules Maigret in den Betrieb von …«
     
    Er sah den Kommissar an, runzelte die Stirn und sagte dann barsch zu seiner Sekretärin:
    »Sie können gehen!«
    Und dann ging er wieder im Zimmer auf und ab, die Hände auf dem Rücken verschränkt, und warf immer wieder einen besorgten Seitenblick auf Maigret. Dieser hatte die ganze Zeit geschwiegen.
    »Nun?«, stieß Ducrau endlich hervor.
    »Nichts.«
    »Hundertfünfzigtausend? Nein. Das ist es nicht.«
    Er öffnete das Fenster, ließ so die Stimmen und Geräusche der Stadt herein. Ihm war heiß. Er warf seine Zigarre hinaus.
    »Weshalb verlassen Sie den Polizeidienst?«
    Maigret lächelte und rauchte seine Pfeife.
    »Geben Sie zu, dass Sie nicht zu denen gehören, die ihre Zeit mit Nichtstun verbringen.«
    Er kam in Rage, fühlte sich erniedrigt, war ungeduldig, und trotzdem waren die Blicke, die er

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