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Maigret - 35 - Maigrets Memoiren

Maigret - 35 - Maigrets Memoiren

Titel: Maigret - 35 - Maigrets Memoiren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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wahr?«
    Ich war es. Leider.

2
Ein Kapitel, in welchem von einer Wahrheit, die man die nackte nennt und die niemanden überzeugt, sowie von »frisierten« Wahrheiten, die echter wirken als echte, die Rede ist
    Als bekannt wurde, daß ich dieses Buch schreibe und daß Simenons Verleger mir angeboten hatte, es herauszubringen, noch ehe er es gelesen hatte, ja noch ehe das erste Kapitel fertig war, spürte ich, wie die meisten meiner Freunde mein Vorhaben nur zögernd guthießen. Ich bin sicher, sie sagten sich: »Jetzt macht auch Maigret den Rummel mit.«
    Tatsächlich haben im Lauf der letzten Jahre mindestens drei ehemalige Kollegen meiner Generation ihre Memoiren geschrieben und veröffentlicht.
    Hier muß ich darauf hinweisen, daß sie damit einer alten Tradition der Pariser Polizei gefolgt sind. Dieser Tradition verdanken wir unter anderem die Memoiren von Macé wie auch jene des großen Goron, die beide zu ihrer Zeit die sogenannte Sûreté geleitet hatten. Was hingegen den berühmtesten von allen betrifft, den legendären Vidocq, so hat er uns leider keine handschriftlichen Erinnerungen hinterlassen; es ist uns daher nicht möglich, sie mit den Porträts zu vergleichen, die die Romanschriftsteller von ihm gezeichnet haben, wobei die meisten seinen wirklichen Namen verwendeten, während zum Beispiel Balzac ihn Vautrin nannte.
    Es ist nicht meine Aufgabe, meine Kollegen zu verteidigen; dennoch möchte ich hier kurz auf einen oft gehörten Einwand antworten.
    »Wenn man ihre Bücher liest«, sagte mir einer, »hat man den Eindruck, es seien mindestens ihrer drei gewesen, die jeweils gemeinsam einen berühmten Fall aufklärten.«
    Als Beispiel wurde insbesondere die Mestorino-Affäre angeführt, die einst großes Aufsehen erregte.
    Das gleiche ließe sich nun aber auch von mir behaupten, denn eine Affäre von solchen Ausmaßen erfordert die Zusammenarbeit aller Abteilungen. Was das Schlußverhör betrifft, jenes berühmte und oft zitierte Vierundzwanzig-Stunden-Verhör, so waren wir damals nicht unser vier, wir waren mindestens sechs Mann, die einander ablösten, noch und noch die selben Fragen stellten, eine um die andere, auf jede erdenkliche Art und Weise, und dabei jedesmal ein Stück weiterkamen.
    Da müßte einer schon ein richtiger Schlauberger sein, vermöchte er unter diesen Umständen zu sagen, welcher von uns im entscheidenden Augenblick auf den Knopf drückte, der das Geständnis auslöste.
    Übrigens möchte ich betonen, daß der Titel ›Memoiren‹ nicht von mir stammt. Er wurde nachträglich eingesetzt, weil uns kein anderer einfallen wollte.
    Ebenso verhält es sich (dies unterstreiche ich beim Korrigieren der Abzüge) mit den Untertiteln, die man, wie ich höre, auch Kapitelüberschriften nennt. Mein Verleger hat mich um die Erlaubnis gebeten, sie hinterher einzufügen, aus typografischen Gründen, wie er mir freundlich erklärte; ich glaube eher, er wollte meinen Text etwas auflockern.
    Unter all meinen Pflichten am Quai des Orfèvres gab es nur eine, die mir wahrhaft zuwider war: das Schreiben von Rapporten. Ob dies an einem atavistischen Hang zur Genauigkeit liegt, an Skrupeln, unter denen schon mein Vater gelitten hat?
    Wie oft habe ich mir den fast klassisch gewordenen Scherz anhören müssen:
    »Maigrets Rapporte bestehen hauptsächlich aus Klammern.«
    Vielleicht weil ich zu viel erklären, weil ich alles erklären will, ist für mich nie etwas einfach oder endgültig.
    Wenn man unter Memoiren die Schilderung von Ereignissen erwartet, in die ich im Lauf meines beruflichen Lebens verwickelt worden bin, so fürchte ich meine Leser enttäuschen zu müssen.
    Im Zeitraum von annähernd einem halben Jahrhundert haben sich meines Wissens kaum mehr als zwanzig wirklich sensationelle Fälle ereignet, einschließlich derer, die ich schon erwähnt habe: der Fall Bonnot zum Beispiel, der Fall Mestorino, dann der Fall Landru, der Fall Saret und noch einige andere.
    Über sie alle haben meine Kollegen, manchmal auch meine ehemaligen Vorgesetzten längst ausführlich berichtet.
    Was jene anderen Untersuchungen betrifft, die in ihrer Art ebenfalls interessant waren, aber keine Schlagzeilen machten, so hat Simenon sich ihrer angenommen.
    Das bringt mich an den Punkt, auf den ich zugesteuert bin, seitdem ich dieses Buch zu schreiben begonnen habe, das heißt, auf die wahre ›Raison d’être‹ dieser Memoiren, die keine sind. Und ich weiß weniger denn je, wie ich mich ausdrücken soll.
    Ich habe einmal in

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