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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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stammt aber aus Roubaix …«
    »Bis später …«
    Die Zeitungen brachten auf der Titelseite Fotos der Einbrecher in Handschellen, außerdem ein Bild des Lederwarenhändlers in Cut und hellgrauem Zylinder, aufgenommen am Wiegeplatz der Pferderennbahn von Longchamp.
    Mila blickte mit ironischem Lächeln in die Kamera. Demarle, der Matrose mit der Narbe, sah aus, als verstünde er die Welt nicht mehr. Branchu hielt sich die Hände vors Gesicht. Der Schmierensteher, dessen Anzug eine Nummer zu groß war, sah eher nach einem Handlanger als einem Mittäter aus.
     
    Nach zweijähriger, geduldiger Ermittlungsarbeit ist Kommissar Grosjean von der Sûreté Nationale endlich ein großer Fang ins Netz gegangen …
     
    Maigret zuckte die Achseln. Seine Gedanken weilten nicht so sehr bei den Gangstern als vielmehr bei Antoine Batille. Man komme dem Mörder meistens dadurch auf die Spur, dass man das Opfer kennenlerne, hatte er schon oft gesagt. Draußen schien eine fahle Sonne. Der Himmel war von einem sehr hellen Blau, Das Thermometer zeigte zwei oder drei Grad über null, während in fast ganz Frankreich, mit Ausnahme der Westküste, Frost herrschte.
    Er schlüpfte in den Mantel, nahm seinen Hut und schaute bei den Inspektoren vorbei:
    »Ich bin etwa eine Stunde weg, Kinder.«
    Endlich war er allein. Es trieb ihn zum Quai d’Anjou. Er ging zu Fuß, nahm den Weg über die Quais und den Pont Marie. Er rauchte bedächtig seine Pfeife und vergrub die Hände tief in den Taschen.
    In Gedanken folgte er dem Weg, den der junge Mann mit dem Kassettenrecorder in der Nacht vom 18. auf den 19. März, seiner letzten Nacht, gegangen war.
    Schon von weitem sah er den Trauerflor um den Hauseingang, mit schwarzen Quasten, eingewirkten Silbertränen und einem riesigen »B« darüber. Im Vorbeigehen bemerkte er die Concierge, die von ihrer Loge aus das Kommen und Gehen überwachte.
    Sie war jung und anziehend. Ein weißer Kragen und weiße Ärmelaufschläge ließen ihr schwarzes Kleid weniger streng wirken und zugleich nach Dienstkleidung aussehen. Maigret zögerte, ob er in die Loge eintreten sollte …
    Er tat es nicht und nahm den Aufzug. Die Wohnungstür der Batilles war angelehnt. Er stieß sie auf, ging auf den kleinen Salon zu, in dem der Tote aufgebahrt war. Eine sehr würdige alte Dame, die an der Tür stand, begrüßte ihn mit einem Kopfnicken. Ob sie wohl zur Verwandtschaft gehörte? Vielleicht war sie auch eine Freundin der Familie oder eine Gouvernante, die hier stellvertretend für die Eltern die Besucher in Empfang nahm.
    Ein Mann, den Hut in der Hand, bewegte betend die Lippen. Eine Frau, die vielleicht einen Laden um die Ecke betrieb, kniete auf einem Betschemel.
    Antoine lag noch nicht im Sarg, sondern auf einer Totenbahre, einen Rosenkranz um die gefalteten Hände geschlungen.
    Im flackernden Kerzenlicht wirkte sein Gesicht sehr jung, er hätte statt seiner einundzwanzig auch genauso gut erst fünfzehn Jahre alt sein können. Er war nicht nur rasiert worden, man hatte ihm auch die langen Haare geschnitten; die Kondolenzbesucher sollten ihn wohl nicht für einen Hippie halten.
    Eher aus Gedankenlosigkeit denn aus Überzeugung bewegte auch Maigret die Lippen, dann ging er in die Diele zurück und suchte jemanden, an den er sich wenden konnte. Er entdeckte einen Diener in gestreifter Weste, der im großen Salon staubsaugte.
    »Ich möchte Mademoiselle Batille sprechen«, sagte er. »Kommissar Maigret.«
    Der Diener zögerte, machte sich dann aber brummelnd auf den Weg:
    »Wenn sie schon auf ist!«
    Sie war auf, doch offenbar noch nicht bereit, jemanden zu empfangen, denn Maigret musste gut zehn Minuten warten. Endlich erschien sie, im Morgenmantel und in Pantoffeln.
    »Haben Sie etwas herausgefunden?«
    »Nein … Ich möchte mir nur das Zimmer Ihres Bruders mal ansehen.«
    »Entschuldigen Sie meinen Aufzug, aber ich habe sehr schlecht geschlafen und bin auch sonst keine Frühaufsteherin.«
    »Ist Ihr Vater hier?«
    »Nein. Er musste unbedingt ins Büro. Mama ist in ihrem Zimmer, aber ich habe sie heute Morgen noch nicht gesehen … Kommen Sie?«
    Sie gingen einen Flur entlang und bogen dann ab in einen nächsten Flur. Als Maigrets Blick durch eine halboffene Tür auf ein ungemachtes Bett und ein Frühstückstablett fiel, erklärte sie:
    »Das ist mein Zimmer. Sehen Sie nicht hin, es ist nicht aufgeräumt.«
    Zwei Türen weiter kam Antoines Zimmer, das auf den Hof hinausging und zu dieser Tageszeit schräg einfallendes

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