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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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…«
    »Glauben Sie, dass ich die Polizei auf meine Spur bringen will?«
    »Unbewusst, ja …«
    »Was denken Sie sonst noch von mir?«
    »Sie fühlen sich verloren …«
    »In Wahrheit habe ich Angst …«
    »Angst wovor? Verhaftet zu werden?«
    »Nein … Ist auch egal … Ich habe schon zu viel gesagt … Ich wollte mit Ihnen reden, Ihre Stimme hören … Verachten Sie mich?«
    »Ich verachte niemanden.«
    »Auch einen Verbrecher nicht?«
    »Auch einen Verbrecher nicht!«
    »Sie wissen, dass Sie mich früher oder später kriegen …«
    »Ja …«
    »Haben Sie Indizien?«
    Um die Sache abzukürzen, hätte Maigret um ein Haar zugegeben, dass er sogar schon Fotos von ihm hatte: vom Quai d’Anjou, vom Platz vor der Kirche und vom Friedhof Montparnasse.
    Er hätte diese Bilder nur in den Zeitungen veröffentlichen müssen, dann hätten ihm gleich mehrere Leute die Identität von Batilles Mörder verraten.
    Er tat es nicht, weil er das undeutliche Gefühl hatte, dass dann der Mörder nicht die Festnahme abgewartet hätte, sondern dass er nur noch tot aus seiner Wohnung zu holen gewesen wäre.
    Er musste aus freien Stücken kommen, ganz langsam.
    »Indizien gibt es immer, die Frage ist nur, was sie taugen …«
    »Ich werde bald auflegen.«
    »Was haben Sie heute noch vor?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Es ist Samstag. Fahren Sie aufs Land für das Wochenende?«
    »Natürlich nicht.«
    »Haben Sie kein Auto?«
    »Nein.«
    »Sie sind Angestellter in einem Büro, nicht wahr?«
    »Ja … Da es in Paris Zehntausende von Büros gibt, kann ich diese Angabe machen.«
    »Haben Sie Freunde?«
    »Nein.«
    »Eine Freundin?«
    »Nein … Notfalls nehme ich, was ich kriege … Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ich bin überzeugt, dass Sie den morgigen Sonntag nutzen werden, um einen langen Brief an die Zeitungen zu schreiben …«
    »Wie kommt es, dass Sie alles erraten?«
    »Weil Sie nicht der Erste sind, der in so eine Situation gerät …«
    »Und wie ist es bei den anderen ausgegangen?«
    »Verschieden …«
    »Haben welche auch Schluss gemacht?«
    Maigret antwortete nicht, und es trat wieder eine lange Pause ein.
    »Ich besitze keinen Revolver, und ich weiß, dass es gegenwärtig so gut wie unmöglich ist, sich ohne Sondergenehmigung einen zu beschaffen …«
    »Sie werden nicht Selbstmord begehen …«
    »Wie kommen Sie zu dieser Annahme?«
    »Sonst hätten Sie mich nicht angerufen …«
    Maigret wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dieses äußerlich fast belanglose Gespräch, diese unscheinbaren Fragen und Antworten halfen ihm dennoch, den Mann deutlicher vor sich zu sehen.
    »Ich werde jetzt auflegen«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Sie können mich am Montag wieder anrufen.«
    »Morgen nicht?«
    »Morgen ist Sonntag, und da bin ich nicht im Büro.«
    »Zu Hause sind Sie auch nicht?«
    »Ich habe vor, mit meiner Frau aufs Land zu fahren …«
    Jeder Satz enthielt eine Absicht.
    »Sie haben es gut.«
    »Ja.«
    »Leben Sie glücklich?«
    »Einigermaßen, wie die meisten Menschen.«
    »Ich bin nie glücklich gewesen …«
    Er legte unvermittelt auf. Vielleicht hatte sich auch jemand, der lange ungeduldig vor der Telefonzelle gestanden hatte, hereingedrängt. Oder aber das Gespräch hatte seine Nerven zu sehr strapaziert.
    Er war kein Trinker. Ob er eine Ausnahme machen würde, um sich etwas aufzurichten? Er hatte von einem Café oder einer Bar aus angerufen, wo Leute um ihn waren und ihn ansahen, ohne im Geringsten zu ahnen, dass sie einen Mörder vor sich hatten.
    Maigret rief seine Frau an.
    »Was hältst du davon, wenn wir fürs Wochenende nach Meung-sur-Loire fahren würden?«
    Sie war so verblüfft, dass es ihr fast die Sprache verschlug.
    »Aber, du … Und deine Ermittlung?«
    »Die kann eine Weile vor sich hin köcheln …«
    »Wann fahren wir?«
    »Nach dem Mittagessen …«
    »Mit dem Auto?«
    »Natürlich.«
    Sie fuhr erst seit einem Jahr, war noch immer etwas unsicher und setzte sich nur mit großem Widerwillen hinters Steuer.
    »Besorg uns noch was fürs Abendessen, wir sind vielleicht erst dort, wenn die Geschäfte schon zu sind … Auch für ein üppiges Frühstück morgen. Mittags essen wir im Gasthaus.«
    Von seinen engsten Mitarbeitern hatte wieder nur der gute Janvier Zeit; er lud ihn zum Aperitif ein.
    »Was machst du morgen?«
    »Wissen Sie, Chef, der Sonntag gehört bei uns der Schwiegermutter, den Onkeln und Tanten der Kinder …«
    »Wir fahren wieder mal nach Meung …«
    In

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