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Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Titel: Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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… Und das in Ihrem Alter! Nach zwanzig Jahren treuen Dienstes. Nur weil Sie einmal im Leben das Pech gehabt haben, sich etwas einfallen zu lassen und daran festzuhalten. In einer genialischen Anwandlung sozusagen … Als ob einem Genialität nicht schon in die Wiege gelegt würde! Denn damit fängt man nicht erst mit fünfundvierzig an … Sie sind doch fünfundvierzig, nicht wahr?
    Sie hätten Heurtin hinrichten lassen sollen … Sie wären befördert worden … Was verdient man eigentlich als Kommissar bei der Kriminalpolizei? … Zweitausend? Dreitausend? … Halb soviel, wie ein Crosby für Cocktails ausgab. Wenn das nicht noch übertrieben ist … Wie werden Sie übrigens Crosbys Selbstmord erklären? … Eine Liebesaffäre? … Böse Zungen werden seinen Revolverschuß mit Heurtins Flucht aus dem Gefängnis in Zusammenhang bringen. Und alle Crosbys, Hendersons, Vettern und Großvettern, die drüben in Amerika Rang und Namen haben, werden die Pariser Polizei mit Telegrammen überschwemmen, damit die Affäre nicht ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird …
    Ich an Ihrer Stelle, Kommissar …«
    Auch er erhob sich jetzt, drückte seine Zigarette auf seiner Schuhsohle aus.
    »Also ich würde ein Ablenkungsmanöver inszenieren … Sehen Sie, ich würde zum Beispiel einen Mann verhaften, für den sich niemand auf diplomatischem Weg einsetzte. Einen Mann wie Radek, dessen Mutter sich in einer tschechischen Kleinstadt als Dienstmädchen verdingte … Weiß man in Paris überhaupt, wo das ist, die Tschechoslowakei –?«
    Er versuchte das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Sein ausländischer Akzent war auf einmal sehr ausgeprägt.
    »Trotzdem wird es genauso enden wie der Fall Taylor! Wenn ich Zeit hätte … In der Taylor-Sache gab es zum Beispiel keine Fingerabdrücke oder dergleichen. Während hier … Hier haben Sie Heurtin, der überall seine Spuren hinterlassen hat, Heurtin, der sich in Saint-Cloud hat blicken lassen! … Und Crosby, der um jeden Preis Geld brauchte und sich im Moment, da ein neues Untersuchungsverfahren eingeleitet wird, umbringt! Und schließlich bin auch ich noch da. Bloß – was soll ich denn eigentlich getan haben? … Ich hab nie ein Wort mit Crosby gesprochen. Er kannte nicht einmal meinen Namen. Er hat mich nie gesehen … Und fragen Sie Heurtin, ob er jemals von Radek gehört hat. Fragen Sie in Saint-Cloud, ob man dort jemals so einen Mann wie mich gesehen hat … Und doch sitze ich jetzt in einem Büro der Kriminalpolizei. Und unten wartet ein Polizeidetektiv, der mich auf Schritt und Tritt verfolgen wird … Ist es übrigens immer noch Janvier? Das wär mir angenehm. Er ist jung. Ein netter Bursche, auch wenn er keinen Alkohol verträgt. Drei Cocktails, und er schwebt bereits im Nirwana …
    Sagen Sie mir, Kommissar, an wen muß man sich wenden, wenn man dem Altersheim für Polizisten ein paar tausend Franc zukommen lassen möchte?«
    Mit nachlässiger Gebärde entnahm er einer Tasche ein Banknotenbündel, steckte es wieder ein, fischte ein zweites aus einer anderen Tasche, ein drittes aus seiner Weste. Es mußten mindestens hunderttausend Franc sein, die er auf diese Weise vorwies.
    »Ist das alles, was Sie mir zu sagen haben?«
    Es war Radek, der sich so an Maigret wandte, mit einer Verachtung, die er nicht verbergen konnte.
    »Das ist alles …«
    »Soll ich Ihnen was sagen, Kommissar?«
    Schweigen.
    »Schön, wie Sie wollen. Aber Sie werden nie was begreifen!«
    Er nahm seinen schwarzen Hut, bewegte sich ungelenk und sichtlich verärgert zur Tür. Der Kommissar blickte ihm nach.
    »Kläff weiter, Fifi!« murmelte er. »Nur so weiter!«

10
    Der Zauberschrank
    Wieviel verdienst du als Zeitungsverkäuferin?« Ort der Handlung war eine Kaffeehausterrasse am Montparnasse. Mit einem ausgesprochen boshaften Lächeln auf den Lippen rekelte sich Radek auf seinem Stuhl und rauchte eine Zigarre.
    Eine alte Frau zwängte sich zwischen den Tischen durch, hielt den Gästen mit einer undeutlich gemurmelten Bitte ihre Abendzeitungen hin. Sie wirkte lächerlich und mitleiderregend in ihrem zerlumpten Aufzug.
    »Wieviel ich …«
    Sie begriff nicht. In ihren erloschenen Augen lag kaum mehr eine Spur von Verstand.
    »Komm, setz dich … Du trinkst jetzt ein Glas mit mir … Ober! Einen Chartreuse für Madame.«
    Radeks Blicke suchten Maigret, der nur wenige Meter entfernt saß.
    »So! Als erstes kaufe ich dir sämtliche Zeitungen ab … Aber du mußt sie zählen.«
    Die Alte wußte in

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