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Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Titel: Maigret und der geheimnisvolle Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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er schlang im Stehen nur ein Stück Pastete und Brot hinunter, strich ein Sandwich für seinen Kollegen und packte die angebrochene Flasche Bordeaux ein.
    »Und ich habe extra eine Bouillabaisse für Sie zubereitet, wie Sie sie in ganz Marseille nicht kriegen!« lamentierte der Wirt.
    Aber der Kommissar ließ sich nicht beirren. Er kehrte zu der Mauer zurück, stellte zum zehntenmal dieselbe Frage:
    »Was tun sie?«
    »Das Mädchen hat den Tisch abgeräumt. Der Reeder sitzt in seinem Sessel und raucht eine Zigarette nach der anderen. Ich glaube, Louis schläft gleich ein. Er hat zwar immer noch eine Zigarre zwischen den Zähnen, aber ich sehe absolut keinen Rauch.«
    »Hat er noch mehr zu trinken bekommen?«
    »Ein volles Glas aus der Flasche, die auf dem Kamin stand.«
    »Armagnac«, brummte Maigret.
    »Da, sehen Sie! Im zweiten Stock geht ein Licht an. Es muß das Hausmädchen sein, das zu Bett geht. Der Bürgermeister erhebt sich. Er …«
    Plötzlich Stimmen unten bei der Kneipe. Motorgeräusch. Kaum verständliche Worte …
    »Hundert Meter von hier? … Im Haus?«
    »Nein … Gegenüber …«
    Maigret ging dem Wagen, der wieder anfuhr, entgegen. Er hielt ihn in ausreichender Entfernung von der Villa des Bürgermeisters an, damit dieser nicht gewarnt wurde. Er erkannte Uniformen.
    »Neuigkeiten?«
    »Evreux hat durchgegeben, daß der Mann mit dem gelben Auto gefaßt ist.«
    »Wer ist es?«
    »Warten Sie noch. Er protestiert! Er droht, seine Botschaft zu informieren!«
    »Ein Ausländer?«
    »Norweger! Evreux hat seinen Namen am Telefon genannt, aber wir haben ihn nicht recht verstanden. Martineau oder Motineau. Seine Papiere sind anscheinend in Ordnung. Die Gendarmerie läßt fragen, was sie mit ihm machen sollen …«
    »Man soll ihn mit dem gelben Wagen herbringen. Einer der Gendarmen wird ja Auto fahren können … Sie fahren zurück nach Caen, versuchen herauszufinden, wo Madame Grandmaison absteigt, wenn sie in Paris ist.«
    »Das hat man uns vorhin schon mitgeteilt: Hôtel de Lutèce, Boulevard Raspail.«
    »Rufen Sie von Caen aus an und bringen Sie in Erfahrung, ob sie angekommen ist und was sie macht. Warten Sie! Sollte sie dort sein, bitten Sie die Kriminalpolizei in meinem Auftrag, einen Inspektor hinzuschicken, der sie direkt überwachen soll.«
    Der Wagen mußte dreimal vor und zurück, bis er auf der schmalen Straße gewendet hatte. Maigret ging wieder zu Lucas’ Mauer, aber der war gerade im Begriff, herabzusteigen.
    »Was tust du?«
    »Es gibt nichts mehr zu sehen.«
    »Sind sie weggegangen?«
    »Nein. Aber der Bürgermeister ist ans Fenster gekommen und hat die Vorhänge fest zugezogen …«
    Hundert Meter weiter sah man das Schiff aus Glasgow langsam in die Schleuse einfahren und hörte Befehle in englischer Sprache. Ein Windstoß erfaßte Maigrets Hut und wirbelte ihn zur Schleuse hin.
    Hinter dem Fenster im zweiten Stock wurde es plötzlich dunkel, und die Fassade der Villa lag finster in der Dunkelheit.
    8
    Die Untersuchung des Bürgermeisters
    M
    aigret stand mit besorgter Miene, beide Hände in den Taschen, mitten auf der Straße.
    »Machen Sie sich Sorgen?« fragte Lucas, der seinen Chef kannte.
    Ihm selbst ging es wohl ebenso, denn er streifte die Villa, die vor ihnen aufragte, mit einem verdrießlichen Blick.
    »Dort drin sollte man sein«, ärgerte sich der Kommissar, während er ein Fenster nach dem anderen genau inspizierte.
    Aber sie waren alle geschlossen. Es gab keine Möglichkeit, in das Haus einzudringen. Maigret ging lautlos zur Haustür, beugte den Kopf, um zu horchen. Er machte Lucas ein Zeichen, still zu sein. Und schließlich preßten sie beide das Ohr an das Eichenpaneel.
    Keine Stimme war zu hören, es wurde kein Wort gesprochen. Dafür aber hörte man ein leises Trampeln im Arbeitszimmer, dumpfe, rhythmische Schläge.
    Prügelten sich die beiden Männer? Das war unwahrscheinlich, denn dann hätten die Geräusche nicht diese Regelmäßigkeit besessen. Zwei sich prügelnde Männer bewegen sich hin und her, werfen sich aufeinander, stoßen Möbelstücke um, und die Schläge folgen mal schnell, mal langsamer.
    Dies hier war wie ein Trommelfeuer. Und man glaubte fast, das Keuchen desjenigen zu hören, der zuschlug.
    »Wumms! Wumms! Wumms!« Und das dumpfe Röcheln des anderen als Kontrapunkt.
    Maigret und sein Inspektor tauschten einen Blick. Der Kommissar zeigte auf das Schloß. Lucas begriff, zog einen Bund mit Nachschlüsseln aus seiner Tasche.
    »Aber keinen Laut!«
    Im

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