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Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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hätte ihn geheißen, zu schweigen.
    »Warum haben sie Adèles Geld gestohlen?«
    »Sie hat es mir selbst gegeben.«
    »Sie hat das genaue Gegenteil ausgesagt: sie beschu l digt Sie!«
    »Sie lügt! Sie hat es mir gegeben, damit ich Fahrka r ten besorge, weil wir zusammen fort wollten … «
    Man merkte, daß er sagte, was ihm gerade in den Sinn kam, ohne zu überlegen, unbekümmert um Wide r sprüche.
    »Wollen Sie vielleicht auch abstreiten, daß Sie sich vor zwei Tagen nachts auf der Kellertreppe des ›Gai-Moulin‹ versteckt haben?«
    Chabot beugte sich vor, als wollte er sagen:
    ›Vorsicht! Es hat keinen Zweck zu leugnen … Ich mußte einfach …‹
    Doch schon war Delfosse auf den Füßen, wandte sich seinem Kameraden zu und brüllte:
    »Das hat er erzählt, nicht wahr? … Er lügt! … Er wollte, daß ich mit ihm dort bleibe! … Aber ich habe kein Geld nötig! Mein Vater ist reich! … Ich muß nur sagen, was ich brauche … Er hat die Idee gehabt … «
    »Sie sind also gleich weggegangen?«
    »Ja.«
    »Und sind nach Hause?«
    »Ja.«
    »Nachdem Sie in der Rue du Pontd’Avroy Miesm u scheln und Pommes frites gegessen haben … «
    »Ja … Ich glaube … «
    »Dort waren Sie aber mit Chabot zusammen! Das hat der Kellner ausgesagt!«
    Chabot rang die Hände, und sein Blick blieb flehend.
    »Trotzdem, ich hab nichts getan!« behauptete Delfo s se.
    »Ich habe nicht gesagt, Sie hätten irgend etwas getan. «
    »Also?«
    »Also nichts!«
    Delfosse schöpfte Atem, schaute zur Seite.
    »Haben Sie das Zeichen zum Verlassen des Kellers g e geben?«
    »Das stimmt nicht.«
    »Jedenfalls waren Sie es, der als erster hinaufging und auch als erster die Leiche sah … «
    »Das stimmt nicht. «
    »René! … « rief Chabot, der nicht mehr an sich halten konnte.
    Abermals zwang ihn der Kommissar, sich zu setzen und den Mund zu halten. Dennoch stammelte er gleich darauf, wie gebrochen:
    »Ich versteh nicht, warum er lügt … Wir haben ni e manden getötet … Wir hatten nicht einmal Zeit, zu ste h len … Er ging voraus … Er zündete ein Streichholz an … Ich habe den Türken kaum richtig gesehen … Ich erkan n te nur undeutlich etwas, das am Boden lag … Erst hinte r her sagte er mir, daß ein Auge offenstand und der Mund … «
    »Wie spannend!« höhnte Delfosse.
    In diesem Moment wirkte Chabot fünf Jahre jünger als sein Freund und weitaus verlorener! Er war ganz ve r unsichert. Er spürte, daß er nicht überzeugend war, der Unterlegene.
    Und Kommissar Delvigne schaute vom einen zum anderen.
    »Ihr müßt euch schon einigen, Kinder. Erschreckt habt ihr euch so eilig davongemacht, daß die Tür offe n blieb … Ihr seid Muscheln und Pommes frites essen g e gangen … «
    Und plötzlich, Delfosse in die Augen blickend:
    »Sagen Sie mal! Haben Sie die Leiche berührt?«
    »Ich? Nie im Leben! … «
    »War irgendwo ein Weidenkoffer in der Nähe?«
    »Nein … Ich hab nichts gesehen … «
    »Wie oft haben Sie Geld aus der Ladenkasse Ihres Onkels genommen?«
    »Hat Chabot das gesagt?«
    Und mit geballten Fäusten:
    »Der Dreckskerl! … So eine Frechheit! … Er verdreht alles! … Er hat Geld aus der kleinen Kasse geklaut! Und ich hab ihm welches gegeben, damit er es zurücklegen konnte.«
    »Schweig doch!« flehte Chabot, die Hände gefaltet.
    »Gib doch zu, daß du lügst!«
    »Du lügst! … Hör zu, René! Der Mörder ist … «
    »Was meinst du?«
    »Ich sage, der Mörder ist … verhaftet. Du … «
    Delfosse sah Kommissar Delvigne an, fragte mit uns i cherer Stimme:
    »Was erzählt er? … Der … Mör… «
    »Haben Sie keine Zeitung gelesen? Ach ja, Sie schli e fen Ihren Rausch aus … Jetzt werden Sie mir sagen, ob Sie den Mann wiedererkennen, der an jenem Abend im ›Gai-Moulin‹ war und Ihnen am nächsten Tag durch die Straßen folgte … «
    René wischte sich die Stirn ab, wagte nicht mehr dorthin zu schauen, wo sein Freund saß. Im benachha r ten Büro ertönte die Klingel. Man mußte Maigret aus einem Nebenraum holen. Die Tür öffnete sich. Er trat ein, geführt von Inspektor Girard …
    »Los, etwas schneller! … Stellen Sie sich da ins Licht gefälligst … Also, Delfosse, erkennen Sie ihn?«
    »Das ist er!«
    »Haben Sie ihn nie zuvor gesehen?«
    »Niemals!«
    »Und er hat nie mit Ihnen gesprochen?«
    »Ich glaube nicht … «
    »Hat er sich beispielsweise, als Sie aus dem ›Gai-Moulin‹ kamen, in der Nähe herumgetrieben? … De n ken Sie nach! … Versuchen Sie sich zu erinnern! …

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