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Maigret und Pietr der Lette

Maigret und Pietr der Lette

Titel: Maigret und Pietr der Lette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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den Fingern auf die Theke. Er war blaß vor Wut, denn diese wenigen Sätze im Bistro genügten, um das Vorgefallene zu erklären.
    Um zweiundzwanzig Uhr oder kurz zuvor hatte Pepito im Majestic Torrence ermordet.
    Er mußte haargenaue Instruktionen gehabt haben, da er unter dem Vorwand, einen Anruf von seinem Bruder bekommen zu haben, gleich darauf seine Arbeitsstelle verließ, sich zu der Kneipe an der Ecke der Rue Fontaine begab und dort wartete.
    Zu einem bestimmten Zeitpunkt überquerte der Eintänzer, der soeben José genannt wurde, die Straße und überbrachte ihm eine Botschaft, die leicht zu erraten war: auf Maigret zu schießen, sowie dieser das Pickwick’s verließ.
    Mit anderen Worten: innerhalb weniger Stunden zwei Verbrechen, und die einzigen Personen, die der Bande des Letten gefährlich werden konnten, waren beseitigt.
    Pepito schießt und flieht. Sein Auftrag ist erfüllt. Er ist nicht gesehen worden. Er kann also im Hotel Beauséjour seine Sachen holen …
    Maigret zahlte, ging, drehte sich beim Verlassen des Lokals noch einmal um und sah, wie die drei Gäste den Wirt mit Vorwürfen bombardierten.
    Er klopfte an die Tür des Pickwick’s. Eine Putzfrau öffnete.
    Wie er angenommen hatte, aß das Personal an einer langen Reihe von Tischen, die zusammengestellt worden waren. Er sah Reste von Hähnchen, Rebhühnern, Süßspeisen, lauter Sachen, die die Gäste nicht verzehrt hatten. Dreißig Gesichter wandten sich dem Kommissar zu.
    »Ist José schon lange weg?«
    »Natürlich! … Gleich nachdem …«
    Aber der Geschäftsführer erkannte den Kommissar, den er selbst bedient hatte, und gab dem Sprecher einen Stoß mit dem Ellbogen.
    Maigret spielte diese Komödie nicht mit.
    »Seine Adresse! Und zwar genau, ja! Sonst wird es Ihnen noch leid tun …«
    »Ich weiß nicht … Nur der Inhaber …«
    »Wo ist er?«
    »Auf seinem Gut, in La Varenne.«
    »Geben Sie mir die Angestelltenliste!«
    »Aber …«
    »Ruhe!«
    Man tat so, als suche man in den Schubladen eines kleinen Schreibtischs, der hinter dem Orchesterpodium stand. Maigret schob die Leute beiseite und fand auch sogleich das Verzeichnis, in dem er las:
    ›José Latourie, Rue Lepic 71.‹
    Gewichtig, wie er gekommen war, ging er wieder, während die Kellner, etwas beunruhigt, weiter aßen.
    Bis zur Rue Lepic waren es nur ein paar Schritte. Aber die 71 befand sich ziemlich weit oben auf der steil ansteigenden Straße. Zweimal mußte er stehenbleiben, weil ihm der Atem ausging.
    Schließlich stand er vor einem Wohnhaus in der Art des Hotels Beauséjour, nur noch schäbiger, und klingelte. Die Tür ging automatisch auf. Er klopfte an ein Guckfenster, und ein Nachtportier kam nach einer Weile aus seinem Bett.
    »José Latourie?«
    Der Mann sah auf eine Tafel, die am Kopfende seines Feldbetts hing.
    »Noch nicht zu Haus! Sein Schlüssel ist hier …«
    »Geben Sie her! Polizei …«
    »Aber …«
    »Schnell!«
    Tatsächlich hatte ihm in dieser Nacht niemand Widerstand geleistet, obwohl es ihm an der gewohnten Strenge und Härte fehlte. Doch vielleicht fühlte man undeutlich, daß das noch schlimmer war.
    »Welche Etage?«
    »Vierte.«
    In dem langen schmalen Zimmer roch es muffig. Das Bett war nicht gemacht. José mußte, wie viele seinesgleichen, bis vier Uhr nachmittags geschlafen haben, denn danach weigern sich die Vermieter, die Zimmer in Ordnung zu bringen.
    Ein alter, am Hals und an den Ellbogen abgetragener Pyjama war auf das Bettzeug geworfen. Am Boden lagen ein Paar Tanzschuhe mit aufgerissenen Hacken und durchlöcherten Sohlen, die wohl als Hausschuhe dienten.
    In einer kunstledernen Reisetasche befanden sich nur alte Zeitungen und eine schwarze geflickte Hose.
    Auf dem Waschtisch ein Stück Seife, ein Salbentopf, Aspirin-Tabletten und ein Röhrchen Veronal.
    Am Boden ein zusammengeknülltes Stück Papier, das Maigret aufhob und vorsichtig auseinanderfaltete. Er brauchte nur kurz daran zu riechen, um zu wissen, daß es Heroin enthalten hatte.
    Nachdem der Kommissar eine Viertelstunde alles durchsucht hatte, entdeckte er im Rips des einzigen Sessels ein Loch, steckte seinen Finger hinein und zog nacheinander elf Päckchen derselben Droge heraus, die jeweils ein Gramm enthielten.
    Er steckte sie in seine Brieftasche und ging wieder hinunter. An der Place Blanche wandte er sich an einen Polizisten, gab ihm Anweisungen, und der Gendarm bezog in der Nähe der Hausnummer 71 Posten.
    Maigret entsann sich des schwarzhaarigen jungen Mannes: ein

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