Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)
es eben nicht besonders viel von diesen Dingern hier …”
Wieder scheint es ihm nicht aufzufallen, aber er verfällt in den typischen Singsang aus dem Mittleren Westen. Ein kleines bisschen will er mir leid tun, aber ich genieße diese Situation zu sehr, als dass ich sie jetzt schon auflösen möchte.
„Na dann, Cowboy, spring über deinen Schatten!”
Er spießt eine Muschel auf die Gabel und betrachtet sie etwas genauer.
„Du bist doch so ein großer Fan des Ozeans.”
„Naja, wenn ich drin schwimmen kann. Nicht, wenn ich seine Bewohner essen soll.”
„Du hättest den Fisch wählen können.”
Mein Grinsen wird nur noch größer, als er die Muschel wieder auf den Teller legt.
„Wäre es zu spät, um doch noch um einen Burger bei Joe’s zu betteln? Bei uns in Kansas isst man mit Vorliebe Tiere, die sich auf vier Beinen fortbewegen.”
„Das hättest du dir vorher überlegen sollen.”
Er legt die Gabel neben sich auf den Tisch und hebt abwehrend die Hände.
„Ich wollte dich nur beeindrucken. Ich dachte, wenn ich mich als plumper Farmer oute, wirst du nie mit mir ... ”
Er bricht ab und sieht kurz weg, zurück zu dem Tisch mit dem jungen Paar. Zu gerne würde ich hören, wie er den Satz beenden wollte. Ausgehen? Habe ich ihn verunsichert? Das dürfte bei Jared doch gar nicht so einfach sein. Und dann wird es mir klar: Nicht ich habe ihn verunsichert, nein, dieses Restaurant verunsichert ihn. Er fühlt sich unwohl und fehl am Platz. Genauso wie ich.
„Du kannst ja vielleicht nur die Nudeln essen.”
„Klingt nach einem Plan.”
Sein Lächeln gerade ist eine schlechte Kopie von dem Lächeln, das ich sonst so an ihm kenne – und in das ich mich bereits ein bisschen verliebt habe.
“Lynn Preston?”
Die Stimme eines jungen Mannes reißt uns aus unseren Gedanken und unterbricht Jareds Versuch, die Pasta von dem Muschelfleisch und den Calamari zu befreien.
„Mein Gott, du warst ja ewig nicht mehr hier!”
Es ist Kevin Bennett, der Sohn des Restaurantbesitzers. Wir waren zusammen auf der Highschool. Er war nur eine Jahrgangsstufe über mir. Kevin war der Schwarm aller Mädchen, mich ausgenommen. Mir hat es nie besonders gut gefallen, dass er seinen Status dazu benutzt hat, um zu bekommen, was er wollte. Er trägt seine blonden Haare kurz und presst sie mit ausreichend Gel in eine strenge Frisur. Dazu ist er glatt rasiert, anders als Jared, und sein Lächeln strahlt so sehr, dass er es noch in der finstersten Nacht als Taschenlampe benutzen könnte. Warum er so eine große Sache aus meinem Besuch macht, weiß ich nicht. Zugegeben, es ist schon eine Weile her, dass ich hier essen war. Damals war Simon noch am Leben … damals war ich noch Lynn Preston.
„Hi, Kevin.”
Ich will nicht unhöflich sein und schenke ihm ein Lächeln, während er mir mit einer übertriebenen Geste die Hand küsst, als wäre ich ein Mitglied der Präsidentenfamilie. Jareds verwirrter Blick huscht zwischen Kevin und mir hin und her.
„Ich hoffe, es ist alles zu eurer vollsten Zufriedenheit …”
„Ist es. Danke.”
Er soll gehen, denn mit jeder Sekunde, die er mit seinem schicken Sommeranzug an unserem Tisch steht, wird Jared verkrampfter. Jetzt erst scheint auch Kevin ihn so richtig bemerkt zu haben und wirft ihm einen verwirrten Blick zu.
„Nun … Was verschlägt dich wieder nach Oceanside?”
Mein toter bester Freund.
„Ich wollte Jared gerne meine Heimatstadt zeigen.”
Ich deute zu Jared, der nur kurz die Hand zum Gruß hebt und dann wieder auf seinen Teller mit der Pasta starrt, die er noch immer nicht angerührt hat. Kevin wirft mir einen unsicheren Blick zu. Er mustert das Veilchen über Jareds Auge und das T-Shirt, bevor er sein Lächeln wieder aufschraubt.
„Darf es später noch eine Nachspeise sein? Auf Kosten des Hauses natürlich!”
„Ist wirklich nicht nötig …”
„Ich bestehe darauf! Wenn wir schon mal beide gleichzeitig hier sind. Ich muss montags schon wieder zurück am College sein. Dartmouth.”
Jared legt langsam das Besteck neben sich und sein Kiefer spannt sich an. Dieses Abendessen war eine ganz dumme Idee und ich möchte mich dafür entschuldigen. Aber Kevin steht noch immer wie angewurzelt neben unserem Tisch und strahlt mich mit seinem Taschenlampengrinsen an. Ich will nicht unhöflich sein.
„Dartmouth also.”
„Nur das Beste vom Besten. Wie immer.”
Irgendwie muss ich ihn loswerden. Jareds Schultern hängen inzwischen schon bedrohlich tief und er schiebt
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