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Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)

Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)

Titel: Make it count - Gefühlsbeben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Price
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Hochsommer mit einer Lupe die Sonne nutzt, um ein kleines Feuer zu entzünden. Jared entfacht das Feuer in meinem Unterleib, das früher oder später zu einem Flächenbrand wird, wenn ich nicht genau aufpasse. Auch ihm scheint unsere plötzliche Nähe bewusst zu sein, als er seinen Blick erneut über meinen Körper gleiten lässt. Wieder verfehlt er damit nicht sein Ziel. Im alltäglichen Leben müssen wir uns nicht ans Atmen erinnern, aber wenn Jared so dicht vor mir steht und ich die Wärme seines Körpers fast schon spüren kann, da fällt mir genau das unheimlich schwer. Er scheint seine Chancen abzuschätzen. Glaubt er wirklich, dass er gegen mich gewinnen kann? Ich bin zwar aus der Übung. Aber ich bin nicht so sehr aus der Übung. Wenn ich etwas beherrsche, dann ist es rennen. Ich renne seit Simons Tod jeden Tag davon.
    Jared macht den letzten Schritt auf mich zu. Das Kribbeln auf meiner Haut verlagert sich immer weiter nach innen, kriecht durch meinen Magen und versucht, mich zu verwirren. Sein Lächeln wird breiter, als er sich zu mir beugt und unsere Lippen nur noch Zentimeter voneinander entfernt sind. Fast kann ich sie auf meinen spüren.
    „Was ist, wenn ich gewinne?”
    Mein Kopf dreht sich, meine Knie fühlen sich unnatürlich weich an und ich unterdrücke den Impuls, ihn zu küssen, kämpfe gegen den Drang, ihn berühren zu müssen.
    „Das wirst du nicht.”
    Übermut hat mich im Griff. Aber es ist mehr als das: die Gewissheit, etwas zu beherrschen – im Schlaf und auch nach einiger Abwesenheit. In diesem Stadion war ich ungeschlagen. Jared nickt.
    „Bis zur Ziellinie.”
    „Auf drei?”
    „Drei!”
    Und schon spurtet er los. Ich brauche eine Millisekunde, um zu verstehen, dass er sich einen Vorsprung stibitzt hat, aber dann setzen sich meine Füße in Bewegung. Ich spüre die Energie in meinen Beinen, höre die Menge jubeln, das frenetische Klatschen der Zuschauer und schließe kurz die Augen. Erinnerungen, die man wegsperrt, die mögen nicht mehr tagtäglich präsent sein, aber vergessen sind sie deswegen noch lange nicht. Ich höre Simons aufgeregte Stimme, sehe ihn fast vor mir, wie er an der Linie meinen Namen brüllt, mich nach vorne treibt. Jared ist nur noch wenige Meter vor mir, und, das muss ich ihm zugestehen, er ist ziemlich gut in Form. Aber obwohl er alles gibt, ziehe ich an ihm vorbei, überquere die Ziellinie vor ihm und reiße die Arme in die Luft! Mein Jubelschrei wird von der Nacht verschluckt, als ich langsam ausrenne und meinen Siegestanz aufführe. Es fühlt sich fast wie damals an. Jared bleibt einige Meter vor mir stehen und stützt seine Hände auf die Oberschenkel. Er ist etwas aus der Puste geraten, was mir ein Grinsen ins Gesicht zaubert. Das und die Tatsache, dass ich wieder mal gerannt bin. Nicht nur emotional, sondern hier. In diesem Stadion.
    „Für einen alten Mann nicht schlecht gelaufen, Parker.”
    Er hebt den Kopf und sieht mich schwer atmend an.
    „Ha, ha.”
    Der erste Regentropfen trifft meine Haut und bevor ich mich versehe, prasseln große, dicke Tropfen auf unsere Köpfe. Die perfekte Abkühlung nach diesem Sprint. Ich lege den Kopf in den Nacken, schließe die Augen und lasse den Regen mein Gesicht benetzen. Jareds Hand greift nach meiner.
    „Komm, lass uns hier verschwinden.”
    Ich will noch nicht gehen. Ich will noch nicht zurück. Der Regen durchnässt mein T-Shirt, spült alte Erinnerungen davon und hinterlässt nun so etwas wie eine große Leere, in der ich nur Jareds Hand in meiner spüre. Wieso kann es nicht so bleiben? Wieso muss sich alles immer verändern? Ohne auch nur ein bisschen Rücksicht auf das Leben derer zu nehmen, die davon betroffen sind?
    Als ich die Augen öffne, weiß ich nicht, ob es Tränen oder Regentropfen sind, die ich auf meiner Wange spüre. Jared sieht mich besorgt an.
    „Lynn …”
    Es wird passieren. Es ist so unaufhaltsam wie dieses Gewitter. Das Gefühlsbeben in meinem Inneren hat mich oft erschüttert, aber ich konnte die Kollateralschäden in Grenzen halten.
    „Alles ist gut.”
    Er will mich an sich ziehen, aber ich wehre mich.
    „Nein! Nichts ist gut! Er war immer hier! Immer!”
    Jetzt hinterlässt dieses Beben einen Riss, der sich früher oder später zum San Andreas-Graben verbreitern wird.
    „Bei jedem Rennen. Bei jedem Training.”
    Meine Stimme zittert und ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten, als Jared beide Arme um mich legt und mich trotz meines schwachen Protests an sich zieht.
    „Er

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