Makers
Produkte) noch haben wollten. Der zermürbende Wettbewerb um dieniedrigsten Preise bei den großen Handelsketten erschwerte das Aufspüren von Nischenwaren immer weiter.
Ein halbes Jahrhundert später haben sich zwei Dinge geändert: Dank der Desktop-Fabber und durch den vereinfachten Zugang zu Produktionskapazitäten kann jeder mit einer Idee Geld mit der Herstellung materieller Waren verdienen. Und zweitens kann auch jeder, dank des Internets, seine Waren weltweit verkaufen. Die Einstiegsbarrieren für Unternehmer in die Produktion materieller Waren sinken rasant.
»Märkte der 10000« beschreibt eine erfolgreiche Nischenstrategie für Produkte und Dienstleistungen im Internet. Die Zahl ist groß genug, um ein Unternehmen darauf aufbauen zu können, aber klein genug, um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können und größere Konkurrenz zu vermeiden. Es geht dabei um die fehlenden Teile in der Massenfertigung, die Dunkle Materie im Markt – den Long Tail der Dinge. Hier bieten sich Gelegenheiten für kleinere, beweglichere Firmen, die aus eben jenem Markt heraus entstehen, den sie bedienen, und die mithilfe der neuen Werkzeuge einer demokratisierten Fertigung die alten Barrieren in Handel und Produktion umgehen können.
Besser noch, manche Firmen, die in kleinen Nischenmärkten beginnen, können zu großen Unternehmen heranwachsen.
Die ultimative Kombination aus Atomen und Bits
Zu Beginn des Jahres 2009 hätte man bei einem Besuch im TechShop, einem Makerspace in Menlo Park südlich von San Francisco, einen großen, recht schlaksigen Typ namens Jim McKelvey angetroffen, der an einer Werkbank mit einem kleinen Stück Plastik herumhantierte. Allem Anschein nach war er nur einer von vielen, die sich im Umgang mit der CNC-Maschine übten, wenn auch mit einem besonders unscheinbaren kleinen Projekt. Niemand ahnte damals, was dieser kleine Plastikwürfel eines Tages bewirken sollte.
McKelvey war damals 43 Jahre alt und ein Technologieunternehmer aus St. Louis. Im Jahr 1990 hatte er eine der ersten Digital-Publishing-Firmen gegründet, Mira, die während der ersten Multimediawelle von CD-ROMs und Online-Daten vor der Internetäraerfolgreich war. In jenen aufregenden frühen 1990er-Jahren trafen er und sein Team sich häufig in einem örtlichen Café zum Brainstorming. Eines Tages erzählte die Besitzerin des Cafés, Marcia Dorsey, dass ihr Sohn sich für Computer interessierte und nach einem Praktikumsplatz suchte. McKelvey lud ihn zu einem Gespräch in die Büros von Mira ein.
Am vereinbarten Termin saß McKelvey über seine Tastatur gebeugt bei dem verzweifelten Versuch, einen Abgabetermin noch einzuhalten, als ihm ein Jugendlicher auf die Schulter tippte und sagte: »Hi, ich bin Jack. Meine Mom sagte, Sie brauchen Hilfe.« McKelvey blickte überrascht auf (er hatte den Termin vergessen), sagte: »Hi. Könnten Sie kurz warten, bis ich das hier fertig habe?«, und machte sich wieder an die Arbeit.
30 Minuten später fiel McKelvey ein, dass er seinen Besucher komplett vergessen hatte. Er sah auf, und zu seiner Überraschung stand Dorsey immer noch an genau derselben Stelle mit an der Seite herabhängenden Armen. Er hatte sich eine halbe Stunde lang nicht gerührt und kein Wort gesagt. Das war ungewöhnlich, sogar für einen Programmierer.
Allerdings war es genauso ungewöhnlich für McKelvey, dass er den Jungen völlig vergessen hatte. (Dorsey erklärte zu seiner Verteidigung, er habe sich bestens damit unterhalten, McKelvey über die Schulter zu sehen und nach dem Fehler in seinem Programmcode zu suchen.) Aber es bedeutete nur, dass sie gut zusammenpassten. McKelvey ist bekannt für seine Eigenarten. Unter anderem verbrachte er drei Jahre damit, sich den dritten Satz von Beethovens »Mondscheinsonate« beizubringen, das bis heute einzige Stück, das er auf dem Klavier spielen kann.
McKelvey mochte Dorsey, und er stellte ihn auf der Stelle ein. Mit der Zeit entwickelten die beiden eine gute und erfolgreiche Beziehung zueinander, zwei der schlausten Computerfreaks in St. Louis, einer zehn Jahre älter als der andere. McKelvey lockte Dorsey langsam aus der Reserve, und Dorsey verblüffte alle mit seinen Programmierkünsten.
Schließlich verkaufte McKelvey Mira und wandte sich der Glasbläserei zu, ein Jugendtraum von ihm, und er beschloss, ein wahrer Experte auf diesem Gebiet zu werden (mehr davon gleich). Dorsey zog nach Oakland und schloss sich einem kleinen Internet-Start-upnamens Odeo an, das sich mit
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