Mala Vita
gefährlichste Killerin der Mafia eingestuft.«
»Glaubst du, ich schlafe bei der Arbeit? Ich habe längst in deinen Akten nachgesehen. Es stimmt!«
»Wann ist sie eingereist?«
»Heute vor zwei Wochen. Sie kam mit der Maschine aus Haifa in Bologna an, also noch vor Cardones Ermordung.«
»Und weshalb erfahren wir das erst jetzt?«, schimpfte d’Aventura und trat ungehalten gegen einen Laternenpfahl.
»Die vertrauliche Information habe ich unter der Hand bekommen. Offiziell wissen wir überhaupt nichts von ihrer Anwesenheit.«
»Was soll diese Geheimniskrämerei?«, fluchte d’Aventura los. »Weshalb sollen wir als Antimafiabehörde darüber nichts wissen?«
»Frag den Geheimdienst! Ich weiß nur, dass die Kollegen in der Questura von Bologna zufällig Wind von ihrer Einreise erhalten haben. Die Dame wurde sozusagen inkognito durch den Zoll geschleust. Ich verstehe das selber nicht.«
»Könntest du dich präziser ausdrücken? Was bedeutet ›durchgeschleust‹?«
»Bei den Kollegen lag die Info vor, Lorano sei eine mutmaßliche Mafiakillerin, und man wollte sie bei der Ankunft abfangen. Stattdessen wurde sie, sofern mich mein Informant richtig ins Bild gesetzt hat, vom Staatsschutz über die Grenze eskortiert. Ich konnte es zuerst nicht glauben und habe mich sofort mit den Beamten am Flughafen in Verbindung gesetzt. Sie haben mir klipp und klar bestätigt, dass man sie kurz vor dem Zugriff zurückgepfiffen hat. Wir sollen uns ans Innenministerium wenden. Da frage ich mich, warum.«
»Ich mich auch«, entgegnete d’Aventura nachdenklich.
»Mein Informant hat sich an die Eskorte drangehängt«, fuhr Venaro fort, »und mitbekommen, dass die Lorano mit einem dunklen Mercedes mit römischem Kennzeichen am Flughafen abgeholt wurde. Wenn du mich fragst, war die Ankündigung, dass Lorano in Italien einreist, lanciert.«
»Dann sollten wir herausfinden, wer von ihrer Ankunft erfahren sollte. Wir? Romano Grasso? Der militärische Geheimdienst?«
»Ehrlich gesagt«, erwiderte Venaro, »die ganze Angelegenheit stinkt inzwischen zum Himmel.«
»Steht fest, dass sie nicht nach Palermo weitergeflogen ist?«, fragte d’Aventura.
»Es gibt viele Wege, um nach Palermo zu kommen. Aber das ist jetzt meine Vermutung. Jedenfalls stand sie auf keiner Passagierliste. Theoretisch wäre es auch mit dem Auto oder mit dem Schnellzug möglich. Aber wie ich gerade sagte, sie ist abgeholt worden. Ich kann mir absolut keinen Reim darauf machen.«
»Haben wir den Autotyp und Kennzeichen?«
»S-Klasse und Kennzeichen des Innenministeriums.«
»
Dio mio!
Halten die in Rom uns für Idioten? Ich werde allmählich wahnsinnig. Was will sie in Bologna?«
»Zu deiner Information, ich habe sofort Pallardo angerufen, weil ich wissen wollte, ob der SISDE seine Finger drin hat. Aber der Oberst sagte, die Lorano würde seinen Dienst nicht im Geringsten interessieren. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, vermutlich war sie jedoch auf die Anwälte Senna und Pantrini angesetzt, denn zwei Tage nach ihrer Ankunft tauchte sie in einem siebener BMW in Premeno auf. Sie wurde dort zufällig von einem Dorfpolizisten gesehen, der mir die Signorina ziemlich gut beschreiben konnte. Er wusste zwar nicht, um wen es sich handelte, aber ihr außergewöhnliches Aussehen ist ihm aufgefallen. Aber da ist noch etwas …!«
»Und? Weiter!«
»Just zum gleichen Zeitpunkt tauchte Roberto Cardone in der Kanzlei seines Bruders auf. Das deckt sich mit deiner Ermittlung. Und nun frage ich mich, was das alles zu bedeuten hat.«
»Darauf sollten wir schnell eine Antwort finden, mein Lieber. Und klemm dich bitte dahinter, wer da noch seine Finger im Spiel hat. Ich werde das idiotische Gefühl nicht los, dass wir wie die Deppen an der Nase herumgeführt werden.«
»Dann geht es dir wie mir«, erwiderte Venaro trocken. »Ich habe mir die Akte dieser Dame angesehen. Das ist vielleicht ein Herzchen! Ich kann es dir mal vorlesen: Knapp vierunddreißig Jahre alt. Sie lebt seit dem zwölften Lebensjahr in Teverya, Israel, ein Kaff nahe der Golanhöhen. Abitur, Studium, Militär. Spezialausbildung in der Armee … Lieber Himmel!«, murmelte Venaro in den Telefonhörer. »Ihr Lebenslauf liest sich wie ein billiger Kriminalroman. Nahkampfausbildung und Expertin auf dem Gebiet der Pyrotechnik. Innerhalb von zwei Jahren avancierte sie zum Leutnant. Willst du noch mehr wissen?«
»Lies weiter!«, erwiderte d’Aventura. »Wenn sie Gebäude in die Luft sprengen kann, könnten
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