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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio M. Mancini
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nicht damit gerechnet, dich anzutreffen. Übrigens komme ich gerade von eurer Kanzlei, und ich bin, ehrlich gesagt, entrüstet.«
    Pantrini nickte und setzte eine Leidensmiene auf. »Lass dir mein herzliches Beileid sagen! Ein schrecklicher Verlust für dich, für uns alle! Ich finde keine Worte für das, was da geschehen ist. Diese grausame Fernsehübertragung hat mich völlig fertiggemacht. Die Bilder verfolgen mich im Traum. Ich habe nachts kein Auge zugemacht, so aufgewühlt hat mich die Sache.
Dio mio
, du musst dich schrecklich fühlen!«
    »Um ehrlich zu sein«, erwiderte Cardone gepresst, »ich würde mich am liebsten von irgendeiner Brücke stürzen, nur um diese Bilder wieder aus dem Kopf zu bekommen.«
    »Mach keine Dummheiten!«, entgegnete Pantrini. »Die Zeit heilt Wunden, so sagt man doch. Lass uns auf die Terrasse gehen, ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen.«
    »Das trifft sich gut, denn ich habe auch ein paar dringende Fragen«, erwiderte Cardone und kippte seinen Espresso mit einem Schluck hinunter.
    Die beiden ungleichen Männer setzten sich an den letzten Tisch auf der Terrasse. Eine ganze Weile saßen sie sich schweigend gegenüber, und es hatte den Anschein, als warte jeder darauf, dass der andere endlich das Wort ergriff. Und plötzlich erkannte Robert in den Augen Pantrinis, was er zuvor nicht ergründen konnte: Angst. Grauenhafte, verzweifelte Angst.
    Pantrini begann leise und nachdrücklich zu sprechen: »Du kommst gerade aus unserer Kanzlei, nicht wahr?«
    »Ja, das sagte ich doch soeben.«
    »Ich werde alt«, schalt der Anwalt sich lächelnd. »Dann weißt du auch, dass wir die Sozietät liquidieren.«
    Cardone hielt es für angebracht nicht zu antworten. Seine Ungeduld wuchs zunehmend, und er wartete darauf, dass Pantrini endlich fortfuhr. Offenbar suchte sein Gegenüber nach den passenden Worten.
    »Senna und ich, wir werden uns völlig aus dem Anwaltsgeschäft zurückziehen. Es ist aus und vorbei.«
    Das war für Cardone zwar nicht neu, aber die Art, wie Pantrini es formulierte, klang nicht danach, als sei die Schließung der Kanzlei freiwillig. »Und weshalb? Ich habe es bis jetzt noch nicht begriffen. Senna sitzt seelenruhig in seinem Büro, steckt kiloweise Kontoauszüge und Bankunterlagen in den Schredder und erzählt mir etwas von Rente. Ich habe ihn gefragt, weshalb ihr das tut, und er hat mich mit billigen Ausreden abgespeist. Ich glaube, er hält mich für völlig verblödet.«
    »Ich will deinen Vorwurf weder kommentieren noch möchte ich, dass du voreilige Schlüsse ziehst. Ich bitte dich auch, mir diesbezüglich keine Fragen zu stellen. Das wäre auch ganz bestimmt im Sinne deines Bruders. In Enricos Büro steht übrigens eine Kiste. Wir haben seine persönlichen Sachen hineingepackt. Ich habe in seinem Büro einen verschlossenen Umschlag gefunden. Er ist an dich gerichtet. Er liegt ungeöffnet in der Kiste. Senna weiß nicht, dass ich ihn hineingelegt habe. Behalte es aber bitte für dich, ich will nicht …«
    »Die Kiste habe ich mitgenommen«, schnitt Cardone dem Anwalt das Wort ab. »Sie ist bereits in meinem Auto. Übrigens, ich lasse mir nicht den Mund verbieten, Matteo! Und deshalb frage ich dich: Weshalb lasst ihr tonnenweise Unterlagen verschwinden?«
    Pantrinis Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Dann nahm er die Nickelbrille ab und polierte mit seinem Einstecktuch die Gläser. Umständlich setzte er die Brille wieder auf und erwiderte eisig: »Wir lassen nichts verschwinden. Wir entsorgen nur Müll, uralte Korrespondenzen, alte Gerichtsakten.«
    Cardone lachte auf. »Eine ganze Lkw-Ladung?«
    »Unsinn! Der Servicewagen macht bei verschiedenen Firmen seine Runde. Bei dieser Gelegenheit hat er unseren Abfall mitgenommen.«
    »Ja, ja … Abfall. Und wer sind die Dreizehn?«
    Pantrini erstarrte und riss die Augen auf. »Ich verstehe nicht … Äh …, was meinst du?«
    »Hab ich vorhin auf Sennas Schreibtisch gelesen. Was hat es mit den Kontonummern auf sich?«
    Pantrini zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und betupfte sich die Stirn. »Davon weiß ich nichts. Da hättest du Senna fragen sollen.«
    Cardone schwieg. Er glaubte diesem kleinen Rechtsanwalt kein Wort. Aber so, wie es aussah, würde er auch nichts Bedeutsames von ihm erfahren.
    »Und was hast du jetzt vor?«, hörte er Pantrini fragen.
    Er blieb vorsichtig und antwortete ausweichend. »Darüber muss ich nachdenken. Trotzdem würde mich interessieren, weshalb du Senna misstraust. Ich meine, du

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