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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio M. Mancini
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verwöhnten Gourmets herumgesprochen. Das Ristorante war zwar nicht gerade Cardones Preisklasse, aber um diese Uhrzeit war es wahrscheinlich, dass er dort ungestört sein würde und die Ruhe fand, die er jetzt zum Nachdenken brauchte.
    Er hoffte, unbehelligt durch das Zentrum von Premeno zu kommen. Er wollte nicht ständig von den Leuten auf die Ermordung seines Bruders angesprochen werden. Offen zur Schau gestellte Trauer, die man an diesen abgeschiedenen Ort noch erwartete, erschien ihm wie eine exhibitionistische Seuche, mit der man sich auf der Dorfstraße bei Nachbarn einen oder zwei Tage lang interessant machen konnte, bevor man wieder in dumpfe Bedeutungslosigkeit eintauchte.
    Er passierte die Villa Bernocchi mit ihrer blumenreichen Parkanlage und erreichte den Parkplatz. Eine dunkelblaue BMW -Limousine mit getönten Scheiben, die neben seinem Fiat parkte, fiel ihm sofort auf. Beim Näherkommen registrierte er das Mailänder Kennzeichen und eine dunkelhaarige Frau auf dem Fahrersitz. Sie prüfte im Kosmetikspiegel ihr Make-up, und wenige Sekunden später zog sie sich mit einem Stift die Konturen ihrer Lippen nach. Aufgrund der getönten Scheiben konnte er allerdings nichts Deutlicheres erkennen.
    Nachdenklich stellte er die Kiste in den Kofferraum, stieg in seinen Wagen und startete nach mehreren vergeblichen Versuchen den Motor.
    Die Fahrt hinauf zum Pian di Sole führte ihn vorbei an ländlichen Villen und großzügigen Anwesen reicher Mailänder, an saftigen Wiesen und ausgedehnten Kastanienwäldern. Die einmalige Landschaftskulisse mit dem Blick hinunter auf die Seestädtchen Cannero, Oggebbio und Ghiffa sowie auf den See konnten ihn von seinem Schmerz und seiner Trauer kaum ablenken. Zu allem kam nun noch ein diffuses Gefühl unerklärlichen Ärgers hinzu.
    Wenige Minuten später erreichte er die noble Golfanlage, in der sich an den Wochenenden die Reichen und Schönen Mailands einfanden. Wie erwartet, standen nur wenige Fahrzeuge vor dem Clubhaus. Die Tische auf der überdachten Terrasse waren gedeckt, jedoch noch ohne Gäste. Er stellte seinen Wagen im Schatten einer riesigen Platane ab und trat ins Lokal. Auch drinnen im Gastraum hielt sich niemand auf. Nur an der Cafébar stand ein schmächtiges Männchen, das sich angeregt mit dem Kellner unterhielt. Halb auf dem Barhocker sitzend und seinem Gesprächspartner zugewandt, hielt er eine Espressotasse in der Hand. Obwohl Cardone ihn nur von hinten sehen konnte, erkannte er den Mann sofort: Sennas Kollege Pantrini.
    Der Rechtsanwalt hatte die Schritte gehört, drehte den Kopf und sah Cardone mit fragendem Blick entgegen. Für einen Augenblick schien er nachzudenken. Dann erkannte er ihn. Seine entspannte Miene veränderte sich unvermittelt. Der Schreck stand ihm ins Gesicht geschrieben. Nervös blinzelte er durch seine Nickelbrille, doch sehr schnell schien er sich wieder in der Gewalt zu haben. Mit seinem schütteren, zwischen grau und schwarz changierenden Haar, das er peinlich genau so hingekämmt hatte, dass der Großteil seiner Halbglatze bedeckt wurde, war Pantrini einer dieser nichtssagenden Männer, wie man sie in jedem italienischen Finanzamt traf.
    »Roberto …!«, entfuhr es ihm. Er stellte seine Tasse ab und einem Heilsbringer gleich schritt er mit weit ausgebreiteten Armen Cardone entgegen. »Wer hat dir gesagt, dass du mich hier findest?«
    »
Buongiorno
, Matteo«, erwiderte dieser kühl und schlug in die dargebotene Hand ein. Es war eine kalte, schlaffe Hand, die leblos wirkte und abstieß. Mit gleichmütiger Miene wandte Cardone sich an den Kellner.
»Un espresso, prego.«
    Er wandte der Bar den Rücken zu und lehnte sich an den Tresen, um der Umarmung des Anwaltes zu entgehen. Aus der Vergangenheit wusste Cardone, dass dieser kleine Anwalt über einen scharfen Verstand verfügte und man seine zuweilen messerscharfe Zunge fürchtete, die ihn zu einem unbequemen Gesprächspartner machte. Es gab zwar keinen Grund, Pantrini zu misstrauen, aber dennoch hatte Cardone ein ungutes Gefühl, ihm jetzt gegenüberzustehen. Er versuchte seine Unsicherheit zu überspielen und so unbefangen wie möglich zu wirken. Der schmächtige Anwalt mit dem gemütlichen Kugelbauch schob die Nickelbrille zurecht, während seine Augen hin und her huschten, als habe man ihn in die Enge getrieben. In seinem Blick lag etwas, was Roberto sich nicht erklären konnte. »Ich bin zufällig hierhergekommen«, bemerkte er. »Ich wollte hier eine Kleinigkeit essen und habe

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