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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio M. Mancini
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legst heimlich einen Brief zum Nachlass meines Bruders. Wer weiß, vielleicht steht etwas drin, was euch unangenehm werden könnte?«
    Pantrinis Körper schien resignierend in sich zusammenzusinken. Unvermittelt griff er nach Cardones Arm und hielt ihn mit einer Kraft fest, die ihm dieser nicht zugetraut hätte. »Kann sein, kann nicht sein. In dieser Kanzlei hat keiner keinem getraut. Wir haben mit der Arbeit unsere Unschuld verloren.« Er senkte den Kopf, und wie zur Bestätigung wiederholte er kaum hörbar die Worte: »Die Unschuld verloren …«
    »Du sprichst in Rätseln«, erwiderte Cardone ungehalten und entzog sich dem verzweifelten Griff, indem er sich zurücklehnte und die Arme verschränkte. »Was meinst du damit?«
    »
Dio mio!
Gute Rechtsanwälte sind die Folge von schlechten Menschen.«
    Cardone musste unwillkürlich lächeln. »Welch eine zynische Logik! Immerhin vertreten sie das Recht …«
    »Rechtsanwälte vertreten nicht das Recht, sondern ihre Mandanten«, verbesserte ihn Pantrini bitter. »Und trotzdem … Irgendwann tut man etwas, was man besser unterlassen hätte. Die schlimmsten Fehler macht man, wenn man einen begangenen mit einem neuen Fehler gutmachen will. Plötzlich stellst du fest, dass du selbst zu einem großen, unübersehbaren Fehler geworden bist. Aber lassen wir das Philosophieren! Sieh zu, dass du beim Nachlassgericht alles regelst! Enrico ist nicht arm gewesen. Was er dir hinterlässt, reicht, damit du in Zukunft einigermaßen über die Runden kommst.«
    »Ich bin nicht nach Premeno gekommen, weil ich eine Erbschaft antreten wollte, Matteo! Das Einzige, was mich wirklich interessiert, ist der Grund für die Ermordung meines Bruders.«
    »Madonna!«,
stieß Pantrini aus, und wieder packte er Cardone am Arm. »Sei doch nicht so verdammt starrköpfig! Das macht Enrico nicht wieder lebendig. Abgesehen davon stellst du deine Fragen am falschen Ende Italiens.« Pantrinis eindringliche Worte klangen in Cardones Ohren wie eine Warnung.
    »Ich war bei den Carabinieri in Bologna und in Palermo, obwohl man mir abgeraten hat, nach Sizilien zu fahren. Dort sagte man mir, der Fall sei politisch. Nachrichtensperre. Ich habe seit Tagen das Gefühl, als renne ich gegen eine Betonwand!«
    »Du hättest um Palermo einen Bogen machen sollen, einen sehr großen Bogen«, betonte Pantrini düster. »Während der Ermittlungen wird dir kein Richter die Möglichkeit einräumen, Enrico zu sehen.«
    Cardone blickte irritiert auf. »Das werden wir noch sehen! Ich gebe nicht auf, darauf kannst du dich verlassen. Kein Gericht der Welt kann mich davon abhalten, von meinem Bruder Abschied zu nehmen. Auch wenn er derzeit in Palermo im gerichtsmedizinischen Institut liegt.«
    Pantrini lächelte herablassend. »Lass die Dinge ruhen! Im Recht zu sein, kann zu einem entscheidenden Nachteil werden.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Nichts«, antwortete Pantrini. »Außerdem …«
    »Was, außerdem?«
    »Was soll an Enricos Ermordung politisch sein? Welcher Idiot hat dir diesen Schwachsinn eingeflüstert? Jeder zweite Mensch hat schon mindestens einmal an Mord gedacht. Frage einfach mal Eheleute! Nebenbei bemerkt, ich habe vorhin nicht die Carabinieri gemeint, als ich sagte, dass du die Fragen am falschen Ende Italiens stellst«, fügte er hinzu und schüttelte den Kopf.
    »Wen denn sonst?«
    »Lassen wir das besser!«, antwortete Pantrini brüsk. Er schien sich für einen Moment zu besinnen und sagte nach einer Weile nachdenklich: »Das habe ich nur so dahergesagt. Vergiss es einfach!«
    »Niemand sagt etwas ohne Grund. Du auch nicht, Pantrini. Irgendwie habe ich den Eindruck, ihr beide, Senna und du, ihr wollt partout etwas verbergen. Es stimmt, was man sagt: Nirgendwo wird mehr gelogen als vor Gericht und an Gräbern. Aber dass ihr zwei mich anlügt …«
    Pantrinis Blick verengte sich wieder. »Weshalb gehst du nicht einem stinknormalen Beruf nach und heiratest? Suche dir eine Frau, gründe eine Familie und zeuge ihr ein paar Söhne, dann tust du wenigstens etwas Sinnvolles! Mach dir ein schönes Leben! Enrico hat dir genug hinterlassen, es dürfte für dein restliches Leben ausreichen.«
    »Mit anderen Worten, ich soll alles schweigend hinnehmen, was du mir auftischst?«
    »Wenn es sich als klüger erweist zu schweigen, sollte man auch schweigen können. Offensichtlich kannst du weder schweigen noch bist du klug.«
    Rosanna kam Cardone in den Sinn und das, was sie ihm in Bologna auf der Piazza Maggiore

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