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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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schlug sich mit seiner Definition des Begriffs Reue herum; sie kam ihm unbeholfen vor, ohne dass er etwas daran ändern konnte. Genauso wenig wie an seinem Leben.
    »Gegen sechs werde ich das Fleisch auf den Grill legen«, sagte er. »Ich muss mein Kapitel beenden.«
    Gemessenen Schrittes ging er zurück auf die Veranda, die heute Abend für die Gäste geschlossen blieb.
    »Sein Kapitel? Was meint er damit?«, fragte Warren.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Maggie. »Und vielleicht ist es für unser aller Wohl besser, wenn es nie jemand herausfindet.«
    *
    Drei Stunden später war der Garten brechend voll; niemand aus der Nachbarschaft hätte diesen Termin versäumen wollen. Man bereitete sich auf einen langen Abend vor, schließlich war es außergewöhnlich mild für die Jahreszeit, das ideale Wetter für eine Gartenparty. Was die Kleidung betraf, hatten sich alle in Schale geworfen. Die Damen trugen zum ersten Mal ihre Sommerkleider, weiße oder bunt gemusterte; die Herren hatten sich für Leinenhosen und kurzärmelige Hemden entschieden. Das Büfett mit diversen Salaten und Soßen war am Ende des Gartens aufgebaut, rechts und links flankiert von je einem Fässchen Rot- und Weißwein. Ein paar Meter weiter hatten sich ein paar Neugierige um den noch kalten Grill versammelt, sie warteten ungeduldig darauf, dass er angezündet wurde. Maggie empfing ihre Gäste überschwänglich, lotste sie zu dem Stapel Teller und gab auf die Fragen, die sie erwartet hatte, die Antworten, die sie vorbereitet hatte. Hier in der Normandie leben zu dürfen, in dem Land, das die Generation ihrer Eltern so sehr geliebt habe, mache sie unglaublich glücklich. Sie führte alle durchs Haus, stellte jedem Neuankömmling ihre beiden Kinder vor, deren Aufgabe es war, die Schar der Gäste gerecht untereinander aufzuteilen und sie so gut wie möglich zu unterhalten. Sie notierte sich eine Menge Telefonnummern und nahm jede Gegeneinladung an, auch die einer Bürgerinitiative, die gegen eine geplante Neubausiedlung kämpfte. Wie hätten die Gäste ahnen können, dass ihr aller Privatleben für Maggie bald kein Geheimnis mehr war?
    Belle zog mehr Leute an als ihr Bruder. Das war schon immer so gewesen. Für sie interessierten sich Männer wie Frauen, junge Menschen wie nicht mehr ganz so junge und sogar die, die sich vor Schönheit in Acht nahmen, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Belle verstand es gut, die Rollen zu vertauschen und den Gast zu spielen und sich bedienen zu lassen. Sie musste einfach sie selbst sein und sich vorstellen, dass das ihr Publikum war. Warren hingegen, um den sich ein Grüppchen Erwachsener drängte, litt bereits unter der Zudringlichkeit. Seit seiner Ankunft in Frankreich hatte man ihm Tausende von Fragen über das amerikanische Leben und die amerikanische Kultur gestellt. Die häufigsten Fragen hatte er in einer Art Hitliste festgehalten: Was ist ein Home Run ? Was ein Quarterback ? Grillt ihr tatsächlich Marshmallows über offenem Feuer? Haben alle Spülbecken in Amerika Abfallzerkleinerer? Was bedeutet trick or treat? Usw.Manche Fragen überraschten ihn, andere nicht, und je nach Laune kämpfte er gegen die Klischees an oder bestätigte sie. Heute Abend musste er wider Erwarten keine Fragen beantworten, sondern den nicht enden wollenden Berichten derer lauschen, die schon einmal auf der anderen Seite des Ozeans gewesen waren. Zum Beispiel der Nachbar, der am New-York-Marathon teilgenommen hatte.
    »Nach dem Lauf bin ich in das Old Homestead Steak House, Ecke 56. Straße/9th Avenue essen gegangen. Kennst du das?«
    Bis zu seinem sechsten Lebensjahr war Warren vielleicht zehnmal in New York gewesen. Er war in Spielzeuggeschäften, auf einer Eisbahn und einmal in einem Krankenhaus gewesen, wo ein Facharzt für Asthma ihn untersucht hatte. Aber nie und nimmer in einem Restaurant, in dem man gegrilltes Fleisch servierte. Also schwieg er, was den Läufer aber gar nicht aus dem Konzept brachte:
    »Auf der Karte gab es nur zwei Gerichte: ein Steak less than a pound und ein Steak more than a pound . Ich hatte also die Wahl zwischen einem Stück Fleisch, das weniger oder das mehr als fünfhundert Gramm wiegt. Ich habe mich für das leichtere Stück entschieden. Und obwohl nach zweiundvierzig Kilometern mein Magen ganz schön geknurrt hat, musste ich die Hälfte liegen lassen.«
    Einem anderen Gast kam diese Geschichte gerade recht, denn sie bot ihm die Gelegenheit, von einem Mittagessen in Orlando zu

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