Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
alter Dämonen. Zu der Zeit, als er sich mit seinen Freunden auf der Mulberry Street herumtrieb, war das Leben eines Menschen nur das wert, was man in seinen Hosentaschen fand. Hätte ihn nicht irgendein guter Geist dazu gebracht, zum FBI zu gehen, er wäre wahrscheinlich ein gnadenloses Mitglied der Cosa Nostra geworden.
»Gibst du mir ein Glas, Fred?«
Fred seufzte erleichtert. Das Gespenst von Giovanni Manzoni war verschwunden wie ein schlechter Traum. Und Frederick Blake, der amerikanische Schriftsteller, der sich in der Normandie niedergelassen hatte, war wieder zur Stelle.
»Probier mal die Sangria, Tom«, sagte er und ließ den Schürhaken fallen.
*
Die Party hatte sich hingezogen, Maggie lag im Bett, gähnte und wollte sofort in Tiefschlaf versinken. Fred zog seinen Pyjama an und legte sich zu seiner Frau. Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und schaltete die Nachttischlampe aus. Dann sah er zur Decke und sagte nach einem Augenblick des Schweigens:
»Danke, Livia.«
Er nannte sie nur bei ihrem richtigen Vornamen, wenn er glaubte, sich bedanken zu müssen. Eigentlich wollte er damit sagen: Danke, dass du mich nicht verlassen hast, trotz der vielen Unannehmlichkeiten. Ohne dich hätte ich das alles nicht durchgestanden. Das weißt du. Danke auch für … Es gab eine Menge Sachen, die er lieber nicht aussprach – danke zu sagen überstieg seine Kräfte. Er spürte, wie sie allmählich einschlief, dann wartete er einen Augenblick, kletterte aus dem Bett, zog seinen Morgenmantel an und schlich wie ein Dieb vorsichtig die Treppe hinunter zur Veranda.
Die Müdigkeit war verschwunden. Er setzte sich vor die Schreibmaschine, machte die Lampe an und las die letzten Zeilen des Kapitels.
Wie ich die Stadt vermisse, in der ich geboren bin und in der ich leider nicht sterben werde. Alles vermisse ich, die Straßen, die Nächte, meine grenzenlose Freiheit, die Freunde, die mich abends an ihr Herz drückten und mir am nächsten Tag vielleicht eine Kugel durch den Kopf jagen wollten. Ja, auch die vermisse ich. Ich weiß nicht, warum. Damals musste ich nur zugreifen, und alles gehörte mir. Wir waren Könige, und Newark war unser Königreich.
Drei
Schon zweimal hatte der Klempner den Termin verschoben. Maggie hatte ihn quasi auf Knien gebeten, an diesem Morgen vorbeizukommen. Blöderweise musste sie kurzfristig in der Früh selbst zu einem wichtigen Termin nach Evreux. Der Gedanke, den Klempner allein in Empfang nehmen zu müssen, gefiel Fred überhaupt nicht, er flüchtete auf die Veranda.
»Lass die Tür offen. Es wäre zu blöd, ihn zu verpassen«, sagte Maggie und ging.
Mit einem halben Ohr Richtung Eingang vervollständigte Fred seine Liste, die ihm als Plan für das zweite, dritte und vierte Kapitel seiner Memoiren dienen sollte.
1. Die Jahre als » Schuhputzer «
- Vier Jahre Zusammenarbeit mit Jimmy
- Die Hunderennbahn
- Das Fuhrunternehmen Schultz
- Der Gemüsemarkt in der Pearl Street
- Gewinne, die in die Tiefbaufirma investiert wurden
Porträt der Leute, mit denen ich damals zu tun hatte: Curtis Brown, Ron Mayfield, die Brüder Pastrone
2. Die Jahre als » Malocher «
- Die Scheinfirma Excavation Works and Partners und ihre Tochterunternehmen
- Die Mädchen vom Bonito Square
- Die Reise nach Miami (Der Nichteinmischungspakt und seine Folgen)
Sowie: der kleine Paulie, Mishka und Amadeo Sampiero
3. Die Jahre in der Familie
- Kennenlernen von Livia
- Don Mimino
- Der Vertrag mit Esteban
- Der Verlust des East End
Sowie: Romana Marini, Ettore junior, Cheap J.
Fred fühlte sich in seinem Element und wollte gerade die nächsten Kapitel skizzieren, als ihn die Türklingel aus seinem Arbeitsfluss riss – noch ein Grund mehr, den erbärmlichen Handwerker zu hassen, der hereingelassen werden wollte. Wenn er da an die Zeiten dachte, als er der Held der Baugewerkschaften von New Jersey war. Die mächtigsten Unternehmer aus der Gegend hatte er damals in die Knie gezwungen, damit sie die Geschäfte seines Clans nicht behinderten. Und so bedachten, ohne dass er es gewollt hatte, verschiedene Berufsverbände, darunter auch die Klempner, Giovanni Manzoni mit kleinen Aufmerksamkeiten. Von nun an entsprachen etwa Ausstattung und Wartung der sanitären Anlagen im Haus der Manzonis dem Standard des Weißen Hauses.
Fred öffnete einem großen, ziemlich beleibten Mann in abgewetzten Jeans und ausgebleichtem Sweatshirt die Tür. Der begutachtete erst einmal ausgiebig das Wohnzimmer und hinterließ dabei
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