Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
Beamter. Eine steile Karriere hatte er nicht gemacht, dafür hat er sich eine Menge Ärger erspart. Und die anderen Schlaumeierhatten seine Entscheidung akzeptiert. Obwohl er das Zeug zu einem capo hatte. Nur Gott weiß, mit welch großartigen Ideen er die Mafia in eine sichere Zukunft geführt hätte.«
Wie sollte er diesen Redeschwall, dieses dümmliche und schäbige Geprotze stoppen, mit dem er jeden in seiner Umgebung in die Scheiße ritt? Tom überlegte. Wie konnte er diesem Dreckskerl das Maul stopfen?
Einem Zuschauer gelang es, indem er die Hand hob – zumindest für ein paar Sekunden.
»Wenn uns das Gangsterkino etwas näherbringen will, dann vielleicht die Idee der Sühne. Seit über dreißig Jahren scheint mir der Mafia-Film ein Kino der Läuterung zu sein.«
»Sühne? Ich bin mir nicht sicher, ob die meisten Typen überhaupt wissen, was dieses Wort bedeutet. Und mal ehrlich, glauben Sie an den Blödsinn? Warum sollte ein Kerl, der gerade den Schädel seines besten Freundes in die Luft gejagt hat – wahrscheinlich wegen irgendwelcher Betrügereien beim Buchmacher –, warum sollte der plötzlich Jesus spielen wollen? Schuld und Schuldgefühl sind eine Erfindung der Intellektuellen. Reden wir kurz über Gigi Marelli, er ist erst vierzehn Jahre alt, aber schon ein Vollstrecker, ein Babykiller, wie man diese Jungs nennt. Gigi hatte den Spitznamen lampo , Blitz. Sechs bis sieben Aufträge hat er ungefähr pro Jahr erledigt, zwei Gorillas passten Tag und Nacht auf den Kleinen auf. Eines Tages bekam er einen Spezialauftrag: Er sollte seinen eigenen Vater beseitigen. Der Alte hatte eine Menge Unsinn angestellt, und der capo bestand darauf, dass sein eigener Sohn diesen Job erledigt. Nach getaner Arbeit ging Gigi zu seiner Mutter und informierte sie höchstpersönlich. Bei der Beerdigung hielten beide sich in den Armen. Schuldgefühle? Das sind griechische Tragödien, die da tagtäglich in Brooklyn und New Jersey passieren. Genügend Material, um daraus Stücke zu machen oder neue Theorien für den Psychiater.«
Quint griff nach seinem Handy und rief die Kommandozentrale an, Di Cicco war am Apparat.
»Weck Maggie auf.«
»Sie ist hier.«
»Dann gib sie mir, sofort.«
Im Saal gingen zwanzig Hände gleichzeitig hoch. Man hatte das Rühren der Werbetrommel in der ganzen Stadt gehört, der Gemeindesaal wurde voller und voller. Und Fred glühte. Seine Darbietung erinnerte an einen Schauspieler, aber auch an einen Geschichtenerzähler. Sie war eine Mischung von versteckter Beichte und gewolltem Drama. Fred badete im Scheinwerferlicht, was ihn für die mageren Jahre voller Groll, die hinter ihm lagen, ein wenig entschädigte.
»Um auf Ihre Anfangsfrage zurückzukommen, ja, man kann Gangstern auf der Straße begegnen. Sie wollen Namen? James Alegretti, genannt Jimmy The Monk. Vincent Alo, genannt Jimmy Blue Eyes. Joseph Amato, genannt Black Jack. Donald Angelini, genannt The Wizard of Odds. Alphonse Attardi, genannt The Peacemaker …«
Die logische Folge dieser munteren Aufzählung: Fred würde sich verraten. Dessen war Tom sich sicher.
»John Barbato, genannt Johnny Sausage. Joseph Barbozo, genannt Joe The Animal. Gaetano Cacciapoli, genannt Tommy Twitch. Gerald Callahan, genannt Cheesebox. William Cammisario, genannt Willie The Rat …«
Die Allerletzte, die zur Saaltür hereinkam, war Maggie. Langsam ging sie den Gang entlang, ohne den Mann auf der Bühne aus den Augen zu lassen, der sie an einen anderen erinnerte. Dieser andere hieß Giovanni, vor langer Zeit hatte sie sich in ihn verliebt. Warum in ihn, warum in Manzoni, diesen Schuft, der nur mit Gaunern seines Kalibers herumhing? Niemand wusste eine Antwort auf diese Frage, nicht einmal sie selbst. Sie kannte ihn damals nur vom Hörensagen. Bei einer Tanzparty in der East Huston Street an San Gennaro hatte sie ihn zum ersten Mal gesehen. Er und seine Kumpel tranken und jagten irgendwelchen Röcken hinterher. Später am Abend, als eine Handvoll Mädchen davon träumte, dass der schöne Giovanni sie nach Hause begleitete, forderte der stattdessen die nicht gerade hübsche Maria la Ciociara zum Tanzen auf. Den ganzen Abend hatte sie still herumgestanden, und jetzt nahm Giovanni sie in die Arme – da hatte Livias mitfühlsames Herz begonnen, heftig für ihn zu schlagen.
»Frank Caruso, genannt Frankie The Bug. Eugene Ciasullo, genannt The Animal. Joseph Cortese, genannt Little Bozo. Frank Cuccharia, genannt Frankie The Spoon. James De-Mora, genannt
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