Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
bereit war, nur um ein Kind zu bekommen. Da habe ...
Das Telefon läutete. Mit einem Fluch auf den Lippen stand Fred auf und nahm das Gespräch an. Am anderen Ende der Leitung brachte Di Cicco kaum ein Wort heraus.
»Manzoni, sag, dass es nicht wahr ist! Du hast es nicht gewagt!«
»Was soll ich nicht gewagt haben?«
Mit dem Telefon in der Hand trat der G-Man mit den Füßen gegen das Feldbett, um seinen Kollegen aufzuwecken. Durch das Fenster sah er, wie ein Typ in beigen Bermudashorts und T-Shirt eine Hausnummer in der Rue des Favorites suchte.
»Ist das dein Neffe da draußen?«
»Ben ist schon da? Ich komme.«
Voller Freude legte er auf und stürzte nach draußen.
»Sag dem Boss Bescheid!«, schrie Di Cicco Caputo an, dessen Traum, aus dem er gerade erwachte, sich in einen Albtraum zu verwandeln begann. Fred umarmte gerade mitten auf der Straße seinen Neffen.
Benedetto D. Manzoni, den in der Familie alle nur Ben nannten, während seine Arbeitskollegen ein einfaches »D« vorzogen, war zum ersten Mal in Europa. Nach so vielen Jahren wollte er seinen Onkel wiedersehen. Ein Telefonanruf von ihm hatte genügt, der Wunsch des Onkels war ihm Befehl.
»Wie war der Flug?«
»Ein bisschen lang. Ich bin das nicht gewöhnt.«
»Du bist etwas kräftiger geworden?«
»Ja. Die Mädchen sagen, dass es mir steht.«
Ben war mittelgroß, hatte schwarzes Haar und dunkelbraune runde Augen, die an Murmeln erinnerten; er war wie immer schlecht rasiert, die Hände hatte er in den Hosentaschen vergraben. Ben gab nach wie vor den lässigen Jugendlichen, auch wenn er bald dreißig wurde. Er mochte es schon immer ungezwungen, Bequemlichkeit war ihm wichtiger, als gut angezogen zu sein. In den vielen Taschen seiner berühmten Bermudashorts steckte das, was er unbedingt brauchte: seine Papiere, ein paar Souvenirs und ein Überlebens-Kit – und in seiner Tarnjacke das, was seinem Herzen und seinem Gemüt Freude bereitete: ein, zwei Bücher, ein paar Joints, ein Handy und ein Videospiel. Fred, der nicht wusste, was er sagen sollte, umarmte erneut tief bewegt seinen Lieblingsneffen. Ben war ein echter Manzoni. Er hatte das Gesicht eines Manzoni und die Ansichten eines Manzoni. Fred fand schon immer, dass die Beziehung zwischen Onkel und Neffe eine besondere war. Man mochte sich, ohne dass man einander verpflichtet war, und trotzdem verband einen ein starkes und festes Band. Bei Ben konnte er den Autoritären spielen, und es würde ihm auch nichts ausmachen, wenn sein Neffe sich darüber lustig machte. Was natürlich noch nie vorgekommen war.
Aus dem Augenwinkel bemerkte der Onkel zwei Gestalten, die aus einem Fenster der Nummer neun herübersahen.
»Gehen wir als Erstes zu den Agenten. Dann haben wir’s hinter uns.«
Di Cicco und Caputo sahen die beiden kommen und ließen sich in ihre Sessel fallen. Sie waren sprachlos, wie hatte Blake sie nur so reinlegen können?
»Wenn ich euch um die Erlaubnis gebeten hätte, meinen Neffen einzuladen, hättet ihr dann Ja gesagt?«
»Niemals.«
»Sechs Jahre haben wir uns nicht gesehen. Er ist wie ein Sohn für mich. Er hat keinen Kontakt mehr zur Cosa Nostra. Aber das wisst ihr ja.«
Nach dem Prozess, der die fünf Familien stark dezimiert hatte, war es für jeden, der den Namen Manzoni trug, klug gewesen, das Weite zu suchen. Kein Cent war für einen Manzoni bei der Mafia mehr zu verdienen. Dass sein Onkel ein Verräter war, kam Benedetto teuer zu stehen. Er hatte alle seine Freunde verloren, aber auch seine Ehre und seinen Namen. Er musste die Seiten wechseln, sein Geld von nun an auf ehrliche Weise verdienen. Das Problem allerdings war, dass Benedetto keinerlei Fähigkeiten besaß, mit denen er auf anständige Weise punkten konnte.
»Manzoni, das wird böse enden«, sagte Caputo. »Seit wir in diesem Kaff sind, tun wir nichts anderes, als den Schwachsinn, den ihr veranstaltet, wieder zurechtzurücken. Auf euch vier aufzupassen ist schon schwer genug. Aber nein, jetzt müsst ihr auch noch einen Fünften aus dem Hut zaubern.«
»Ben fährt morgen wieder. Ich wollte ihn nur an mein Herz drücken. Das musst du, Caputo, als Italiener doch verstehen.«
Di Cicco griff nach dem Fax, das gerade angekommen war, und las es laut vor:
» Benedetto D. Manzoni, dreißig Jahre alt, Sohn von Chiara Chiavone und Ottavio Manzoni, dem älteren Bruder Giovanni Manzonis. Gestorben 1982. Wofür steht das D? Für Dario? Für Delano? Für Dante? Für Daniel? Rede.«
Tausendmal war er das schon
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