Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
auf eigenen Füßen zu stehen. Wir werden also bald allein sein, nur du und ich. In Frankreich habe ich inzwischen meinen Lebensweg gefunden, den ich problemlos weitergehen kann. Ob ich das aber mit dir gemeinsam tun will, weiß ich nicht. Vielleicht kann ich sogar in ein paar Jahren, wenn wir geschieden sind, zu meiner Familie in die USA zurückkehren. Du aber wirst hier sterben. Ich nicht. Ich verlange nicht, dass du dich änderst, Giovanni. Ich verlange aber, dass du dich schon mal an diesen Gedanken gewöhnst.«
Sie verließ das Wohnzimmer und ging schlafen, ohne ihm die Möglichkeit zu einer Reaktion zu geben. Auf den Schreck schenkte er sich ein zweites Glas ein und trank es in einem Zug aus. Fred hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit dem Schlimmsten: mit der Drohung, sie könnte allein und ohne ihn in die USA zurückkehren. Es war das allererste Mal, dass Maggie so etwas äußerte – auch wenn es in gewisser Weise nachvollziehbar war. Ein regionaler Radiosender berichtete von dem Feuer bei Carteix. Man vermutete einen kriminellen Hintergrund. Er drehte den Ton ab und blickte nach draußen. Auf der Straße ging es hektisch zu, die Nachbarn liefen im Morgenmantel umher, in der Ferne hörte man Sirenen. Dieser Tag, der schon viel zu lange dauerte, hatte ihn müde gemacht. Fred ging auf seine Veranda, vielleicht konnte er seinen Fingern doch noch ein paar Sätze entlocken. Die Memoiren waren von nun an die einzige Verbindung, die es zwischen Fred Blake und Gianni Manzoni gab.
Doch diese Verbindung wurde zunächst einmal gestört, denn ein Mann berat den Garten. Quintiliani kam von hinten, er wollte nicht läuten. Nach Bens Vortrag und Maggies Donnerwetter wartete nun die dritte Strafpredigt an diesem Abend auf ihn.
»Manzoni, man hätte erwarten können, dass der Prozess, die Demütigung und das Exil dich zum Nachdenken bringen. Oh, ich rede nicht von Gewissensbissen und Reue. Man darf nicht zu viel verlangen. Weißt du, wieso du noch immer solche Verbrechen wie heute Abend begehen kannst? Weil du nie für deine Taten bezahlt hast. Zwanzig oder dreißig Jahre in einer Zelle von sechs Quadratmetern – und du hättest dich gefragt: War es die Sache wert?«
»Ein jeder bezahle für seine Schuld! Du glaubst noch immer an den Unsinn?«
»Mit Ausnahme von drei oder vier wohlwollenden Politikern, einer Handvoll Soziologen und ein paar großherzigen Sozialarbeitern ist es der übrigen Welt scheißegal, ob das Gefängnis aus einem Typen wie dir einen besseren Menschen macht oder nicht. Manzoni, die Menschheit will dich nur hinter Gittern sehen! Denn wenn Mistkerle wie du ungestraft davonkommen – warum sollte sich dann jeder Vollidiot an Gesetze halten, die dem Spaß und dem Vergnügen nur im Wege stehen?«
»Ich im Gefängnis? Für alle Gauner bin ich doch eine Legende. Ich würde im Knast eine Masterclass abhalten, auf diese Weise für Nachwuchs sorgen und so drinnen mehr Schaden anrichten als draußen.«
»Ab sofort darf keiner von euch vieren das Haus mehr verlassen. Basta.«
»Auch die Kinder?«
»Bring es ihnen irgendwie bei. Deine Großtat heute Abend zeigt, dass du dich nicht an Vereinbarungen hältst. Ich hatte dich gewarnt.«
»Aber … Quint!«
Der FBI -Agent ging und fühlte sich erleichtert, obwohl der Großteil der Arbeit noch vor ihm lag. Er musste alle Verdachtsmomente, die auf Fred hinwiesen, umlenken. Dazu brauchte er freie Hand.
Fred beschloss, schlafen zu gehen, fand aber die Schlafzimmertür abgesperrt. Er unternahm nichts, stattdessen stieg er in Malavitas Höhle hinab. Die Gute würde ihm garantiert keine Vorwürfe machen. Die Hündin wachte auf. Der späte Besuch überraschte sie, genau wie der Straßenlärm, der durchs Kellerfenster zu ihr drang.
Um ihre Schale mit frischem Wasser aufzufüllen, drehte Fred den Wasserhahn auf. Sauberes Wasser, klar wie Kristall, lief aus dem Hahn. Er konnte nicht widerstehen und probierte es.
Er war sich sicher, dass in ganz Cholong viele Menschen jetzt das Gleiche taten. Und alle würde die Reinheit ihres Leitungswassers in Erstaunen versetzen. Manche glaubten bestimmt an ein Wunder.
Sieben
Zur gleichen Zeit, wie Benedetto D. Manzonis Flugzeug vom Flughafen Heathrow in die USA abhob, bereitete sich ein anderes aus der Gegenrichtung auf seine Landung in Roissy vor. Unter den mehrheitlich amerikanischen Passagieren befanden sich zehn Männer aus dem Staate New York, die nur mit Handgepäck eingecheckt hatten. Sie kannten sich, sprachen aber
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