Malchatun
von Eskischehr über die Ertoghruler und Osman noch zu sagen hatte - war ihm auszusprechen nicht mehr vergönnt.
ZWEITES BUCH
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Kutahie am Pursuk war des Beys von Kermian schönste Stadt, wenn das Fürstentum selbst seinen Namen auch von der weit unbedeutenderen Stadt Kermian hatte.
Der alte Ertoghrul hatte denn auch vor Zeiten seine Augen allzu wohlgefällig auf Kutahie ruhen lassen - allerdings ohne Erfolg. Bei der Hohen Pforte von Ikonium war der Bey der stärkere gewesen, und so hatte er sich sein fürstliches Lehen nicht entreißen lassen, das er wie andere Türken- und Turkmanenbege seit langem besaß, während an der bithynischen Grenze noch alles in der Schwebe war. Keiner der Schloßherren konnte sich dort der Pauke und der Fahne rühmen. Auch Ertoghrul konnte es nicht, obwohl er aus dem Geschlecht der Kaji, dem edelsten der Türken, stammte und sein Vater in der Steppe jenseits des Kaspischen Meeres ein Herr über vierzigtausend Seelen gewesen war. Aber das große Glück war an Ertoghrul immer ganz nahe - vorbeigegangen. Die Stadt Karadschahissar hatten ihm die Mazaris wieder abgenommen, und statt Kutahie war ihm nur die Gegnerschaft des Beys von Kermian zuteil geworden. Von woher man sich Kutahie auch nahte - der hohe Burgberg war immer das erste weithin sichtbare Zeichen der Stadt und auf ihm das Obere Schloß, das »Juwel des Ringes« mit Namen. Das Untere Schloß deckte die Flanke von Berg und Stadt. Silbern überglänzten die Kuppel und die Minarette der Neuen Moschee ihre Mauern und Dächer. Die Siegesfanfare ihres Erbauers, des Beys, und sein steinerner Ruhm war dieses Gotteshaus.
Fruchthaine umkränzten die Stadt zur Blütezeit weiß, und im Herbst verdrängten das Rot und das leuchtende Gelb der
quellenden Äpfel und Birnen die Blätter. Den himmlischen Segen aber ergänzte die Erde durch heiße Heilbrunnen aus der Tiefe.
Kutahie war keine Ruinenstadt mehr. Es lag weit genug von der Grenze.
In dieses Grünen und springende Knospen — denn es war im Frühling des Jahres 662 der Hedschra oder nach christlicher Weise des Jahres 1284 drängten sich die Zelte.
Hierher hatte nämlich Sultan Alaeddin, der Neffe und Statthalter des Kaisers Mesud, sein Hauptquartier verlegt. Denn wer etwa geglaubt hatte, der neue Statthalter würde ähnlich seinem regierenden Onkel, der sich am Euphrat die Zeit vertrieb, nun seinerseits im Palast der eigentlichen Hauptstadt Ikonium seine Tage verträumen, hatte sich geirrt. Gar nicht schüchtern trat der Prinz auf. Offenbar besaß er zugleich auch das Vertrauen des mongolischen Ilkhans in Täbris. Und das war nötig. Denn seit ihrem Sieg bei Kusadac hatten die Ilkhane Persiens noch immer ihre Hand über dem seldschukischen Reich von Ikonium.
Der Bey von Kermian war dem jungen kaiserlichen Prinzen, um ihm die Hand zu küssen, einen Tagesritt entgegengekommen. Alle, die Sultan Alaeddin berufen hatte, waren in Person erschienen oder hatten sich vertreten lassen. Es war fast wie in den Tagen des Glanzes. Die Hohe Pforte von Ikonium war nicht mehr verwaist. Westanatolien hatte wieder einen Herrn . . .
Aber dieser Herr hieß Sultan Alaeddin ben Firamurs, kaiserlicher Prinz und Neffe des regierenden Padischahs - und nicht Kir Salmenikos Asanes auf Biledschik. Einem kaiserlichen Prinzen nachstehen zu müssen war zwar keine Schande - in diesem Fall aber bedeutete es den Zusammenbruch aller Hoffnungen des Salmenikos.
An seiner Stelle saß nun Sultan Alaeddin im Oberen Schloß von Kutahie, wo an den Tagen öffentlichen Diwans dasselbe Zeremoniell wie in Ikoniums Kuppelpalast mit dem spitzen Turm entfaltet wurde. Der Bey von Kermian, ein weißbärtiger alter Herr, und andere etwa anwesende fürstliche Lehensträger saßen zur Linken und Rechten des Sultan-Statthalters in gleicher Reihe mit den Würden des Gesetzes und dem Wesir.
Die militärischen Befehlshaber standen hinter dem Prinzen. Unter den Militärs befand sich der junge Osman im Schmuck seines neuen Kürk, des iltisverbrämten schwarzen Ehrenpelzes, den ihm Alaeddin verliehen hatte.
Der Emir-Tschausch, der Hofmarschall, rief die Namen, und von Kämmerern geleitet, nahten sich die Geehrten mit dreifachem Fußfall der Gnade des Handkusses und der Belehnung. Auch griechische Christen waren darunter. So hatten die Mazaris von Karadschahissar den Jüngling Kir Kalanos gesandt, und die Archonten wetteiferten mit den Moslemin in Ehrerbietung vor dem höchsten Machtanspruch. Das galt von den Glücklichen, vor denen die
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