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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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auch?«
    »Wieso?«, fragte ich. »Würden Sie ihn dann baden und föhnen?«
    Die Maskenbildnerin, die schon alles gesehen hatte und alle Klassen von Scherzen kannte, die Menschen machten, um ihre Aufregung zu verbergen, lächelte nicht einmal. Sie lotste Lola auf den Friseurstuhl vor dem Spiegel und begann mit der Renovierung des Gesichts.
    »Fassen Sie sich, wenn möglich, nicht mehr ins Gesicht. Und putzen Sie sich nicht die Nase«, sagte sie, als Lola frisiert und geschminkt aufstand und noch einmal zwei Jahre älter wirkte.
    Wir warteten an einem Tisch vor der Studiotür in abgedunkelter Stille. Ein Techniker kam, bastelte Lola ein Mikro in den Kragen und legte das Kabel unter ihrem Pullover zur hinteren Jeanstasche. Auf der anderen Seite wurde derweil Publikum eingelassen. Eine andere Assistentin kam, um mich abzuholen. »Und der Hund, was machen wir mit dem? Der kann nicht mit rein.«
    »Er hat noch nie gebellt«, sagte ich. »Außerdem will ich nicht im Publikum sitzen. Ich bin Lolas Bodyguard.«
    Fernsehleute kann nichts erstaunen. Sie sind gemacht, Probleme zu lösen, statt welche aufzuwerfen. »Kommen Sie. Ich weiß, wo Sie sitzen können.«
    Sie führte mich zu Stühlen hinter einer der Kameras, wo ich die Bühne mit den beiden Sesseln, die Kabelträ ger, Kameramänner und das Publikum gleichermaßen im Au ge hatte. Ein junger Mann forderte uns schließlich auf, unse re Handys auszumachen, und übte das Applaudieren mit dem etwa sechzigköpfigen Publikum. Cäsar kam spät. Er setzte sich, wurde noch mal abgetupft und schaltete, kurz bevor an einer Kamera der rote Punkt aufleuchtete, sein Gesicht an. Das Publikum applaudierte wie einstudiert. Auf einmal saß da der freundliche ältere Herr mit den verwunderten Augen und der bekannten leicht fassungslosen Neugierde in der Stimme.
    Er behauptete, auf seinen ersten Gast sei er besonders gespannt, eine junge Autorin, eine kluge und hübsche Frau, die ein mutiges, wenn auch nicht unumstrittenes Buch geschrieben habe. »Lola Schrader!« Unter Applaus legte Lola mit ihren Büffelhüften auf dem schwarzen, glatten Studioboden den Weg zu Cäsar zurück, der ihre Hand nahm, sie in den Sessel drückte und sich sogleich blauäugig über sie hermachte.
    »Malefizkrott, das ist Schwäbisch, nicht wahr? Ich fürchte, das müssen Sie einem Norddeutschen erklären.«
    »Malefiz, das Spiel, das kennen Sie …« Lola lächelte Grübchen.
    Martin Cäsar fragte erstaunt: »Und Sie sind erst siebzehn …«
    »Achtzehn!«
    »O ja, natürlich, vor vierzehn Tagen achtzehn gewor den, nicht wahr, darf ich nachträglich gratulieren? Und Sie haben bereits ein Drehbuch und einen Roman verfasst. Ich bewundere das. Sie gehen noch zur Schule, Sie ma chen nächstes Jahr Abitur. Das erfordert doch sicherlich sehr viel Disziplin. In Ihrem Alter!«
    »In meinem nicht weniger als in irgendeinem anderen«, entfuhr es Lola, doch gleich darauf lächelte sie kindlich. »Mir macht es vor allem Spaß. Was einem Spaß macht, dafür braucht man keine Disziplin, nicht wahr. Ich liebe es, mit der Sprache zu arbeiten, die Dinge zuzuspitzen …«
    Cäsar lächelte väterlich.
    Cipión gähnte quietschend neben meinem Stuhl. Aber das hörten die Mikros da vorne nicht. Überhaupt fand ich das Studio riesig. In meinem Fernseher daheim hatte es immer intim gewirkt. An der Decke hingen Balken mit Scheinwerfern. Um die kleine Bühne mit den ziemlich abgewetzten Sesseln war viel schwarzer Boden und schwarze Wand. Kabel schlängelte sich. An der Seitenwand saß unter anderen die Maskenbildnerin mit Puschel und Make-up-Tasche. Die Gäste, die noch auftreten würden, saßen etwas abseits hinter einer Stellwand an einem Tischchen mit Sprudelgläsern. An vielen Stellen standen auf dem Boden alte Röhrenfernseher herum, die das Kamerabild zeigten.
    Lola würden noch drei weitere Gäste folgen. Jeder hat te 13 Minuten. Und was in einem Studio auch nicht fehlte, waren Uhren. Die Zahlen der Zeit leuchteten uns aus jedem erdenklichen toten Winkel an.
    Ab Minute 9 bedeutete eine Assistentin mit Uhr in der einen Hand Cäsar mit den Fingern ihrer erhobenen anderen Hand, dass ihm noch vier Minuten blieben. Als sie mit der Hand die Drei zeigte, sah ich einen roten Laserpunkt über die Scheinwerfergehäuse an der Decke hüpfen. Nur sekundenkurz, dann war er weg, aber ich saß senkrecht.
    Gab es auch Pistolen mit Laserzielhilfe? Bestimmt! Warum auch nicht? Besucher einer Fernsehsendung wurden nicht unbedingt auf Waffen

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