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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Kabarettist Christoph Sonntag zur Aufgabe gemacht, den See wiederzubeleben.
    Ich marschierte quer über die Wiese. Die Polizei war gerade dabei, das weiß-rote Trassierband großräumiger zu ziehen, als es bisher gezogen war, und scheuchten die kackfarben gebräunten Nackten aus der Deckung. Ein Uniformierter befahl ihnen, sich anzuziehen, wie ich aus seiner Gestik schloss.
    Staatsanwältin Meisner löste sich aus der Gruppe der Menschen in weißen Kapuzenoveralls und kam mir entgegen. Christoph Weininger stapfte ihr hinterher.
    »Frau Nerz!«, seufzte Staatsanwältin Meisner. »Beten Sie zu Gott, dass wir den Täter im persönlichen Umfeld von diesem Kerl finden!«
    »Dabei hatten wir schon beschlossen, ihn noch mal zu befragen«, platzte Christoph heraus, der gleichzeitig mit ihr ankam. »Die Kollegen waren wohl auch da, gestern, aber er hatte einen freien Tag.«
    »Herr Weininger, ich bitte Sie!«, bremste ihn Meisner.
    »Ist er erschossen worden?«, fragte ich.
    »Sieht so aus«, antwortete sie. »Wir überlegen gerade, ob wir den Gerichtsmediziner bitten, die Leiche hier vor Ort in Augenschein zu nehmen. Sie liegt irgendwie blöd im Gebüsch. Kein Mensch kann sagen, wie er gefallen ist und wie er gestanden haben muss, als der Schuss fiel, und wo der Schütze gestanden haben könnte. Im Moment wissen wir nicht, wo wir nach Spuren des Schützen suchen müssen. Zweihundert Meter Umkreis, sagen mir die Fachleute.« Sie schaute sich ratlos um.
    Das war ein Radius, der den Uferweg mit einschloss. Die Uniformierten hatten das Trassierband inzwischen bis zum Weg vorgezogen. Die Fußgänger diskutierten und kehrten dann um.
    Obgleich Polizei und Staatsanwalt weder mit Bekann ten noch mit Freunden oder Verwandten über laufende Er mittlungen sprachen, erfuhr ich, dass das Opfer Volker B. hieß und ganz in der Nähe in der Mainstraße in Münster zur Miete wohnte. Er war alleinstehend. Die Nachbarn hatten gesehen, wie er gestern Abend mit dem Hund, einem mittelgroßen grauen Struppi, zu seiner üblichen Runde aufgebrochen war. Nachts hatte man dann mal einen Hund bellen hören, jaulend und fordernd, so als ob er vor einer verschlossenen Tür stünde, sich aber nichts dabei gedacht. Warum auch.
    »Befindet sich die Hundeleine bei der Leiche?«, fragte ich.
    Christoph nickte.
    »Ich will ja nicht lästig fallen, aber vielleicht fällt Cipión was ein, wenn man ihm die Leine mal zum Schnüffeln gibt.«
    »Wenn wir den Hund finden, haben wir auch nichts gewonnen«, meinte Meisner. »Der kann uns leider nichts erzählen. Aber meinetwegen. Weininger, fragen Sie doch mal, ob die KT die Leine schon entbehren kann.«
    Wenig später brachte Christoph eine rosafarbene, aus Leder geflochtene kräftige, aber kurze Leine in einer verschlossenen und beschrifteten Plastiktüte. Christoph öffnete die Tüte und bildete mit seinen Händen eine Tülle, in die Cipión seine Nase stecken durfte.
    »Such!«, sagte ich dann.
    Cipión schnüffelte nicht sonderlich interessiert herum. Er sah nicht so aus, als hätte er kapiert, dass er jetzt losziehen musste wie ein echter Polizeisuchhund. »Ich geh mal ein bisschen das Gelände ab«, erklärte ich.
    »Aber halten Sie sich fern von denen da!«, sagte Meisner und deutete hinter sich auf die Tatortgruppe in ihren Overalls. »Herr Weininger …«
    Christoph verstand, dass er mit mir mitgehen sollte.
    »Wie geht es dem … äh … Kleinen?«, fragte ich. Ich konnte mir den Namen des Balgs einfach nicht merken.
    »Jan-Marcel entwickelt sich prächtig«, antwortete er. »Er läuft wie ein Weltmeister. Nur mit dem Sprechen kann er sich nicht so anfreunden. Aber Jungs sind ja Spätentwickler. Wir werden ihn nach den Sommerferien in den Hort tun.«
    »Bethe will wieder arbeiten?«
    »Ja, halbtags.«
    »Und sonst alles okay?«
    »Hm.«
    Cipión wusste gar nicht, wie ihm geschah. Normalerweise bedeutete eine Leine, dass er mir folgen musste, doch diesmal durfte er überallhin ziehen, und wir stolper ten eifrig hinterher. Die Wiese war gesprenkelt mit Düf ten und Resten von Grillpartys.
    »Und wie geht es … ihm?« Christoph sprach den Namen meines Lebensabschnittsirrtums nur aus dienstlichen Gründen aus. Es war eine uralte Feindschaft. »Sieht er … hm … sie noch?«
    Ich brauchte einen Moment. »Du meinst die Kleine? Nein, ich glaube nicht.«
    Cipión strebte zu der Horde Wildgänse, die alle mit den Köpfen in dieselbe Richtung über die Wiese watschelten. Kaum drehte sich eine um, zupp, hatten sich

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