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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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dich«, sage ich. »Fulbert ist kein wahrer Priester, weil er lügt. Nicht ich. Ich bin kein Heuchler. Mein Priestertum
     ist verbürgt durch das Vertrauen der Gläubigen, die mich gewählt haben. Ich bin die Verkörperung ihres Glaubens. Deshalb |333| nehme ich die religiösen Handlungen äußerst ernst, die sie von mir erwarten.«
    Thomas sieht mich verblüfft an.
    »Aber du selbst«, sagt er nach einer Weile, »bist doch nicht gläubig.«
    »Meine religiösen Empfindungen«, sage ich schroff, »haben wir niemals erörtert. Was ich glaube und was ich nicht glaube, hat
     jedenfalls nichts mit der Gültigkeit meiner Amtshandlungen zu tun.«
    Es tritt Schweigen ein.
    Dann fragt er mit bebender Stimme: »Willst du dich weigern, uns zu trauen, weil ich Atheist bin?«
    Ich protestiere. »Aber nein, hör mal, absolut nicht! Deine Ehe ist allein schon dadurch gültig, daß du sie willst. Dein Wille
     und der von Catie schaffen das Band.« Nach einer Weile fahre ich fort: »Du kannst also beruhigt sein, ich werde euch trauen.
     Es ist eine Torheit, aber ich werde euch trauen.«
    Empört blickt er mich an.
    »Eine Torheit?«
    »Aber ganz gewiß. Du heiratest, weil die Catie, getreu den Vorstellungen der Welt von vorher, nur daran denkt, verheiratet
     zu sein, selbst wenn sie nicht die Absicht hat, treu zu bleiben.«
    Er fährt auf und zieht so heftig an den Zügeln, daß Morgane stehenbleibt. Auch Mélusine steht sofort.
    »Ich möchte wissen, was dich berechtigt, so etwas zu behaupten.«
    »Aber hör mal, nichts. Es ist eine Hypothese.«
    Ich berühre die Flanken meiner Stute mit den Fersen. Thomas tut das gleiche.
    »Und nach deiner Meinung ist es Torheit, weil sie mich betrügen wird?« fragt Thomas, weniger ironisch als ängstlich.
    »Torheit ist es auf jeden Fall, du kennst meinen Standpunkt: in einer Gemeinschaft, in der es zwei Frauen für sechs Männer
     gibt, ist die Monogamie fehl am Platz.«
    Es tritt Schweigen ein.
    »Ich liebe sie«, sagt Thomas.
    Wenn ich nicht die Zügel hielte, würde ich die Arme in die Luft werfen.
    »Aber ich liebe sie doch auch! Meyssonnier auch! Und Colin! Und Peyssou, sobald er sie erblicken wird!«
    |334| »Ich fasse es nicht in diesem Sinne auf«, sagt Thomas.
    »O doch! Du faßt es wohl in diesem Sinne auf. Da du sie doch noch keine zwei Stunden kennst.«
    Ich erwarte seine Erwiderung, aber auf einmal hat dieser große Diskutierer keine Lust zu diskutieren.
    »Kurzum«, sagt er in barschem Ton, »traust du uns oder nicht?«
    »Ich traue euch.«
    Darauf sagt er trocken »danke« zu mir und verschließt sich wie eine Auster. Ich betrachte ihn. Er hat keine Lust zu reden.
     Er hat vor allem Lust, allein zu sein und an seine Catie zu denken, da ja Malabar ihn daran hindert, bei ihr zu sein. Auf
     seinem Gesicht sehe ich etwas wie ein Licht, das ihm aus allen Poren dringt. Dieses ungehemmte Ausströmen seiner Empfindungen
     berührt mich. Ich beneide meinen jungen Thomas, und zugleich tut er mir etwas leid. Er kann nicht viele Mädchen kennengelernt
     haben, wenn eine Catie solchen Eindruck auf ihn macht. Lassen wir ihm diese glücklichen Minuten. Das Herz wird ihm bald genug
     weh tun. Ich treibe Mélusine an, und unter dem Vorwand, meine Stute auf dem Sommerweg traben zu lassen, reite ich vor Thomas
     her. Er folgt mir.
    Eine gute Stunde lang ist kein anderes Geräusch zu hören als der dumpfe Hufschlag der Stuten auf der Erde, und hinter uns,
     in unterschiedlichem Abstand, der harte Aufschlag von Malabars Hufen und das Rumpeln des Fuhrwerks auf dem geschotterten Fahrdamm.
    Warum muß mein Herz, jedesmal wenn ich Malevil wiedersehe, so närrisch zu klopfen anfangen? Fünfhundert Meter vor dem Torbau
     sehe ich Peyssou auftauchen, mit umgehängtem Gewehr, über sein ganzes Vollmondgesicht lächelnd. Ich halte an.
    »Was tust du hier? Was ist los?«
    »Nur Erfreuliches«, sagt er. Sein Lächeln wird noch breiter, und in triumphierendem Ton fügt er hinzu: »Das Korn in den Rhunes
     ist aufgegangen!«

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    Wirklich, es ist aufgegangen.
    Ich nehme mir kaum die Zeit, eine Scheibe Schinken zu essen – die Menou hat sie mir nur unter Murren abgeschnitten, weil ich
     meinen Teil Marcel gegeben habe –, und schon entführt Peyssou uns, Colin, Jacquet und mich und selbstverständlich Evelyne,
     die nicht von meiner Seite weicht, mit langen Schritten auf das Feld. Wir gehen mit umgehängten Flinten; auch wenn wir La
     Roque nicht mehr fürchten, wollen wir die

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