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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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sehr hoch und angenehm fürs Auge; selbst die
     Pechnasen sehen hier wie eine Verzierung aus.
    Betrachtet man Les Rouzies, sieht man gleich auf den ersten Blick, daß Malevil, ihr Gegenüber, nicht von hier ist. Der Stein,
     aus dem es gebaut wurde, kommt wohl aus den Steinbrüchen der Gegend, aber der Stil der Architektur ist importiert. Malevil
     ist englisch. Malevil wurde während des Hundertjährigen Krieges von den Eindringlingen errichtet und diente dem Schwarzen
     Prinzen als Unterschlupf.
    Den Engländern muß es, fern ihren Nebeln, in diesem Lande mit seiner hellen Sonne, seinem Wein und seinen braunen Mädchen
     gefallen haben. Sie haben versucht, sich zu behaupten. Diese Absicht wird hier überall offenbar. Malevil ist entworfen als
     eine uneinnehmbare Festung, wo eine Handvoll Bewaffneter ein großes Gebiet im Zaume halten kann.
    Nichts Rundes, nichts Elegantes. Alles ist zweckdienlich. Der Torbau zum Beispiel. Les Rouzies hat ein Torgewölbe, das von
     zwei runden Türmchen flankiert wird: ein in seinen Linien elegantes und in seinen Proportionen maßgerechtes Bauwerk. In Malevil
     haben die Engländer in den mit Zinnen versehenen |39| Burgwall einfach ein Rundbogentor eingelassen und daneben einen zweistöckigen, rechteckigen Bau errichtet, dessen hohe Mauer,
     kahl und abweisend, von langen Schießscharten durchbrochen ist. Das ist gewaltig und wuchtig. Und militärisch bestimmt sehr
     wirksam. Unterhalb des Burgwalls und des Torbaus haben sie Wassergräben in den Fels gehauen, die zweimal so breit sind wie
     die von Les Rouzies.
    Wenn man den Torbau passiert hat, ist man noch nicht in der Burg, sondern in einem ersten Vorhof von fünfzig mal dreißig Metern,
     wo der Burgweiler stand. Keine schlechte List: Die Burg beschützte wohl den Weiler, ließ sich selbst aber auch von ihm beschützen.
     Ein Feind, dem es gelänge, den Torbau und den äußeren Burgwall zu überrennen, müßte sich einem ungewissen Kampf in den engen
     Gäßchen stellen.
    Würde der Feind auch diesen Kampf gewinnen, wäre er noch nicht am Ende seiner Mühen. Er würde sich die Nase an einer zweiten
     Umwallung einrennen; zwischen Felswand und Abhang eingezogen, wie auch die erste, beschirmte sie die eigentliche Burg – und
     beschirmt sie noch immer.
    Dieser zinnenbewehrte Festungswall ist sehr viel höher als der erste, die Gräben sind tiefer. Und sie bieten dem Belagerer
     auch nicht die Bequemlichkeit einer Brücke, sondern das zusätzliche Hindernis einer Zugbrücke, die von einem kleinen quadratischen
     Turm überragt wird.
    Dieses Türmchen hat Eleganz, doch das lag, meine ich, nicht in der Absicht der englischen Erbauer. Sie mußten einfach ein
     Gelaß bauen, um die Maschinerie der Zugbrücke unterzubringen. Und sie hatten Glück: Die Proportionen stimmten.
    Läßt man die Zugbrücke herunter (ich habe sie restaurieren lassen), hat man zur Linken die erdrückende Masse eines gewaltigen
     vierkantigen Bergfrieds von vierzig Meter Höhe vor sich, der von einem gleichfalls vierkantigen Turm flankiert wird. Dieser
     Turm ist nicht allein zur Verteidigung da. Er dient auch als Wasserturm, denn er faßt eine dem Felsen entspringende Quelle
     ein, deren Überlauf – nichts geht verloren – die Gräben füllt.
    Rechts führen Stufen in jenen riesigen Keller, den der Onkel so verlockend fand, und geradeaus, in der Mitte, rechtwinklig
     zum Bergfried, entdeckt man – welche Überraschung nach soviel schmuckloser Strenge – einen sehr schönen einstöckigen Wohnbau,
     flankiert von einem reizvollen Rundturm, der eine |40| Treppe birgt. Dieser Wohnbau war zur Zeit des Schwarzen Prinzen noch nicht vorhanden. Er wurde viel später, in den friedlicheren
     Zeiten der Renaissance, von einem französischen Edelmann erbaut. Doch das Holz seines Gebälks und seine schwere Bedachung
     aus Steinplatten mußte ich erneuern, sie hatten der Zeit weniger gut widerstanden als das steinerne Gewölbe des Bergfrieds.
    So ist Malevil, englisch, winklig. Und so liebe ich es. Für den Onkel, und in den Zeiten des Zirkels auch für mich, hatte
     es den zusätzlichen Reiz, während der Religionskriege einem protestantischen Hauptmann als Zuflucht gedient zu haben, der
     von hier aus, solange er lebte, mit seinen Gefährten die starken Heere der Liga in Schach hielt. Dieser Hauptmann, der seine
     Prinzipien und seine Unabhängigkeit so verbissen gegen die Macht verteidigte, war der erste Held, mit dem ich mich identifizierte.
    Ich sagte schon, daß

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