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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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viele Fragen.
     Nachher brüllt er einen an. Deine Methode ist das nicht.«
    Nun lächle auch ich.
    »Du würdest das nicht mögen! Du beichtest doch, um dich zu erleichtern. Ich werde dir die Aufgabe nicht komplizieren.«
    Zu meiner großen Verwunderung wird Colins Gesicht ernst.
    »Aber ich beichte nicht nur deshalb. Ich beichte auch, um besser zu werden.«
    Er errötet, als er das sagt, denn der Satz erscheint ihm lächerlich. Ich schiebe zweifelnd die Unterlippe vor.
    »Glaubst du denn nicht, daß das möglich ist?«
    »In deinem Fall, vielleicht. Doch in der Mehrzahl der Fälle, nein.«
    »Und warum?«
    »Weil die Menschen, verstehst du, sehr stark dazu neigen, ihre Fehler vor sich selbst zu verbergen. Folge: Ihre Beichte hat
     keinen Wert. Nehmen wir die Menou: Ich habe ihr, wohlgemerkt, nicht die Beichte abgenommen, sonst würde ich zu dir nicht davon
     sprechen. Aber die Menou, die wirft sich ihre Härten gegen Momo vor und keineswegs ihre Gemeinheiten der Falvine gegenüber.
     Nach ihrer Auffassung liegt da nicht einmal |375| Gemeinheit vor, ist ihr Verhalten vollkommen gerechtfertigt.«
    Colin beginnt zu lachen. Und mir wird bewußt, daß ich von Momo gesprochen habe, als ob er noch am Leben wäre, und plötzlich
     tut mir das ungeheuer weh. Ich rede sofort weiter.
    »Ich habe kurz an Fulbert geschrieben, um ihn aufmerksam zu machen, daß Plündererbanden in der Gegend aufgetaucht sind. Ich
     habe ihm geraten, La Roque sorgfältiger zu bewachen, vor allem nachts. Willst du diesen Brief überbringen?«
    Colin wird abermals rot.
    »Nach dem, was ich dir gerade erzählt habe, meinst du nicht, das wäre ein wenig …«
    Er läßt den Satz in der Schwebe.
    »Ich meine, du hast in La Roque eine Freundin aus der Kindheit, und es macht dir Vergnügen, sie wiederzusehen. Na und? Was
     ist schlecht daran?«
    Nach den drei Männern empfange ich Catie. Kaum in meinem Zimmer, fällt sie mir um den Hals. Obgleich ihre Umarmung ihre Wirkung
     auf mich nicht verfehlt, nehme ich sie als Scherz und mache mich lachend los.
    »Du übertreibst! Willst du mich abknutschen, oder willst du beichten? Los, setz dich, auf die andere Tischseite, dann bin
     ich ein wenig in Deckung.«
    Sie ist hingerissen von diesem Empfang. Sie hat einen kühleren erwartet. Und schon ist sie dabei, ohne alle Umstände zu beichten.
     Ich warte auf das, was danach kommen wird, denn ich weiß, deshalb ist sie bei mir erschienen. Während sie sich an die Brust
     schlägt und mir allerlei unnützes Zeug bekennt, fällt mir auf, daß sie sich die Augen schminkt. Unauffällig, aber alles, was
     dazugehört: die Brauen, die Wimpern, die Lider. Sie zehrt noch von ihren kleinen Schminkvorräten aus der Zeit vor der Bombe.
    Als sie mit dem Auskramen ihrer Nichtigkeiten fertig ist, schweige ich. Ich warte. Und damit mein Warten unbeteiligter erscheint,
     schaue ich sie nicht an. Ich kritzle mit meinem Stift auf einem Löschblatt. Papier verschwende ich nicht, es ist jetzt zu
     kostbar.
    »Und sonst«, sagt sie schließlich, »bist du noch immer böse auf mich?«
    Ich kritzle.
    |376| »Böse? Nein.«
    »Du siehst nicht sehr zufrieden aus.«
    »Ich bin es auch nicht.«
    Schweigen. Ich kritzle weiter.
    »Bist du mit mir nicht zufrieden, Emmanuel?« fragt sie, so einschmeichelnd sie kann.
    Sie spielt das Kätzchen und verstärkt ihr Getue. Verlorene Liebesmüh. Meine Augen sind vollauf beschäftigt. Ich zeichne ein
     Engelchen auf mein Löschblatt.
    »Mit deiner Beichte bin ich nicht zufrieden«, sage ich in strengem Ton.
    Und erst jetzt hebe ich den Kopf und sehe sie an. Darauf war sie nicht gefaßt gewesen. Als Pfarrer von Malevil nimmt sie mich
     wohl nicht sehr ernst.
    »Es war eine schlechte Beichte«, sage ich, immer noch streng. »Du hast dich nicht einmal deines Hauptfehlers für schuldig
     bekannt.«
    »Und der wäre, deiner Ansicht nach?« fragt sie mit kaum verhehlter Aggressivität.
    »Die Koketterie.«
    »Ach was!« sagt sie.
    »Oh, ganz gewiß!« sage ich. »Für dich ist das nichts! Du liebst deinen Mann, du weißt, daß du ihn nicht betrügen wirst (hier
     lächelt sie spöttisch), und da sagst du dir: Los, amüsieren wir uns ein wenig! In einer Gemeinschaft von sechs Männern, in
     der es nur zwei Frauen gibt, sind solche Spielchen leider sehr gefährlich. Und wenn ich da nicht einen Punkt setze, wird mir
     deine Koketterie ganz Malevil durcheinanderbringen. Peyssou schielt schon allzusehr nach dir.«
    »Glaubst du?« fragt Catie.
    Sie strahlt! Gibt

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