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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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»Maternité«, wie Birgitta sie genannt hatte.
    Ich begann mit aller Kraft zu laufen, überholte Momo und war ganz außer Atem und schweißtriefend, als ich anlangte. Das Herz
     klopfte mir gegen die Rippen. In getrennten Boxen, die in der Tiefe der Grotte angelegt waren, befanden sich hier Bel Amour,
     die von Momo vergötterte vierzehnjährige Stute, die bald fohlen sollte; Princesse, eine von den Holländer Kühen der Menou,
     gleichfalls trächtig; und meine Amarante, noch zu jung, um beschält zu werden, die ich aber, weil sie koppte, hier eingestellt
     hatte. Und schließlich eine enorme Zuchtsau, die ferkeln sollte und die von der Menou ohne meine Erlaubnis, auf die sie gern
     verzichtete, Adelaide getauft worden war.
    Die Tiere hatten sehr gelitten. Sie lagen auf der Seite, waren schwach und atmeten schwer, aber schließlich waren sie am Leben,
     die Kühle und die Tiefe der Grotte hatte sie geschützt. An Bel Amour konnte ich nicht heran, weil Momo bereits an ihrem Hals
     hing und sich neben ihr, zärtlich wiehernd, im Mist suhlte. Doch Amarante richtete, als ich ihre Box betrat, den Kopf auf,
     der seitlich im Stroh lag, und beschnupperte mit den Nüstern meine Finger. Als die Menou eintraf, dachte sie nicht einmal
     daran, Momo auszuschelten, daß er sich im Mist die Kleider verdarb; sie war ganz damit beschäftigt, Princesse zu untersuchen,
     zu tätscheln und zu beklagen. (Oje, meine gute Alte, oje!) Dann ging sie zu der Sau hinüber, doch nicht allzu nahe heran,
     weil das Tier bösartig war.
    Ich überprüfte die automatischen Tränken. Ihr Wasser war warm, aber sie liefen.
    »Igegeschtoln!« (Ich geh Gerste holen!) Momo erkletterte die Leitertreppe zu dem Boden, auf dem ich das Heu lagern hatte.
    »Nein, nein!« sagte die Menou. »Keine Gerste! Kleie mit Wasser und Wein für alle. Verzieh dich da bloß, du Lümmel«, sagte
     sie zu Momo, »du hast die Hosen voll Mist und stinkst schlimmer als die Adelaide!«
    |106| Ich ließ Amarante allein und wagte, die Maternité zu verlassen, um in den übrigen Boxen nachzuschauen. Noch bevor ich etwas
     sah, merkte ich am Geruch, was mich erwartete. Ich mußte mir das Taschentuch vor die Nase halten, um den Gestank ertragen
     zu können. Alle Tiere waren verendet, nicht verbrannt, sondern durch die Hitze erstickt. Die Boxen, eng an die Felswand gebaut
     und dadurch geschützt, hatten nicht Feuer gefangen. Doch die großen Steinplatten, mit denen sie gedeckt waren, hatten sich
     offenbar so erhitzt, daß die Balken darunter – altes Eichenholz, hart wie Stahl – zumindest an der Oberfläche angebräunt waren.
    Die Menou kehrte mit zwei Flaschen Wein zurück, goß sie mit Wasser und Kleie zusammen und stellte daraus einen Brei her, den
     sie auf Schüsseln verteilte. Ich ging zu Amarante, die noch immer lag, nahm eine Handvoll Kleiebrei und hielt ihn ihr vor
     die Nase. Sie beschnupperte ihn, beschnaubte ihn mit den Nüstern, zog vor Widerwillen die Lippen hoch und fraß ihn, lustlos
     und mit spitzem Zahn, auf. Als sie fertig war, hielt ich ihr eine zweite Handvoll hin. Sie fraß sehr wenig und unendlich langsam.
     Darin sah ich eine gewisse Ironie, weil ich so hungrig war, daß ich fast Lust auf die Kleie bekam, die sie verachtete. Nebenan
     hörte ich die Beschimpfungen und Zärtlichkeiten, mit denen Momo Bel Amour zum Fressen zu bewegen suchte, und die ermutigenden
     Reden, die die Menou in gedämpftem Ton an Princesse verschwendete. Der Sau hatte die Menou einfach die Schüssel unter den
     Rüssel geschoben, und nach den Geräuschen zu urteilen, die Adelaide von sich gab, war sie die einzige, die ihrer Mahlzeit
     Ehre antat.
    »Klappt es bei dir, Menou?« fragte ich mit lauter Stimme. »Nicht besonders, und bei dir?«
    »Auch nicht besser. Und bei dir, Momo?«
    »Nölelua!« sagte Momo wütend. (Ein blödes Luder!)
    »Weil man’s ihnen nicht erklären kann«, fuhr die Menou fort. »Das Reden und das Kapieren sind schon was Nützliches. Da nimm
     mir nur Princesse. Sie hat Hunger, ist aber so flau, daß sie nicht mal weiß, daß sie Hunger hat.«
    Auf meinen Fersen hockend und fast schon steif geworden, wartete ich unentwegt darauf, daß Amarante endlich die zweite Handvoll
     Kleie hinunterschluckte. Dabei überraschte ich mich, daß auch ich sie zärtlich beschimpfte. Mir war klar: Diese Tiere |107| waren die Grundbedingung für unser Weiterleben. Auch die Pferde, die wir jetzt, da Benzin und Diesel versiegt waren, unbedingt
     für die Feldarbeiten

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