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Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Sie sahen müde und hungrig aus und betrachteten ihn ohne großes Interesse. Seth wunderte sich darüber, dass alle so apathisch wirkten. Die meisten saßen nur an die Wand gelehnt da und starrten in die Flammen, als wäre ihr Schicksal längst besiegelt.
    Colm war zwar auch mager und hatte dunkle Augenringe, aber sein freches Grinsen unterschied ihn von den anderen.
    »Hey, Justin!«, rief er. »Wen hast du denn da mitgebracht?«
    »Hallo. Ich heiße Seth. Du musst Colm sein.«
    »Aha! Mein legendärer Ruf eilt mir sogar in diesem gottverdammten Höllenloch voraus. Stimmt, ich bin Colm. Und du siehst mir so aus, als wärst du neu hier.«
    »Gerade frisch aus dem Zug gestiegen«, bestätigte Seth.
    »Und wie gefällt es dir bis jetzt an deinem Urlaubsort, Seth?«
    Seth schaute sich um. »Im Katalog sah das alles ein bisschen anders aus.«
    Colm musste lachen. »Ist dir auf deiner Reise zufällig eine fantastisch aussehende junge Dame begegnet? Eine russischstämmige Grazie, die auf den wunderschönen Namen Tatyana hört?«
    Als Seth bleich wurde, erstarb Colms Lächeln. Er sah Justin an, der mit grimmiger Miene neben ihm stand. »Was ist los? Sag schon. Wieso bist du hier?«
    Justin holte das Armband heraus, das er von Tatyanas Skelett abgestreift hatte, und hielt es ihm wortlos hin. Colm starrte erst bestürzt das Armband an, dann Justin.
    »Das haben wir gefunden«, sagte Justin.
    Colm griff zögernd danach. Die anderen, die die Szene stumm beobachtet hatten, standen leise auf und zogen sich diskret zurück.
    »Wo?«, fragte Colm, nachdem er sich wieder einigermaßen gefangen hatte.
    »Im Bahnhof. Ich glaub, sie war gerade aus der Menagerie zurückgekommen.« Er vermied es, Colm direkt anzusehen. »Sie ist von einem Zischler erwischt worden.«
    Colm drehte mit leerem Blick das Armband zwischen den Fingern hin und her, unfähig zu reagieren. Unfähig zu denken.
    Justin hielt ihm das Ticket hin. »Hier. Das hatte sie dabei. War bestimmt für dich gedacht.«
    In Colms Augen schimmerten Tränen. »Ich hätte sie begleiten sollen. Ich hätte nicht hierbleiben dürfen.«
    Als er keinerlei Anstalten machte, nach dem Ticket zu greifen, drückte Justin es ihm in die Hand, in der er das Armband hielt. Colm schien kaum etwas davon mitzubekommen.
    »Es tut mir so leid, Tatyana«, flüsterte er. »Ich wünschte, ich wäre bei dir gewesen.«
    Seth konnte seinen Kummer nachfühlen.
    »Ic h … bin leider zu spät gekommen«, sagte er. »Aber wir haben das Ding erledigt, das sie getötet hat.«
    »Habt ihr den Kristall?«, fragte Colm plötzlich.
    Seth war verwirrt. »Was?«
    »Den Kristall!«
    »Hier. Ich hab ihn.« Justin zog den Kristall aus seiner Tasche. Colm griff danach. Er hielt ihn in beiden Händen und betrachtete ihn mit wutverzerrtem Gesicht. Dann brach er in Tränen aus.
    Seth und Justin tauschten einen kurzen Blick aus und ließen Colm dann allein, damit er in Ruhe trauern konnte. Seth war erleichtert, gehen zu können. Es gab nichts Schlimmeres für ihn, als einen anderen Jungen weinen zu sehen.
    Die übrigen Jugendlichen hatten sich in einen der anderen Räume zurückgezogen. Er hörte ihre murmelnden Stimmen hinter einem Vorhang.
    »Was ist das für ein Kristall?«, wollte er von Justin wissen, als sie wieder zur Werkstatt gingen.
    »Ich erklär’s dir«, sagte Justin. »Die Zischler kommen hier runter, um uns zu jagen. Wenn sie jemanden erwischt haben, saugen sie die Zeit aus ihm heraus und speichern sie in so einem Kristall. Der Zeithüter braucht die Kristalle, um seine mechanischen Erfindungen anzutreiben. Ein paar von uns haben schon mal beobachtet, wie er einen davon in so ein Biest eingesetzt hat, und danach ist es sofort lebendig geworden.«
    »Also betankt er dies e … Automaten mit der Zeit, die sie den Menschen stehlen?«
    »Sieht ganz so aus, ja.«
    Seth fragte nicht, wie das sein konnte. Er akzeptierte es einfach. Etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig. »Und was will Colm mit dem Kristall?«
    »Na ja, es gibt da so ein Gerücht. Angeblich wird nicht nur die Lebenszeit von einem Menschen in dem Kristall gespeichert, sondern auch ein Stück seiner Persönlichkeit oder Seele oder wie du’s nennen willst. Reines Wunschdenken, wenn du mich fragst. Die wollen glauben, dass wenigstens ein Teil von ihren toten Freunden weiterlebt.«
    In Seth stieg Panik auf. Sie überkam ihn ganz plötzlich, als wäre in seinem Inneren ein Damm gebrochen und als durchströmte ihn nun eine Flutwelle der Angst, in der er

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