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Malka Mai

Malka Mai

Titel: Malka Mai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Pressler
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die Forellen, die sie zu Hause manchmal gegessen hatten, oder wie diese wunderbaren Karpfen von Tante Fejge, wenn sie in Skawina zu Besuch waren. In Erez-Israel gab es auch eine Wüste mit Bergen, auf denen Kamele herumliefen, und einen See, der Totes Meer hieß. Im Toten Meer brauchte man nicht zu schwimmen, das Wasser trug einen, man konnte sich einfach drauflegen und ein Buch lesen. »Einer hat gesagt, das Wasser ist sehr warm und es sieht ganz anders aus als bei uns, nicht klar und durchsichtig, eher wie Perlmutt.«
    »Und woher weiß er das?«, fragte Malka.
    »Er hat es von jemandem gehört, der dort war.«
    Malka fielen die Augen zu. Minnas Stimme plätscherte weiter und trug sie in das Land, das noch viel weiter von Lawoczne entfernt war als Ungarn.
    Hanna brachte eine Flasche Jod , zwei sterile Binden und ein Röhrchen Chinintabletten mit, als sie in die Mühle zurückkam. Der ungarische Arzt hatte ihr diese Dinge erst gegeben, nachdem sie ihm ihre Approbationsurkunde gezeigt hatte, und auch dann nur zögernd und widerwillig.
    Während Minna auf die weinende Malka einsprach, um sie zu beruhigen, reinigte Hanna die Wunden mit Jod und verband sie. Dann löste sie eine Chinintablette in Wasser auf und gab sie Malka. Dass sie das bittere Zeug folgsam schluckte, war ein Zeichen dafür, dass es ihr wirklich schlecht ging, auch wenn die Wärme und die paar Stunden Ruhe schon gewirkt hatten. Obwohl sie noch immer hoch fieberte, war sie nicht mehr so schlaff und vor allem war sie bei Bewusstsein. Nun ließ sie sich wieder ins Kissen zurückfallen und griff nach Minnas Hand. Minna nahm sie und streichelte sie. Hanna wunderte sich, sagte aber nichts. Sie fragte Minna nur, ob sie auf Malka aufpassen würde, damit sie mit Kopolowici reden könne. Minna nickte, legte sich neben Malka und nahm sie in den Arm.
    Hanna traf Kopolowici in der Küche, wo er am Tisch saß und Tee trank. Sie fragte ihn, welche Möglichkeiten sie hätten, nach Budapest zu kommen. Er schaute erst sie an, dann seine Frau, schließlich stellte er die Tasse so hart auf den Tisch, dass das Porzellan klirrte. Er zog Hanna aus der Küche in einen Schuppen neben dem Haus. Zwischen Gartengeräten und Holzstößen stand in der Mitte ein Hackklotz. Mit einer Handbewegung forderte er sie auf, sich zu setzen, er selbst lehnte sich an den Sägbock. Sie fühlte sich unbehaglich unter seinem forschenden Blick.
    »Haben Sie Geld?«, fragte er plötzlich. »Juwelen? Schmuck?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht viel.«
    Er zog die Augenbrauen hoch, schob sich eine Schläfenlocke hinter das Ohr und schien aufstehen zu wollen, da sprach sie schnell weiter, log ihn an: »Aber in Budapest habe ich Geld, ich habe reiche Verwandte dort, ich muss nur nach Budapest kommen, da kann ich Ihnen alles bezahlen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Budapest ist weit, meine Dame. Was nützt mir Ihr Geld in Budapest?« Als sie flehend die Hände hob, senkte er den Kopf und sagte: »Ich weiß, wo eine Gruppe Juden aus Lawoczne darauf wartet, dass sie abgeholt wird. Sie wollen nach Budapest. Die Leute haben ihre Flucht gut vorbereitet. Einer hat sie hergebracht, ein anderer führt sie nach Munkatsch und dort nimmt sie wieder einer in Empfang. Sie sind doch auch aus Lawoczne, nicht wahr? Vielleicht können Sie sich den Leuten anschließen, ich werde mit ihnen reden.«
    »Was sind das für Leute?«, fragte Hanna. »Wie heißen sie?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht, ich will es auch nicht wissen, Namen interessieren mich nicht. In diesen Zeiten ist es besser, so wenig wie möglich zu fragen. Ihr Anführer scheint ein angesehener Mann zu sein, gebildet und fromm und mit viel Geld, das ist das Einzige, was ich weiß. Die Gruppe besteht aus sieben Personen, vier Männer und drei Frauen.«
    Hanna drängte, er solle ihr doch sagen, wo die Leute seien, damit sie selbst hingehen könne, doch er lehnte es ab. »Erst werde ich mit ihnen reden.«
    Sie hatten das Abendessen schon hinter sich. Frau Kopolowici hatte ihnen einen kleinen Topf Hühnersuppe und Brot mit in die Kammer gegeben und Hanna hatte Malka gefüttert, aber die Kleine hatte nicht viel gegessen und war gleich wieder eingeschlafen. Minna lag neben ihrer Schwester auf dem Bett und Hanna hockte am Fenster und schaute hinaus, als plötzlich ein Poltern auf der Treppe zu hören war und Kopolowici an die Tür klopfte. »Kommen Sie mit«, sagte er zu Hanna, »jetzt gleich.«
    Sie schaute Minna fragend an, Minna nickte.
    Hanna

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