Mallorca - hin und nicht zurueck
stotterte Sophie.
»Na siehste. Mama ist nicht nur netter und klüger, sie sieht viel besser aus!«, betonte Felix. »Und die Simmerlein tut immer so, als wäre ich die oberste aller Nervensägen und Papa im Büro zu stören hat sie mir ebenfalls verboten.«
Ich glaubte mich verhört zu haben. »Sie hat was?«
»Ja, sie hat gesagt, ich wäre langsam alt genug und müsste nicht immer im Büro vorbei kommen und meinen Vater nerven.«
Na warte, dachte ich erbost. Zu diesem Thema war das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Abermals klingelte es und dieses Mal rannte Felix zur Tür.
»Armer Kerl.« Kopfschüttelnd nahm Sophie ihre Tasse auf. »Das hätte ich von Leonhard nicht erwartet.«
Ich, wenn ich ganz ehrlich war, auch nicht. Möglicherweise hatte Sophie nicht ganz Unrecht. Leo raste mit Überschallgeschwindigkeit auf die fünfzig zu. Vielleicht würden wir die Kurve ja doch noch kriegen und nach Sybille einfach noch mal von vorne anfangen. Wäre ich bereit dazu? Ich stützte den Kopf auf und überlegte. Doch, kam ich zu dem Schluss. Es gab einfach zu viele schöne Zeiten, die uns verbanden. Sicher, es würde eine Weile dauern, bis ich ihm wieder würde vertrauen können, aber mit der Zeit …
Draußen im Flur flog ein Rucksack in die Ecke. Unschwer zu erraten, wer gleich herein spazieren würde.
»Hi Oma«, rief Melissa erfreut, wurde aber sofort ernst. »Bist du extra gekommen, weil ich dich angerufen habe?«
Sophie schloss ihre Enkelin in die Arme. »Das war schon richtig so. Geht es dir gut, meine Große?«
»Ja schon«, antwortete Melissa, deren Augen wie immer schwarz geschminkt waren, quasi passend zu ihrem schwarzen Sweatshirt, das eine Schulter frei ließ und locker über einen kurzen, schwarzen Rock fiel. Ihre langen, schlanken Beine steckten – wer hätte das erwartet – in Springerstiefeln.
»Wir haben Marks Zimmer schwarz gestrichen«, verkündete sie gut gelaunt. Doch als sie den konsternierten Gesichtsausdruck ihrer Großmutter bemerkte, fügte sie lächeln hinzu: »Sieht wirklich klasse aus, Oma. Und die Decke ist ja immerhin noch weiß.«
»Ah ja.« Sophie nickte bedächtig.
»Aber ich wollte mal wissen, wie es gestern bei dir gelaufen ist, Mama.«
Also schilderte ich den vergangenen Abend in allen Einzelheiten und mir entging keineswegs der befriedigte Gesichtsausdruck meiner Schwiegermutter.
»Tom hat dir also den Rücken freigehalten, das hätte ich mir ja denken können«, meinte sie voller Überzeugung. »Den hab ich immer gemocht.«
»Kannste dich nich´ in den verlieben, Mama?«, fragte Felix hoffnungsvoll und schob seine rot umrandete Brille hoch. »Der ist unser Patenonkel, den lieben wir und der liebt uns und dann wären wir wieder eine richtige Familie.«
»Quatschkopf«, lachte Melissa. »Wenn Mama sich in Tom verlieben wollte, wäre das längst passiert. Schließlich sehen sie sich ja jeden Tag.«
Mir fiel wieder ein, wie Tom mich gestern Abend angesehen hatte. Mich in ihn verlieben? Der Junge kam vielleicht auf Gedanken. Ja, er war unser bester Freund und gehörte tatsächlich fast zur Familie. Kein Geburtstag, kein Osterfest und kein Weihnachten ohne Tom. Aber mich in ihn verlieben? War ich hier in einem Spielfilm? Sah ich aus wie Julia Roberts? Spielten wir hier die Hochzeit meines besten Freundes?
Wobei: Ein wenig Verliebtsein würde mir momentan wahrlich gut tun.
Sophie atmete tief aus. »So schnell geht das ja nun auch wieder nicht, Felix. Immerhin ist deine Mutter nach wie vor mit Leo verheiratet.«
»Na, der ist ja jetzt zur Simmerlein gezogen, Oma«, schnaubte Felix empört. »Glaubst du denn der zieht da gleich wieder aus?« Nachdenklich schob er seinen Zeigefinger unter die Nase. »Und dabei hat unser Reli-Lehrer uns gerade lernen lassen, du sollst nicht einziehen bei deiner Sekretärin.«
Sophie blickte tadelnd zu ihm hinüber. »Du sollst nicht begehren deines nächsten Weib!, heißt das richtig«, verbesserte sie meinen Sohn. »Das ist eines der zehn Gebote.«
Felix schaltete auf stur. »Wie auch immer, ausgezogen ist Papa trotzdem, ob es dem lieben Gott nun passt oder nicht!«
Darauf fiel selbst Sophie nichts mehr ein.
»Siehste, wir müssen uns also doch was einfallen lassen. Kinder brauchen nämlich eine Familie. Das ist wichtig für das Selbstbewusstsein.«
»Sagt Sascha«, mutmaßte ich lächelnd. »Aber an Selbstbewusstsein mangelt es dir ja nun wirklich nicht, wie mir scheint.«
»Ja, aber nur weil ich die ganze Zeit einen Vater hatte«,
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