Malloreon 5 - Seherin von Kell
Ich verspäte mich höchst ungern bei einer Verabredung.«
»Wirklich?« sagte Beldin spöttisch. »Ich erinnere mich, daß du einmal gleich um fünf Jahre zu spät zu einer erschienen bist.« »Da war etwas dazwischengekommen.«
»Es kommt fast immer was dazwischen! War das nicht damals, als du bei den Mädchen in Maragor gewesen bist?«
Belgarath hüstelte und warf einen fast schuldbewußten Blick auf seine Tochter. Polgara zog eine Braue hoch, schwieg jedoch.
Das Schiff hatte ebenfalls eine stumme Besatzung wie jenes, das sie von der Küste von Gorth in Cthol Murgos zur Insel Verkat gebracht hatte. Auch jetzt drängte Garion sich dieses Gefühl der Wiederholung auf. Kaum waren sie an Bord, legte das Schiff ab. »Merkwürdig«, murmelte Silk. »Der Wind kommt vom Meer, und wir segeln direkt in ihn hinein.« »Das habe ich auch bemerkt«, bestätigte Durnik.
»Dachte ich es mir doch. Es sieht ganz so aus, als gelten für Dalaser keine Naturgesetze.«
»Würdet Ihr, Belgarion, und Euer Freund Zakath, mich in die Achterkajüte begleiten?« bat Cyradis, als sie den Hafen verlassen hatten. »Selbstverständlich, heilige Seherin«, erwiderte Garion. Als sie nach achtern gingen, fiel ihm auf, daß Zakath Cyradis' Hand genommen hatte, um sie zu führen, und dabei fast unbewußt mit Toths Fürsorge zu Werke ging. Da kam dem rivanischen König ein eigenartiger Gedanke. Er musterte seinen Freund verstohlen. Zakaths Gesicht wirkte ungewöhnlich sanft, und seine Augen hatten einen merkwürdigen Ausdruck. Der Gedanke war natürlich verrückt, aber so sicher, als hätte er dem malloreanischen Kaiser direkt ins Herz geblickt, wußte Garion nun, daß er sich nicht getäuscht hatte. Er bemühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken.
In der Achterkajüte standen zwei glänzende Plattenpanzer, die genauso aussahen wie jene der Ritter von Vo Mimbre.
»Diese Panzer müßt Ihr auf Perivor tragen«, sagte Cyradis.
»Dafür gibt es einen Grund, nehme ich an.« Garion blickte sie fragend an.
»Wahrlich. Und sobald wir uns dieser Küste nähern, müßt Ihr beide das Visier herunterklappen, und auf keinen Fall dürft Ihr es öffnen, solange wir uns auf dieser Insel befinden, außer ich erlaube es Euch.« »Und Ihr wollt uns den Grund nicht nennen?«
Sie lächelte sanft und legte eine Hand auf Garions Arm. »Wisset nur, daß es nötig ist.«
»Mit dieser Antwort hatte ich irgendwie gerechnet«, sagte Garion zu Zakath. Er trat zur Kajütentür. »Durnik!« rief er. »Wir brauchen deine Hilfe.«
»Wir ziehen sie doch jetzt noch nicht an, oder?« fragte Zakath. »Hast du schon jemals Panzerrüstung getragen?« »Nein.«
»Es dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt. Sogar Mandorallen stöhnte, als er zum erstenmal eine trug.« »Mandorallen? Dein mimbratischer Freund?« Garion nickte. »Er ist Ce'Nedras Streiter.« »Ich dachte, das bist du!«
»Ich bin ihr Gemahl. Dafür gelten andere Regeln.« Er betrachtete zweifelnd Zakaths Schwert, das verhältnismäßig leicht war und eine schmale Klinge hatte. »Er wird ein größeres Schwert brauchen, Cyradis«, meinte er. »In diesem Schrank, Belgarion.«
»Sie denkt doch an alles«, sagte Garion. Er öffnete den Schrank und sah ein schweres Breitschwert, das ihm fast bis zur Schulter reichte. Er hob es mit beiden Händen heraus. »Euer Schwert, Eure Majestät.« Er streckte es Zakath mit dem Griff voraus entgegen. »Danke, Eure Majestät«, erwiderte Zakath grinsend im gleichen Ton. Als er das Schwert nahm, weiteten sich seine Augen. »Bei Toraks Zähnen!« fluchte er und hätte die mächtige Waffe fast fallen gelassen. »Gehen Männer tatsächlich mit so was aufeinander los?« »Sogar recht häufig. In Arendien ist es ein beliebter Zeitvertreib. Und wenn du glaubst, daß deines schwer ist, solltest du meines ausprobieren.« Da fiel Garion etwas ein. »Wach auf!« sagte er ziemlich gebieterisch zu dem Auge. Das Murmeln des Steines klang leicht gekränkt.
»Übertreib nicht gleich«, mahnte er. »Das Schwert meines Freundes ist ein wenig zu schwer für ihn. Mach es leichter – nicht zuviel auf einmal!« Er sah, wie Zakath sich anstrengte, das Schwert zu heben. »Noch ein bißchen leichter«, wies er das Auge an. Die Schwertspitze kam hoch – aber langsam. »Wie ist es jetzt?« fragte Garion. »Noch mehr«, ächzte Zakath. »Mach schon«, sagte Garion zu dem Auge.
»So ist es besser…« Zakath seufzte. »Darfst du wirklich so zu dem Stein reden?«
»Man muß streng sein. Er ist
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