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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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Butler vorstellen können, eines aber hatten sie gemein: Es bereitete ihnen einen Heidenspaß, unerwartete Besucher durch ihre rauhe Art zu schockieren.
    »Heute hat Artie Dienst«, erwiderte Amy, als sie die Tür hinter sich schloß. »Aber er holt gerade den Doktor.«
    Sie sah, wie er zusammenzuckte, bevor er zur Treppe stürz-te, und rief ihm nach: »Sie ist doch im Salon.«
    »Im Salon?« fragte er erstaunt.
    »Beim Tee«, fügte sie hinzu.
    »Beim Tee!« schrie er fassungslos, machte eine Kehrtwendung und eilte auf die Salontür zu. »Verdammt nochmal, George«, schrie er, als er seine Frau erblickte. »Was zum Teufel treibst du hier? Du gehörst ins Bett.«
    »Ich denke nicht daran, ins Bett zu gehen. Ich will meinen Tee trinken«, hörte Amy ihre Tante seelenruhig antworten.
    Diese Antwort brachte James noch mehr in Rage. »Du willst also kein Baby haben?«
    »Doch, und meinen Tee will ich auch haben. Möchtest du auch eine Tasse?«
    James brauchte eine Weile, um das zu verdauen. »Herrgott noch mal, George, du bist unvernünftig!« Damit betrat er den Salon. »Du gehst jetzt sofort ins Bett.«
    »Laß mich in Ruhe, zum Teufel noch mal. Ich bin noch früh genug im Bett und werde mir die Seele aus dem Leib schreien.
    Du kriegst deinen Sprößling schon, aber nicht, bevor ich bereit bin. Also laß mich ...«
    Abruptes Schweigen folgte. Amy, die ihren Onkel noch nie so außer sich erlebt hatte, trat zögernd an die Tür und sah, wie sich ihre Tante in einer Wehe krümmte und ihr Onkel völlig hilflos neben sie aufs Sofa sank. Bleich wie ein Leintuch hielt er seine Frau umschlungen.
    »Wann haben die Wehen begonnen?« stieß er hervor, als sie wieder normal atmete.
    »Heute morgen.«
    »Heute morgen!«
    »Solltest du jetzt fragen, warum ich es nicht erwähnt habe, bevor du gegangen bist, dann hör dir mal selber zu, und du weißt, warum. Und nun laß mich bitte los, damit ich meinen Tee trinken kann. Amy hat ihn gerade eingeschenkt.«
    »Amy!« brüllte er in die andere Richtung. »Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, meiner Frau Tee zu servieren, wo sie doch ...«
    »Untersteh dich, deine Angst an Amy auszulassen!« Sie versetzte ihm einen Rippenstoß. »Ich wollte aufräumen, wenn du’s genau wissen willst, aber sie hat mich überredet, statt dessen Tee zu trinken. Wenn du keinen mit uns trinken willst, dann nimm einen Drink, aber hör auf, uns anzubrüllen.«
    James ließ sie einen Augenblick lang los und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Georgina nahm die Gelegenheit wahr, um einen Schluck Tee zu trinken, als wäre dies ein Tag wie jeder andere.
    Nach einer Weile sagte er, mehr zu sich selbst: »Tut mir leid, bei Jeremy hatte ich keine solchen Schwierigkeiten. Mir wär’s am liebsten, das kann ich euch schwören, sie kämen gleich halb erwachsen zur Welt.«
    Voller Mitleid erklärte Amy: »Ich würde ihr ja gern beistehen, aber irgend jemand würde sich später aufregen – wegen meiner Unschuld, ihr wißt schon –, und deshalb habe ich nach meiner Mutter, Tante Roslynn und Reggie schicken lassen – die werden schon dafür sorgen, daß sie alles tut, was sie tun muß.«
    »Das ist noch der leichteste Part, James«, bequemte sich Georgina hinzuzufügen. »Ich schlage dir vor, dir einen an-zutrinken, bevor der schwierige Teil beginnt, oder dich zu verdrücken. Ich hätte durchaus Verständnis dafür, wenn du die Sache lieber in deinem Club abwarten würdest.«
    »Ich weiß, daß dir das lieber wäre, mir ja eigentlich auch, trotzdem bleibe ich, für den Fall, daß du mich brauchst.« Amy hatte geahnt, daß er das sagen würde. Georgina offenbar auch, denn sie lächelte und drückte ihm einen Kuß auf die Wange.
    Dann läutete es an der Tür.
    »Das sind sicher die Hilfstruppen«, sagte Amy.
    »Gott sei Dank«, meinte James erleichtert. »Charlotte wird dich schon ins Bett befördern, du wirst schon sehen.«
    »Charlotte hat zwei Söhne und drei Töchter zur Welt gebracht. Sie wird mich verstehen – und wenn du jetzt weiter auf diesem verfluchten Bett bestehst, bringe ich mein Baby hier im Salon zur Welt, dann wirst du schon sehen.«
    Amy ging schmunzelnd aus dem Zimmer. Onkel James hatte die ganze Schwangerschaft bisher nicht besonders ernst genommen, wie Georgina sagte. Wer also hätte gedacht, daß er sich jetzt am Schluß so aufregen würde. Am liebsten hätte sie auch noch nach Anthony geschickt, obwohl er sicher ohnehin schon mit Roslynn kommen würde. Aber er war am Tag von Judiths Geburt so

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