Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
Vom Netzwerk:
trug sie, ohne Antwort zu geben, aus dem Salon, und Georgina wußte, daß jeder Protest sinnlos war.
    James wollte sogleich hinterherstürzen, und Amy, die wuß-
    te, was er von diesem speziellen Anderson hielt, war schon auf eine Auseinandersetzung im Treppenhaus gefaßt. Sie sprang von ihrem Sessel auf, um ihn zurückzuhalten, und flüsterte ihm zu: »Ist es nicht egal, wie sie ins Bett kommt? Hauptsache ist doch, sie kommt ins Bett.«
    James, der sie kaum eines Blickes würdigte, entgegnete:
    »Ich wollte ihn auch gar nicht zurückhalten, liebes Kind, aber er ist der einzige von den fünfen, bei dem man stets mit dem Schlimmsten rechnen muß. Seine Antwort auf Georges Eigensinn ist nämlich eine Tracht Prügel mit seinem Gürtel.«
    Erschrocken verstummte Amy und wünschte, sie hätte nicht richtig gehört. Sie konnte nur hoffen, daß ihm der Haß auf Warren und nicht die Wahrheit diese Worte in den Mund gelegt hatte. Glaubte Warren wirklich, Schläge seien die richtige Antwort auf Eigensinn? Nun, sie selbst war nicht eigensinnig, wirklich nicht. Schläge? Warum zum Teufel mußte sie ausgerechnet diesen Bruder ausgewählt haben?
    Warum nicht Drew, der gleich bemerkt hatte, daß sie erwachsen und obendrein hübsch war. Mit seinen Liebchen in jedem Hafen würde sie sich schon abfinden können. Warum gerade Warren, von dem sie außerdem noch wußte, daß er ein Frauenhasser war?
    Oben blieb James auf der Schwelle des Schlafzimmers stehen, das Warren auf Anhieb und ohne Georginas Hilfe gefunden hatte, und sah, wie der Bruder der Schwester sanft die Kissen unter den Rücken schob und liebevoll die Decken über ihr ausbreitete. James wäre es wirklich lieber gewesen, wenn Warren und Georgina sich nicht so gern gehabt hätten. Denn das innige Verhältnis hinderte ihn daran, mit Warren so umzugehen, wie er es eigentlich gern getan hätte.
    Und er hörte Warren mit einer halb schroffen, halb zärtlichen Stimme sagen: »Jetzt sei nicht so wütend, Georgie. Niemand erwartet von dir, daß du in diesem Zustand auch noch deine Gäste unterhältst.«
    Georgina aber war noch immer wütend genug, um zu antworten: »Ihr Holzköpfe scheint nicht zu wissen, daß diese ganze Geschichte Stunden um Stunden dauert. Ich hätte sie gern nicht alle vor Schmerzen schreiend in diesem heißen, stickigen Raum verbracht, denn es ist Sommer, wie du vielleicht bemerkt hast.«
    Warren wurde bei dem Gedanken daran, was sie bald durch-zustehen hatte, kreidebleich. »Wenn dir irgendwas zustößt, bringe ich ihn um.«
    Georgina nahm das ungefähr genauso ernst, wie sie James’
    Drohungen gegen Warren ernst zu nehmen pflegte, doch sie sagte: »Das zu hören, hat mir gerade noch gefehlt. Jetzt wirst du einmal zuhören: Ich werde deine Hilfe in Kürze sehr zu schätzen wissen, und deshalb schlage ich vor, du wartest so lange auf der Nereus. Du bekommst sofort Nachricht, wenn alles vorbei ist.«
    »Ich bleibe«, kam die trotzige Antwort.
    »Mir wäre lieber, du würdest gehen«, beharrte sie. »Es macht mich nervös, dich und James in einem Haus zu wissen, wenn ich nicht jederzeit eingreifen kann, um euch Kampfhäh-ne zu trennen.«
    »Ich bleibe.«
    »Dann bleibst du eben!« fauchte sie, kurz davor, die Geduld zu verlieren. »Doch nur, wenn du mir hoch und heilig ver-sprichst, daß es zu keiner Rauferei kommt. Das ist kein Spaß, Warren, ich brauche dein Versprechen. Ich kann mir in dieser Situation nicht auch noch um euch beide Gedanken machen.«
    »Also gut«, knurrte er unwillig.
    »Und das heißt, daß du nicht wie üblich auf das reagieren wirst, was James in seiner Nervosität alles sagen wird. Er ist heute nicht er selbst.«
    »Ich versprech’s ja, verdammt noch mal.«
    Erst jetzt bekam er ein Lächeln von ihr. »Und mach dir keine Sorgen. Es wird schon alles gut.«
    Er nickte, wandte sich zur Tür und bemerkte erst jetzt, daß James auf der Schwelle stand. Dem war gerade bewußt geworden, daß er aus dem Versprechen seines Schwagers gar keinen Nutzen ziehen konnte. Zu dumm, denn dies wäre die Gelegenheit gewesen, an diesem Burschen Rache zu nehmen, doch er würde Warren bei aller Aufregung wohl nicht einmal zur Kenntnis nehmen.
    Und selbst jetzt, da er noch bei klarem Verstand war, konnte er keine Spitzen gegen ihn loslassen, solange Georgina in diesem Zustand und noch dazu in Hörweite war. Und so sagte er statt dessen und zu seiner eigenen Überraschung: »Hätte nie gedacht, daß ich je Grund haben würde, dir zu danken, Schwager. Aber

Weitere Kostenlose Bücher