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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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die meisten Mädchen in meinem Alter schon auf dem Heiratsmarkt sind und längst gelernt haben, ihren eigenen Haushalt zu führen, da denkst du, daß ausgerechnet ich nicht damit fertig werde?«
    Als ihn ihre Augen – von derselben Farbe wie die seinen –
    zornig anblitzten, stieg ihm die Röte ins Gesicht. »Hab’ ich doch gar nicht behauptet.«
    »Dein Glück!« entgegnete sie. »Sonst hättest du dir nämlich eine Ohrfeige eingefangen.«
    Mit einem honigsüßen Lächeln versuchte er, ihr aufbrausendes Temperament zu beschwichtigen, das sie so selten an ihm ausließ. Schließlich war sie eine Malory, und die meisten von ihnen waren für ihre Hitzigkeit bekannt. Die Tatsache, daß ihr Vater eine Ausnahme von der Regel war, bedeutete nicht, daß auch sie es war. Und so lernte er, seitdem sie so dicke Freunde geworden waren, täglich neue Seiten an Amy kennen.
    »Wenn du jetzt hier wohnst«, rief er mit gespielter Überraschung, »kreuzen hier doch hoffentlich nicht all die gottverdammten Verehrer auf, die letzte Woche eure Tür eingerannt haben!«
    »Nicht, wenn du deinen Mund hältst und niemandem erzählst, wo ich bin.«
    Jetzt war er wirklich überrascht. »Willst du etwa auf die Früchte deines Erfolges verzichten?«
    »Allerdings. Ich hatte mich darauf gefreut, wie eine Erwachsene behandelt zu werden und nicht wie eine dumme Gans, die gerade ihr Debüt hinter sich hat. Meine Schwestern sind vielleicht bei jedem Heiratskandidaten, der aufgetaucht ist, gleich aus dem Häuschen geraten, aber ich bin nicht im geringsten interessiert ...«
    »Warum nicht«, fiel ihr James ins Wort, zu neugierig, um sie aussprechen zu lassen. »Willst du nicht heiraten?«
    »Und ob ich das will«, entgegnete sie.
    »Ach so.« Endlich glaubte er sie verstanden zu haben. »Du hast wohl nur noch nicht den Richtigen gefunden. Du wartest noch auf den Märchenprinzen.«
    »Genauso ist es«, schwindelte sie, denn sie wollte nicht zugeben, daß sie schon längst ihre Wahl getroffen hatte – nicht einmal vor ihm.
    »Du hast also George deine Hilfe angeboten, um dich zu verstecken?«
    »Irrtum, Jeremy. Ich mag deine Stiefmutter zufällig sehr gern und hätte ihr auch dann meine Hilfe angeboten, wenn ich tausend andere wichtige Dinge zu tun gehabt hätte. Der Arzt hat gesagt, sie müsse noch mindestens eine Woche lang das Bett hüten. Und da ich die einzige in der Familie bin, die im Augenblick keine anderen Verpflichtungen hat, erscheint es mir ganz logisch, daß ...«
    »Du brauchst nicht so drum herum zu reden«, sagte er mit leichtem Unbehagen, weil er ganz offensichtlich ihre Gefüh-le verletzt hatte. »Ich habe schon verstanden.« Dann grinste er, um seine etwas schroffe Antwort abzumildern. »Es wird mir ein Vergnügen sein, dich unter meiner Fuchtel zu haben.«
    Sie zog drohend eine Braue hoch, wobei sie ihn an seinen Vater und seinen Onkel erinnerte, die diese Kunst perfekt beherrschten. »Meinst du wirklich? Auch wenn ich dafür sorgen werden, daß du unangenehmen Fragen nicht länger ausweichen kannst?«
    »Hast du’s gemerkt?«
    »War kaum zu übersehen«, antwortete sie trocken. Er lachte.
    »Wie also lautet deine Frage?«
    »Wo du dich gestern nacht rumgetrieben hast? Wir dachten schon, du wärst vielleicht selbst nach Haverston geritten, um Connie zu holen.«
    »Nein, ich habe Artie ausgeschickt. Erst später ist mir eingefallen, daß der alte Seebär wahrscheinlich Tage braucht, um auf dem Landweg zu Connies Besitz zu finden. Es ist Georges Schuld, wenn er sich verirrt. Hätte sie mit der Geburt bis nächste Woche gewartet, so, wie’s ursprünglich angekündigt war, wäre Connie sowieso hier gewesen. Er wollte zu diesem Anlaß extra nach London kommen.«
    »Was macht er denn überhaupt auf dem Lande?«
    »Nachsehen, ob auf seinem kleinen Besitz bei Haverston noch irgend etwas zu retten ist. Er war so lange auf See, daß er fürchten mußte, nur noch Unkraut und Trümmer vorzufin-den. Jetzt hat er Zeit und Geld genug, um alles wieder in Schuß zu bringen, denn er will, wie mein Vater, nicht länger zur See fahren.«
    »Wirst du das Leben auf See vermissen, Jeremy?«
    »Was soll ich daran vermissen? Ich war nie lange genug auf der Maiden Anne, um mich wirklich ans Seefahrerleben zu gewöhnen. Kaum wurde ich bei der ersten Seeschlacht verwun-det, da segelten mein Vater und Connie schon zu den Westindischen Inseln. Und außerdem«, fügte er mit einem schelmischen Lächeln hinzu, »habe ich augenblicklich viel zuviel Spaß, um

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