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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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Hausangestellten, obwohl es noch ein weiteres Stockwerk darüber gab.
    Es war ein geräumiges Haus, viel schöner, als Warten erwartet hatte. Natürlich wäre es unrealistisch gewesen, sich vorzustellen, daß seine Schwester in ärmlichen Verhältnissen lebte, nachdem sie einen reichen englischen Lord geheiratet hatte, auch wenn dies ein willkommener Grund für ihn gewesen wäre, sie wieder mit nach Hause zu nehmen. Die Tatsache, daß er sie bei seinem letzten Besuch als Gast im Hause ihres Schwagers angetroffen hatte, bedeutete ja nicht, daß ihr Ehemann nicht in der Lage war, standesgemäß für sie Sorge zu tragen. Das bereitete ihm ganz offensichtlich keine Schwierigkeiten.
    Obwohl ihm jetzt bewußt wurde, daß ein Mädchen sein Handeln bestimmte, rührte er sich nicht von seinem Platz.
    Wußte sie, daß er hier war? Nein, dazu kam sie ihm zu ruhig, zu gelassen vor. Zu seinem eigenen Erstaunen bereitete es ihm Vergnügen, sie zu beobachten. Und das war wohl der Grund, weshalb er noch immer hier war, statt seinen Geschäften nachzugehen.
    Er konnte auch jetzt noch nicht fassen, was zwischen Amy und ihm geschehen war. Er hatte sie für völlig unschuldig gehalten, und Unschuldslämmer reizten ihn für gewöhnlich in keiner Weise. Wie also war es möglich, daß diese drei kleinen von ihr gestammelten Worte ihn hatten vergessen lassen, wer sie war, und das Verlangen in ihm geweckt hatten, sie zu küssen, und er sich der nächstbesten Ausrede bedient hatte, es zu tun? Ausrede? Sie hatte die Lektion, die er ihr erteilt hatte, wohl verdient, nur daß diese nicht die beabsichtigte Wirkung gezeigt hatte. Statt dessen wußte er jetzt, daß sie keineswegs so unschuldig war, wie er angenommen hatte –
    und daß er verdammte Lust hatte, sie noch einmal zu küssen.
    Beim Gedanken an diesen Augenblick fühlte er, wie sein Blut erneut in Wallung geriet, und es machte ihn zornig, daß diese Amy Malory eine solche Wirkung auf ihn ausübte. Sie war jung und süß, ein Mädchen zum Heiraten, während die Frauen, die ihn reizten, reif und erfahren waren und wußten, daß sein Interesse nicht im geringsten ehrenwert war und es auch nie sein würde. Sobald er sie verließ, hatte er sie auch schon vergessen, und es war ihm völlig gleichgültig, ob er ein gebrochenes Herz zurückließ. Aus den Augen, aus dem Sinn – dieses Sprichwort schien wie für ihn ersonnen. Wie also war es möglich, daß dieses Mädchen seine Gedanken so sehr beschäftigte ...
    Amy trat jetzt einen Schritt zurück, um ihr Werk kritisch zu begutachten, und rückte noch eine Blume zurecht, bevor sie sich abwandte. Warren hätte sich jetzt verstecken können, mußte sich aber eingestehen, daß er ihr gar nicht mehr aus dem Weg gehen wollte. Sie blickte plötzlich zu ihm hinauf und blieb stehen. Obwohl sie weder lächelte noch erschrok-ken schien, stieg ihr langsam die Röte in die Wangen.
    Gut. Ein wenig Reue für ihre Unverschämtheit war durchaus angemessen. Wenn sie’s gewohnt war, Männer anzuspre-chen, so wie sie es bei ihm getan hatte, konnte sie nicht mehr unschuldig sein. Keinen Augenblick hatte er sich vorgestellt, daß er der einzige war, dem sie diese verwirrenden Worte gesagt hatte. Doch das änderte nichts daran, daß er jetzt erneut seinen Zorn auf sie wachsen spürte.
    Ohne Eile und ohne Amy aus den Augen zu lassen, ging er die Treppe hinunter. Sie senkte den Blick nicht, obwohl ihre Wangen immer mehr glühten.
    Er beschloß, seinen Unmut kundzutun, und sagte, als er jetzt vor ihr stand: »Na, ein bißchen verlegen? Hast auch allen Grund, dich zu schämen.«
    Sie schien überrascht von seiner Bemerkung, allerdings nur vorübergehend, denn gleich darauf spielte wieder dieses verschmitzte Lächeln um ihre Lippen. »Ich bin nicht im geringsten verlegen. Und wenn ich gerade rot geworden bin, dann nur, weil ich daran denken mußte, wie schön es war, dich zu küssen. Laß es mich wissen, sobald dir wieder danach ist.«
    Diese Kühnheit des Mädchens, diese unverschämte Dreistigkeit waren kaum mehr zu überbieten und raubten ihm fast die Sprache. »Hatte ich dich nicht gewarnt?« brachte er schließlich hervor.
    »Und was, wenn ich auf deine Warnung pfeife?«
    Das Mädchen war nicht normal. Ein drohender Blick, wie der seine jetzt, hätte sie in die Flucht schlagen müssen, statt dessen aber bot sie ihm die Stirn. Warren war so etwas nicht gewohnt. Frauen nahmen sich gewöhnlich vor ihm in acht, mieden es, seinen Zorn zu wecken, und so sollte es auch

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