Malory
zugeben müssen, wenn du ehrlich bist.«
Er leugnete es nicht und fragte statt dessen mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung: »Warum tust du das?«
»Was?«
»Spiel nicht den Unschuldsengel«, zischte er. »Du setzt alles dran, um mich zu verfuhren.«
Sie schenkte ihm ein verwirrendes, freudiges Lächeln.
»Oh, ja?«
Als wüßte sie’s nicht? Oder wußte sie’s wirklich nicht?
Nun, wenn es so war, wollte er sie nicht mit einer Bestätigung ermutigen.
»Antworte mir, verdammt noch mal«, knurrte er. »Warum versuchst du’s immer wieder, wo ich dich doch gebeten – dir befohlen – habe, mich in Ruhe zu lassen?«
Sie war noch immer nicht eingeschüchtert. Sie stieß nur einen tiefen Seufzer aus, bevor sie ihm eröffnete: »Es ist meine Ungeduld. Ich hasse es einfach, auf Dinge zu warten, die unvermeidlich sind, und du und ich ...«
»Sind nicht unvermeidlich!«
»Doch«, beharrte sie. »Und deshalb sehe ich nicht ein, weshalb wir das Ganze so hinauszögern sollen. Du wirst dich in mich verlieben. Wir werden heiraten. Wir werden unendlich glücklich sein. Laß es geschehen, Warren! Gib mir eine Chance, wieder ein Lachen in dein Leben zu bringen.«
Was ihn verblüffte, war, daß sie so aufrichtig dabei erschien
– und ihre Zuversicht war erschreckend. Sie war gut, das muß-
te er ihr lassen, so gut, daß er sich die Frage stellte, mit wie vielen anderen Männern sie dieses Spielchen schon gespielt hatte. Führte sie die Männer geradewegs zum Altar, bevor sie zugab, daß sie nur ihre Verführungskünste ausprobiert hatte –
oder nur in ihr Bett? Aber ihm wurde plötzlich klar, daß sein Streit mit ihr sie nur ermutigte.
Er ließ sie los, stieß sie von sich, bevor er steif und zum letz-tenmal, wie er hoffte, erklärte: »Gib’s auf! Du hast dir etwas in den Kopf gesetzt, das nicht da ist. Es gibt nur eines, was ich von Frauen will, und es dauert gewöhnlich nicht lange, bis ich’s bekomme und damit fertig bin.«
»Du brauchst nicht so grob zu werden«, sagte sie, und ihre Stimme klang ein wenig verletzt.
»Ich kann noch gröber werden, wenn du mich nicht endlich in Ruhe läßt. Laß dir das gesagt sein, Amy.«
Kapitel 12
Als Warren gegangen war, begann Amys Optimismus merklich zu schwinden. Und dabei war sie überzeugt gewesen, Fortschritte gemacht zu haben. Sie hatte zu sehen, zu fühlen geglaubt, ihm irgendwie nähergekommen zu sein. Dabei hatte sie sich nur lächerlich gemacht.
Sie hätte das Ganze nicht so überstürzen dürfen. Das wurde ihr jetzt klar. Sie hätte feinfühliger vorgehen müssen, statt gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Aber da war dieses verdammte Zeitproblem!
Einer der Brüder, es mußte Boyd gewesen sein, hatte beiläufig erwähnt, daß sie nur eine, höchstens zwei Wochen in London bleiben würden. Wie sollte sie das Unmögliche in so kurzer Zeit fertigbringen, ohne direkt zu sein? Sie würde sich eine andere Strategie überlegen müssen, weil sie mit ihrer Direktheit nur Warrens Zorn erregte. Und wenn es ihr nicht gelänge, seinen Zorn zu besänftigen, würde sie nie ans Ziel kommen.
Es war ihre Anspielung auf die Ehe gewesen, die ihn in diese Abwehrhaltung gebracht hatte. Was für ein dummer Fehler von ihr, wo sie doch genau wußte, was für ein eingefleischter Junggeselle er war – und warum. Zur Hölle mit dieser Ameri-kanerin, die ihm so übel mitgespielt hatte und die Verwirkli-chung von Amys Traum so erschwerte. Doch hätte sie ihm nicht so übel mitgespielt, wäre Warren längst mit ihr verheiratet, und sie, Amy, hätte jetzt nicht diese Probleme. Trotzdem war es die Anspielung auf die Ehe gewesen, die heute alles verdorben hatte, vielleicht sogar für immer. Jetzt war es zu spät. Er wußte, was letztlich ihr Ziel war. Alles, was sie jetzt tun konnte, war, es nicht wieder zu erwähnen und zu hoffen, daß er glaubte, sie hätte es sich anders überlegt. Er wäre dann weniger auf der Hut, und die Dinge könnten ihren natürlichen Lauf nehmen – wenn sie sechs Monate Zeit hätte statt knapp zwei Wochen.
Ihre Zuversicht war auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt.
Daran änderte sich auch nichts, als Warren am frühen Abend mit seinen Brüdern zurückkehrte. Drew flirtete ein wenig mit ihr, aber Drew flirtete bekanntlich mit jeder Frau, die ihm über den Weg lief. Warren auf der anderen Seite behandelte sie wie Luft, er grüßte sie nicht einmal und wechselte nicht ein Wort mit ihr.
Jeremy war diesmal zugegen, um seinen Vater gegen den
»Feind«
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